Hamburg. Im Abendblatt-Interview begründet er seine Entscheidung. AfD hatte Ordnungsverfahren gegen ihn eingeleitet.
Der Fraktionsvorsitzende AfD in der Hamburger Bürgerschaft, Prof. Jörn Kruse, will bei der Bürgerschaftswahl 2020 nicht wieder kandidieren. "Ich bin in die Bürgerschaft gewählt worden und werde diese fünf Jahre meine Arbeit machen. Übrigens sehr gern“, sagte Kruse im Abendblatt-Interview. "Ich bin gewissermaßen teilnehmender Beobachter. Ich beobachte, wie Demokratie konkret läuft, und überlege mir, wie man Demokratie noch besser machen kann.“
Auf die Nachfrage, ob er also aufhören wolle, sagte Kruse: "Ich werde nicht weitermachen. Was der Reiz war in den ersten Jahren, ist zur Routine geworden. Ich habe viele hochinteressante Leute kennen gelernt. Aber das tägliche Brot in der Bürgerschaft – das ist auch vom Niveau her so, dass ich das auf Dauer nicht brauche.“ Auch gegenüber NDR 90.3 hatte der AfD-Politiker angekündigt, 2020 nicht mehr anzutreten. Der Radiosender hatte am Donnerstagabend zuerst über sein Interview berichtet.
Immer wieder in die Kritik geraten
Zuletzt war Kruse in der eigenen Partei immer wieder in die Kritik geraten — auch weil er sich häufiger negativ über radikale Äußerungen der Parteiführung oder einzelner Mitglieder öffentlich echauffiert hatte. Zuletzt hatte Kruse Äußerungen des niedersächsischen Vorsitzenden der Jungen Alternative, Lars Steinke, scharf kritisiert. Dieser hatte den Hitler-Attentäter Claus Schenk Graf von Stauffenberg als „Verräter“ bezeichnet. „So reden Nazis. Steinke hat sich als dummes kleines Nazi- A...loch geoutet“, schrieb Kruse in einer Mail, die auch an die Medien gelangte.
Die Hamburger Parteispitze hat deshalb nun einstimmig beschlossen, ein Parteiordnungsverfahren gegen den Wirtschaftswissenschaftler mit dem Ziel der Abmahnung einzuleiten. Kruse hatte in der E-Mail auch den AfD-Bundessprechern Jörg Meuthen und Alexander Gauland parteischädigendes Verhalten vorgeworfen, weil sie sich nicht hinreichend klar von rechtsextremistischen Äußerungen innerhalb der AfD abgrenzten. Als Gauland selbst kürzlich die NS-Zeit als „Fliegenschiss“ in der deutschen Geschichte bezeichnete, sagte Kruse, diese Äußerung sei eine „Katastrophe“, die ihn „fassungslos“ mache.
Kruse gehört zu den Mitbegründern der AfD
Der 69-jährige Wirtschaftswissenschaftler gehört zu den Mitbegründern der AfD, war also schon dabei, als die Partei noch von Wirtschaftsprofessoren um Bernd Lucke dominiert wurde. Zuletzt hatte Kruse zwar konstatiert, die Partei sei nach rechts gerückt - und hatte eben auch zahlreiche Äußerungen aus der Führung scharf kritisiert. Persönliche Konsequenzen hat er jedoch nie gezogen. Er ist nicht ausgetreten und hat auch sein gut dotiertes Amt als Fraktionsvorsitzender nicht niedergelegt.
Immer wieder hatte Kruse stattdessen betont, er betrachte sein Wirken in der AfD-Fraktion und in der Bürgerschaft wie eine Art Studie, bei der er interessante Erfahrungen sammle. Diese Studie endet nun offenbar 2020. Ob der frühere Sozialdemokrat wohl danach ein Buch über seine Erfahrungen in der AfD schreibt?