Hamburg. Katharina Fegebank (Grüne) über Koalitionen, Wissenschaftspolitik und ihre Schwangerschaft, bei der sie Zwillinge erwartet.

Mit der Nachricht ihrer Schwangerschaft verabschiedete sich die Wissenschaftssenatorin und Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne) in den Urlaub. Jetzt ist sie zurück und sprach im Sommer-Interview über Kinder, die Bürgerschaftswahl 2020 und die Wissenschaftspolitik.

Frau Fegebank, Sie erwarten Zwillinge. Was war Ihr erster Gedanke, als Sie das erfahren haben?

Katharina Fegebank: Ich war erst einmal völlig platt. Dieses Gefühl ist dann aber ganz schnell in Freude umgeschlagen. Mein Lebensgefährte und ich haben uns Kinder sehr gewünscht. Dass es gleich Zwillinge sind, finde ich großartig! Natürlich habe ich mich auch gefragt, was für Schwierigkeiten damit verbunden sein können. Aber ich habe ja keinen Vergleich. Deshalb nehme ich es so, wie es kommt.

Wie fühlt sich Ihr Leben gerade an?

Es ist aufregend, weil alles so neu ist. Ich bekomme viele herzliche Reaktionen und Glückwünsche. Als ich heute aus dem Rathaus ging, um mir etwas zu essen zu holen, hat mich ungefähr ein Dutzend Menschen angesprochen. Es gibt natürlich auch den einen oder anderen nützlichen Ratschlag. Auch im Senat und in meiner Partei gibt es etliche, die kleine Kinder haben. Wir können uns also gut austauschen.

Was bedeuten Kinder für Sie?

Kinder haben einen unvoreingenommenen Blick auf die Welt. Ich empfand es immer als beglückend, wenn ich mit Kindern zu tun hatte, schon zu meiner Schul- und Studienzeit, als ich Nachhilfe gab und als Schwimmtrainerin arbeitete. Auch jetzt in meinem politischen Leben genieße ich die Treffen mit Kindern und Jugendlichen. Kinder bereichern unser Leben. Ich stelle es mir sehr schön vor, eigene Kinder zu haben.

Stichtag ist im Dezember. Sie haben angedeutet, im Frühjahr wieder einzusteigen.

Ich liebe meinen Job. Was ich als Senatorin und Zweite Bürgermeisterin tun darf, mache ich wahnsinnig gerne. Natürlich werden wir uns erst einmal an die neue Situation gewöhnen müssen. Aber wir bekommen viel Hilfe von unseren Familien. Auch aus dem Freundes- und Bekanntenkreis haben schon sehr viele ihre Unterstützung angeboten. Ich hoffe, dass ich dann im Frühjahr zurückkehren kann.

Könnte sich eine Frau in Ihrer Position überhaupt ein Jahr oder länger Elternzeit nehmen, ohne ihre Karriere zu gefährden?

Das kann ich nur für mich selbst beantworten. Ein herausgehobenes Regierungsamt wie meines ist eine besondere Situation. Es haben mich ja viele Menschen gewählt, damit ich dort meine Arbeit mache. Da ginge das wohl nicht. Und die nächste Bürgerschaftswahl steht 2020 an. Mich nun in diesem Winter zu verabschieden mit der Bitte, mein Plätzchen warmzuhalten bis 2020, das würde nicht funktionieren. Mein persönliches Amtsverständnis lebt auch sehr stark davon, dass ich ansprechbar und viel unterwegs in der Stadt bin. Zweite Bürgermeisterin kann man nicht nur im Homeoffice sein.

Sehen Sie sich als Vorbild für junge Frauen?

Ich bin jedenfalls kein Testfall für eine gelingende Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Denn ich habe ganz andere Voraussetzungen als etwa eine Alleinerziehende, die einerseits Geld für die Miete verdienen muss und andererseits die ganze Verantwortung für die Familie alleine trägt. Da wird die Frage nach der Nachmittagsbetreuung dann ganz schnell existenziell. Mein Lebensgefährte und ich haben einander, wir haben unsere Familien und beide die finanziellen Möglichkeiten, Unterstützung zu organisieren. Das ist eine privilegierte Situation. Dessen bin ich mir sehr bewusst.

