Hamburg. Politiker fordern Konsequenzen aus Chaos bei der S-Bahn-Sperrung nach Harburg. Metronom kritisiert fehlende Beteiligung an Planung.
Die S-Bahn-Sperrung auf der Strecke nach Harburg sorgt für chaotische Zustände in den Zügen und an den Bahnhöfen – und massiven Ärger bei den Fahrgästen. Die Politiker sind sich einig, dass sich solche Zustände bei künftigen Baumaßnahmen nicht wiederholen dürfen und stellen deutliche Forderungen.
Doch während sich der HVV bei seinen Fahrgästen entschuldigt, wollen sich die Hauptverantwortlichen, die Deutsche Bahn und ihr Tochterunternehmen S-Bahn Hamburg GmbH, nicht zu Erkenntnissen aus der Situation und Konsequenzen äußern. Ein Sprecher verwies auf Anfrage des Abendblatts auf den von SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf initiierten runden Tisch, den man erst einmal abwarten wolle.
Kienscherf hatte die beteiligten Verkehrsunternehmen Bahn, S-Bahn, HVV und Metronom wie berichtet zum Gespräch gebeten, um die Probleme rund um die Baumaßnahme zu analysieren. Dieses soll in den kommenden zwei Wochen stattfinden.
Völlig überfüllte Züge mit deutlicher Verspätung
Einiges beitragen können zur Analyse wird wohl der Vertreter der Metronom Eisenbahngesellschaft GmbH – allerdings selbst aus Sicht eines Leidtragenden. „Wir wurden erst sehr, sehr spät von DB Netz über die Baumaßnahme informiert und auch nicht bei der Abwägung der Folgen mit einbezogen“, sagte Sprecher Björn Pamperin dem Abendblatt. „Zumindest unsere Fahrgastzahlen hätte man ja abfragen können, dann wäre schnell klar gewesen, dass das so nicht funktioniert.“
Da die S-Bahn zwischen Harburg Rathaus und Wilhelmsburg aufgrund der Bauarbeiten durch Busse ersetzt wird, die – auch bedingt durch Straßenbaustellen – deutlich länger brauchen, steigen viele Fahrgäste für die Fahrt aus dem Süden zum Hauptbahnhof auf den Metronom um. Die Folge sind vollkommen überfüllte Züge, die zum Teil erst deutlich verspätet aus den Haltestellen fahren können.
Es sei laut Pamperin ein generelles Problem, dass die Verkehrsunternehmen in der Region nicht an der Bauplanung beteiligt werden würden, dann aber mit den betrieblichen Auswirkungen leben müssten. „Es ist ja völlig in Ordnung, dass wir als Ersatzverkehr genutzt werden“, sagte der Metronom-Sprecher.
Kienscherf fordert mehr Transparenz für Betroffene
„Aber dann würden wir gerne unsere Expertise einbringen.“ So werde derzeit auch auf der Metronom-Strecke zwischen Hamburg und Lüneburg gebaut, weshalb Züge ausfielen und die Kapazitätsprobleme sich noch verschärften. Dass nach einigen Tagen auch der Fernverkehr für Fahrgäste auf der Strecke freigegeben und zusätzliches Personal an den Bahnsteigen eingesetzt wurde, habe man selbst einfordern müssen, so Björn Pamperin.
Beim HVV ist man sich bewusst, dass die Sperrung, die noch bis zum 15. August dauern soll, nicht gut läuft: „Obwohl jeweils eine enge Koordinierung der anstehenden Baumaßnahmen zwischen allen Beteiligten erfolgt, wurden die Fahrgäste in der aktuellen Situation viel stärker in Mitleidenschaft gezogen als absehbar war.
Dafür möchten wir um Entschuldigung bitten“, sagte HVV-Sprecherin Silke Seibel dem Abendblatt. Instandhaltungs- und Baumaßnahmen an der Infrastruktur – oft geballt in der Ferienzeit – seien unumgänglich. Auch wenn sie leider stets zu Beeinträchtigungen für die Fahrgäste führen würden. Dennoch kündigte Seibel an: „Aus der aktuellen Situation werden alle Beteiligten für zukünftige Bauprojekte ihre Schlüsse ziehen.“
Aus Sicht von SPD-Fraktionschef Kienscherf gibt es drei zentrale Punkte, die verbessert werden müssten: „Wir brauchen beim Schienenersatzverkehr eine höhere Taktung, eine bessere Informationspolitik und eine Klärung im Vorfeld, ob es wirklich mehrere Baustellen parallel geben darf“, sagte er. Es reiche nicht, kleine Schilder aufzustellen und Fahrgäste sich selbst zu überlassen.
Auch müsse für die Betroffenen transparenter gemacht werden, warum Sperrungen und die damit verbundenen Auswirkungen notwendig seien. Zunächst werte er es aber als „positives Signal“, dass sich keiner der Beteiligten rausziehe und es eine große Bereitschaft gebe, die Situation zu besprechen.
CDU fordert für den ÖPNV einen Baustellenkoordinator
Martin Bill, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen, sprach sich zudem dafür aus, die Angelegenheit mit Bahn und HVV im Verkehrsausschuss zu beraten. Auch er bemängelte die dürftige Kommunikation und forderte eine bessere Abstimmung mit dem Metronom.
Der verkehrspolitische Sprecher der CDU-Fraktion geht mit seiner Forderung noch weiter: „Wir brauchen wie im Straßenverkehr einen Baustellenkoordinator für den ÖPNV“, sagte Dennis Thering. Zudem müsse man künftige Baumaßnahmen extrem kurz halten und da, wo es für die Anwohner erträglich ist, im Zwei- bis Drei-Schicht-Betrieb arbeiten lassen. Mit einer Bonus-Malus-Regelung könne man den entsprechenden Anreiz für die Baufirmen schaffen, noch früher fertig zu werden.