Hamburg. Firmen in der Region überraschen mit neuen Produkten. Wir prüfen, wie gut sie sind. Heute: Der Brotaufstrich von Marmetube.

Die Marmelade war überall: auf dem Tisch, dem Teller, an der Tasse, auf dem Fußboden – und natürlich im Gesicht. Einen Moment hatte Dennis Schipper seinen dreijährigen Sohn am sonntäglichen Frühstückstisch allein mit dem großen Marmeladenglas gelassen. Warum gibt es Marmelade nicht in der Tube, fragte sich Schipper? Auch seine Freunde Daniel Hutschenreuter und Max Ehmig, die sich alle vom Handball kennen, waren von der Idee angetan.

„Die ersten Tuben haben wir uns in der Apotheke besorgt und in der Küche Marmelade nach Rezepten von Oma und Freunden gekocht“, sagt Daniel Hutschenreuter, Geschäftsführer des Hamburger Unternehmens Marmetube. Alle drei sind an dem Unternehmen beteiligt, das im Herbst 2016 gegründet wurde. Damals noch als Nebenerwerb. Inzwischen hat der studierte Betriebswirt Hutschenreuter seinen Food-Truck verkauft und widmet sich ganz der Marmeladenproduktion.

In einer kleinen gewerblichen Küche an der Eiffestraße starteten die Jungunternehmer. In einem großen Kessel kocht die Marmelade, die richtig Fruchtaufstrich heißt. Mit einem großen Rührlöffel bewegt Hutschenreuter die rote Masse. „Sie besteht im Wesentlichen aus 66 Prozent Erdbeeren, Zucker und Geliermittel“, sagt der Marmeladenkoch. „Ein hoher Fruchtanteil war uns wichtig.“ In die Erdbeermarmelade kommt nur die Sorte Senga Sengana, die erst spät geerntet wird und sehr aromatisch ist. Als Ausgangsmaterial werden tiefgekühlte Früchte verwendet. Das ist bei der Marmeladenproduktion üblich.

Dosierung der 220 Gramm erfolgt automatisch

Bei 100 Grad wird die Marmelade fünf bis acht Minuten gekocht, bevor sie mit einer Maschine in die Aluminiumtuben abgefüllt wird. Auch das ist überwiegend Handarbeit – nur die Dosierung der 220 Gramm erfolgt automatisch. Anschließend wird die Tube mit einer Maschine gefalzt und mit einem Mindesthaltbarkeitsdatum versehen.

Die Tube hat aus Sicht der Jungunternehmer viele Vorteile gegenüber dem Glas. „Die Handhabung ist hygienischer, weil nicht mehr mit dem Buttermesser im Glas herumgestochert werden kann“, sagt Max Ehmig. Noch schlimmer ist das, wenn das Messer vorher abgeleckt wurde. „Wer so das Marmeladenglas verunreinigt, muss sich über schnelle Schimmelbildung nicht wundern“, sagt Ehmig. Die Menge an Marmelade ist zum Teil größer als in manchen Gläsern (200 Gramm). Ideal ist das Produkt auch für Camper.

Inzwischen hat das Start-up Fahrt aufgenommen. „Die Resonanz im Einzelhandel auf unser Produkt ist ausgezeichnet, auch Anfragen aus dem Ausland gibt es schon“, sagt Lars Visser, der als Business Angel bei Marmetube dabei ist. Er hat schon viele Firmen erfolgreich gegründet. „Ich bin selbst überrascht, wie aufgeschlossen die Händler auf unser Produkt reagieren“, sagt Visser. Vor allem Edeka-Händler wollen das Produkt in ihren Regalen haben.

Konservierungsmittel und Sonnenblumenöl enthalten

Auch Ex-St.-Pauli-Trainer Holger Stanislawski, der einen Rewe-Markt betreibt, war sofort von der Marmelade in der Tube überzeugt. „Wir sind mit allen Ketten im gehobenen Lebensmitteleinzelhandel im Gespräch“, sagt Visser. Das neue Design hat dem Produkt noch einmal einen Schub gegeben. Außerdem sind jetzt vier statt zwei Sorten verfügbar: Erdbeere, Sauerkirsche, Aprikose und Himbeere.

Allerdings finden sich auf der Zutatenliste zwei Stoffe, die für Marmeladen nicht typisch sind. Die Produzenten meinen, nicht ohne das Konservierungsmittel Kaliumsorbat (E 202) auskommen zu können. „Entweder man konserviert mit einem hohen Zuckeranteil von mindestens 50 Prozent oder man benötigt einen Konservierungsstoff, der in der Lebensmittelindustrie häufig verwendet wird“, sagt Hutschenreuter.

„Aus den sozialen Medien wissen wir, dass Aufstriche mit einem hohen Fruchtgehalt schnell schimmeln können, gerade wenn nicht täglich Marmelade konsumiert wird. Dem wollen wir vorbeugen.“ Das zugesetzte gehärtete Sonnenblumenöl soll verhindern, dass die Fruchtmasse im Produktionsprozess überkocht oder überschäumt.

Der Produzent sitzt jetzt in Berlin

Beim Verpackungsmaterial Aluminium sehen die Unternehmensgründer Vorteile gegenüber Glas. Hutschenreuter verdeutlicht das am ersten großen Exportauftrag in die Ukraine. „Unser Produkt in Glas verpackt hätte bei gleicher Menge zwei Lkw benötigt, so ist es nur einer.“ Die leere Tube könne in den Gelben Sack.

„Das Marmeladenglas muss in den Altglascontainer, landet aber oft im Hausmüll“, sagt Hutschenreuter. Aluminium habe mit 87,5 Prozent zudem eine höhere Recyclingquote als Glas. Das Recycling von Aluminium benötige auch nur fünf Prozent der Energie, die zur Herstellung des Primäraluminiums benötigt wird.

Die hohe Nachfrage nach den Marmeladen in der Tube hat dazu geführt, dass vor wenigen Tagen die Marmeladenküche in Hamburg abgebaut wurde. „Wir haben die Produktion nach unseren Rezepturen an einen Marmeladenproduzenten in Berlin ausgelagert“, sagt Hutschenreuter. Denn die steigende Nachfrage wäre in unserer eigenen Küche nicht mehr zu bewältigen gewesen.

Hutschenreuter: „Wir konzentrieren uns jetzt von Hamburg aus ganz auf Vertrieb und Marketing und werden noch weitere Sorten auf den Markt bringen.“ Hutschenreuter denkt dabei an Pfirsich und Heidelbeere. Auch gemischte Fruchtaufstriche soll es künftig geben, einer der aktuellen Favoriten: Himbeere mit Mango.

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