Hamburg. Es war ihr Verdienst, dass Vergewaltigung in der Ehe unter Strafe gestellt wurde. Fall um Auftragsmörder zwang sie zum Rücktritt.

Die ehemalige Justizsenatorin und Richterin des Hamburgischen Verfassungsgerichts Eva Leithäuser ist im Alter von 92 Jahren gestorben. Das wurde an diesem Sonnabend bekannt. Bereits am 28. Juni ist Leithäuser im Kreise der Familie eingeschlafen. Über die Todesursache ist nichts bekannt.

Als erste Frau ist die studierte Juristin 1975 Präsidentin der Oberpostdirektion Hamburg und damit Chefin von 35.000 Postbediensteten geworden. Vier Jahre später, 1979, wurde sie zur Justizsenatorin der Stadt Hamburg ernannt. Es war Leithäusers Verdienst, dass Vergewaltigungen in der Ehe unter Strafe gestellt wurden.

Fall Pinzner zwingt Leithäuser zum Rücktritt

Nach fast sieben Jahren im Amt trat die Senatorin am 6. August 1986 gemeinsam mit Hamburgs Innensenator Rolf Lange zurück. Nach der Affäre um Auftragsmörder Werner Pinzner war Leithäuser öffentlich in die Kritik geraten. Sie galt als Vertreterin des liberalen Strafvollzugs und war mitverantwortlich, dass Pinzner während der Verbüßung einer zehnjährigen Haftstrafe und danach mehrere Menschen umbrachte.

Ein Polizeifoto von Auftragsmörder Werner Pinzner
Ein Polizeifoto von Auftragsmörder Werner Pinzner © Picture Alliance

Der Fall gilt als einer der spektakulärsten der deutschen Kriminalgeschichte: In der Justizvollzugsanstalt Vierlande bekamen alle dort einsitzenden Häftlinge ein eigenes Schließfach. Die Besonderheit: Es wurde niemals kontrolliert. So wollten die Behörden Vertrauen zu den Häftlingen schaffen. Der in Hamburg-Bramfeld aufgewachsene Werner Pinzner nutzte dieses Privileg gnadenlos aus. Der sogenannte "St.-Pauli-Killer" ermordete während seines Freigangs sein erstes Opfer, einen ehemaligen Bordellbesitzer, im Auftrag von dessen Frau und legte den Revolver anschließend zurück in sein Schließfach.

Pinzner erschoss seine Frau und sich selbst

Als die Polizei ihm nach seiner vorzeitigen Entlassung aus der Haft auf die Schliche kam, zeigte sich der Serienmörder geständig. Er hatte dem ermittelnden Staatswanwalt Wolfgang Bistry angekündigt, an jenem 29. Juli 1986 auszupacken. Seine einzige Bedingung: Er wollte noch einmal einen Tag mit seiner Frau Jutta verbringen.

Der von Pinzner angeschossene Staatsanwalt Wolfgang Bistry wird von Sanitätern abtransportiert
Der von Pinzner angeschossene Staatsanwalt Wolfgang Bistry wird von Sanitätern abtransportiert © Picture Alliance

Im Raum 418 des Hamburger Polizeipräsidiums waren während der Vernehmung neben Bistry auch Ehefrau Jutta, eine Stenotypistin, zwei Polizeibeamte sowie Pinzners Rechtsanwältin Isolde Öchsle-Misfeld anwesend.

Plötzlich geschah das Unfassbare: Werner Pinzner zog einen Revolver, den seine Frau in ein Handtuch gewickelt in ihrem Slip ins Präsidium geschmuggelt hatte. Er schoss zweimal auf den Staatsanwalt und ermordete anschließend seine Ehefrau. Unmittelbar danach setzte er auch seinem Leben durch einen Schuss in den Mund ein Ende. Bistry erlag seinen Verletzungen einen Tag später im Krankenhaus. Insgesamt soll Pinzner 14 Menschen ermordet haben.