Was hat sich für Sie geändert, seit Peter Tschentscher Bürgermeister ist?

Nach einer etwas ruckeligen Übergangsphase ist jetzt Ruhe eingekehrt. Wir arbeiten sehr kollegial zusammen. Peter Tschentscher gelingt es durch seine sehr überlegte Art, dem Handeln des Senats eine eigene Prägung zu geben. Zugleich werden Diskussionen im Senat nun offener geführt, weil der Bürgermeister gerne viel zuhört und dann verschiedene Positionen abwägt. Das tut der Stadt gut – und dem Senat auch.

Ihr Parteifreund, Umweltsenator Jens Kerstan, hat sich für Sie als Spitzenkandidatin für die Wahl 2020 ausgesprochen. Treten Sie an?

Über diese Geste habe ich mich sehr gefreut. Es zeigt, wie wir bei den Grünen zum Team zusammengewachsen sind. Darauf beruht unsere Stärke in der Koalition. Und es ist gut, dass das auch von außen sichtbar ist. Sie können sich sicher sein, dass ich meinen Beitrag zum Erfolg der Grünen bei der Bürgerschaftswahl leisten werde. Wie ich mir meinen Beitrag konkret vorstelle, werde ich bald erklären.

Sie haben 2017 erklärt: „Mein Ziel ist es, die Grünen für alle wählbar zu machen“ – nach dem Vorbild von Winfried Kretsch­mann, der in Baden-Württemberg 30,3 Prozent holte. Die Hamburger Grünen landeten 2015 bei 12,3 Prozent. Wie wollen Sie Ihre Partei mehrheitsfähig machen?

Topthema für uns Grüne ist, dass wir Hamburgs grüne Identität unter den Bedingungen einer wachsenden Stadt sichern und ausbauen. Grünflächen, Naturschutzgebiete und Parks sind von enormer Bedeutung für die Lebensqualität in Hamburg. Keine andere Partei setzt sich für den Schutz des Grüns so konsequent ein, wie es die Grünen tun. Das sehe ich übrigens nicht im Konflikt zum Wohnungsbau. Aber es bedeutet, dass wir mit Sinn und Verstand bauen – im Zweifel lieber in die Höhe als in die Fläche. Ein zweites großes Thema ist für uns die Mobilität: Ich möchte eine Stadt, in der niemand auf das Auto angewiesen ist. Wir wollen das Radfahren weiter fördern und einen öffentlichen Nahverkehr ausbauen, der schneller und günstiger ist als das Auto. Drittens wollen wir den Strukturwandel von der Hafenstadt zur Wissensmetropole vorantreiben. Der Hafen bleibt wichtig für Hamburg, aber wir wollen neben dem Tor zur Welt auch ein Labor für die Welt sein. Nicht zuletzt stehen wir Grüne für eine Integrationspolitik der gleichen Regeln und gleichen Chancen.

CDU-Fraktionschef André Trepoll kann sich eine Jamaika-Koalition mit Grünen und FDP vorstellen. Was sagen Sie dazu?

Ich unterhalte mich immer sehr gerne mit Herrn Trepoll, aber wir haben uns politisch nur wenig zu sagen. Es ist schade, dass sich die Hamburger CDU in den vergangenen Jahren stark von ihrem früheren Kurs einer liberalen Großstadtpartei entfernt hat. Eine Stadt wie Hamburg können sie nur mit aufrichtiger Zuneigung für ihre ganze Vielfalt regieren. Und mit dem Anspruch, dass Hamburg nicht auseinanderbricht. Nicht zwischen Arm und Reich. Nicht zwischen Alteingesessenen und Zuwanderern. Da finde ich in der CDU mit André Trepoll einfach keinen interessanten Ansprechpartner. Oft scheint mir, sie steht vor allem in Opposition zur Realität einer modernen Stadtgesellschaft.

