Firmen in der Region überraschen mit neuen Produkten und Diensten. Wir prüfen, wie gut sie sind. Heute: Mini-Terrine für unterwegs.

Wenn André Kowalew über Buchweizen spricht, bekommt er leuchtende Augen. Kein Wunder, für den Importeur von osteuropäischen Lebensmitteln ist das Produkt ein Dauerbrenner im Sortiment. „Buchweizen ist bei uns in Russland das, was für Chinesen Reis ist oder für die Deutschen Kartoffeln“, sagt er. Als Beilage kommt er in Kowalews Heimat zu Fleisch und Fisch auf den Tisch. Oder einfach mit Gemüse. Ganz anders als in Deutschland. „Hier ist Buchweizen nicht sehr verbreitet und wird meistens nur als Mehl verarbeitet“, sagt er. Schade, findet der Chef von Dovgan. „Wir haben deshalb nach einer Idee gesucht, einen neuen Einstieg für das Produkt zu finden.“

Bislang bietet der Großhändler geschälten und gerösteten Buchweizen im Kilo-Paket an, in Portionsbeuteln oder als Flocken für Müsli. „Bei allen Varianten muss man kochen“, sagt Kowalew, der Dovgan vor 20 Jahren gegründet und zum größten Importeur von Spezialitäten aus Osteuropa in Deutschland aufgebaut hat.

Im Frühjahr hat er Buchweizen to go auf den Markt gebracht – als moderne Variante sozusagen, mit Rote Bete, Zwiebeln und Gewürzen. Im Prinzip funktioniert es wie chinesische Nudel-Schnellgerichte oder die Fünf-Minuten-Terrine von Maggi. „Wir haben lange experimentiert, bis wir ein Verfahren gefunden haben“, sagt der Unternehmer, der zum modischen Sommeranzug ein buntes Einstecktuch trägt. Damit der Buchweizen innerhalb von Minuten genießbar ist, muss er thermisch vorbehandelt werden. „Wir sind stolz, dass das gelungen ist.“

Buchweizen ist kein Getreide

Damit sollen auch Kunden angesprochen werden, die Buchweizen noch nicht kennen. Das Missverständnis fängt oft schon mit dem Namen an. Buchweizen ist kein Getreide. Zwar sehen die geschälten Samen Weizenkörnern ähnlich, aber die Pflanze mit hellen, kleinen Blüten gehört botanisch zur Familie der Knöterichgewächse und zu den sogenannten Pseudo-Getreidesorten. Typisch ist der leicht bittere, kräftige Geschmack und die grau-braune Farbe der dreieckigen Körner.

Mit einem hohen Eiweißgehalt und reichlich Vitamin E und B1 sowie B2 gilt Buchweizen als sehr gesund – und ist glutenfrei. Hierzulande kennen Ältere Buchweizengrütze, im Norden wird Buchweizentorte gebacken. Inzwischen legt das Pseudo-Getreide den Arme-Leute-Nimbus ab, steht ähnlich wie Quinoa, Hirse und Dinkel auch bei ernährungsbewussten Essern auf der Speisekarte.

Den Trend will Dovgan nutzen. Firmenchef Andre Kowalew setzt auf die Nische. „Wir haben Produkte, die deutsche Unternehmen nicht anbieten können“, sagt der 52-Jährige, der 1995 mit seiner Frau aus St. Petersburg nach Hamburg gekommen war. Eigentlich ist er Zahnarzt. Nachdem er zunächst nicht in seinem Beruf arbeiten konnte, begann er, deutsche Lebensmittel nach Russland zu exportieren. Mit mäßigem Erfolg. Gemeinsam mit einem Partner entwickelte er ein neues Konzept – und importiert seitdem Lebensmittel. Angefangen hat Dovgan mit 20 Artikeln, heute sind es mehr als 500.

Kowalew hat kleine Molkerei aufgekauft

Teigtaschen nach russischer Art, Birkensaft mit Minzgeschmack, süße Konservenmilch, Riga-Sprotten und natürlich Wodka. Der Firmensitz mit großer Lagerhalle ist in einem Gewerbegebiet in Billwerder, das Sortiment um Lebensmittel aus Polen, Rumänien, Kroatien und die Türkei erweitert. Mit Erfolg. Seine Produkte stehen in vielen Supermärkten im Regal. „2017 lag der Jahresumsatz bei 70 Millionen Euro“, sagt Kowalew.

Für dieses Jahr strebt er ähnlich wie in den Vorjahren ein Wachstum von 15 Prozent an. 120 Mitarbeiter sind inzwischen bei Dovgan beschäftigt, dazu kommen 100 weitere in Rostock. Dort betreibt das Unternehmen einen Produktionsstandort für Tiefkühlprodukte. In der Nähe von Wismar hat Kowalew mit Partnern eine kleine Molkerei aufgekauft.

„Unsere Herausforderung ist, dass die Deutschen unsere Produkte verstehen müssen. Gleichzeitig wollen wir dem Geschmack der Einheimischen gerecht werden“, sagt der umtriebige Gründer. Inzwischen gebe es diverse Artikel, die mehr von Deutschen gekauft würden. Ein Renner ist die russische Eiscreme-Spezialität Plombir, die Dovgan inzwischen übernommen hat – und die im Stadion von Borussia Dortmund als offizieller Partner vertreten ist. Der Start der Buchweizen-Terrine ist ganz gut gelaufen. Aber André Kowalew bleibt vorsichtig. „Der Markt für Fertiggerichte ist sehr breit“, sagt er. Meint: Man muss sehen, wie das typisch russische Gericht sich behaupt.

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