Der Wissenschaftsetat soll um zehn Prozent wachsen. Was heißt das für die Grundfinanzierung der Hochschulen, die nur um 0,88 Prozent pro Jahr steigt?

Erst einmal ist festzuhalten, dass wir in den Haushaltsberatungen einen großen Verhandlungserfolg für die Wissenschaft erzielt haben. So eine Etatsteigerung hat es lange nicht gegeben. Auch die Grundfinanzierung wird steigen. Es ist mir wichtig, dass wir da einen deutlichen Sprung machen. Wie viel es genau sein wird, werden die Verhandlungen mit den Hochschulen nun zeigen. Parallel laufen Gespräche zwischen Bund und Ländern, ob die Mittel aus dem Hochschulpakt für zusätzliche Studienplätze verstetigt werden.

Berlins Wissenschaftsstaatssekretär Steffen Krach schlägt vor, dass die Länder sich zu einem jährlichen Aufwuchs der gesamten Grundmittel für ihre Hochschulen verpflichten sollen und der Bund dafür jährlich entsprechend seine Mittel beim Hochschulpakt steigert. Was halten Sie davon?

Momentan profitieren die Stadtstaaten sehr vom Hochschulpakt, weil sie die vom Bund gezahlten Mittel nicht durch eigene Mittel ergänzen müssen. Letzteres tun aber andere Bundesländer. Das ist auch fair, weil wir Stadtstaaten überdurchschnittlich viele Studienplätze bereitstellen. Wenn wir jetzt aber den anderen Bundesländern zusätzlich sagen, dass sie bei ihrer Kofinanzierung auch noch einen Aufwuchs mittragen sollen, würden wir uns ins Abseits katapultieren. Wir sind jetzt am Anfang von schwierigen Verhandlungen zwischen Ländern und Bund. Da rate ich zu einem sensiblen Umgang auch mit unterschiedlichen Interessen.

In den Konflikt an der HafenCity Universität haben Sie sich erst eingeschaltet, als die Auseinandersetzung eskaliert war. Manch einer sagte, das liege daran, dass Sie eher harmoniebedürftig seien. Müssten Sie nicht öfter stärker Position beziehen?

Wenn Sie wüssten, wie oft ich in welchem Zusammenhang schon stark Position bezogen habe – ohne das auf großer Bühne auszutragen. Der momentane Erfolg der Wissenschaftspolitik in Hamburg resultiert aus einem offenen Umgang miteinander. Es werden auch Dinge ausgefochten, allerdings hinter verschlossenen Türen, um dann mit einer gemeinsamen guten Lösung herauszukommen. Grundsätzlich ist die Autonomie der Hochschulen ein sehr hohes Gut. Deren Anspruch ist es in der Regel, ihre Probleme selbst zu lösen. Und das ist auch richtig so. Aber natürlich unterstützen wir sie dabei, wenn es erforderlich ist.

Der Bürgermeister hat erklärt, mit der „Science City Bahrenfeld“ solle ein Wissenschaftsstandort entstehen, der es mit den großen Wissenschaftsparks in Garching bei München und Berlin-Adlershof aufnehmen kann. Ist das realistisch?

Mir ist unsere eigene Vision wichtiger als der Vergleich mit anderen. Adlershof und Garching machen eine tolle Arbeit. Aber wir haben jetzt in Hamburg die Chance, etwas Großes zu schaffen: in Bahrenfeld rund um das Deutsche Elektronen-Synchrotron und auf der heutigen Trabrennbahn einen Stadtteil zu entwickeln, der erstmals in der Geschichte Hamburgs Wohnen, Wirtschaft und Wissenschaft miteinander verzahnt. Dort wird viel Neues und Gutes entstehen, für Menschen, die dort hinziehen, für Wissenschaftler und Studierende, mit einer Einrichtung, die gezielt Unternehmen anlockt und Neugründungen fördert. Und das auf einem Feld, wo wir mit der Infrastruktur rund um den Röntgenlaser European XFEL ein echtes Alleinstellungsmerkmal haben. Ich halte das für ziemlich spektakulär.