Hamburg. Hendrik Knopp will Haschisch für medizinische Zwecke produzieren. Erfahrung hat er in vielen Branchen. Die Geschichte eines Vorreiters.
Bei einem Cannabis-Unternehmer haben viele ein festes Bild im Kopf. Längere Haare, vielleicht Dreadlocks. Zerrissene Jeans, lässiges T-Shirt oder buntes Hemd. Dazu die eine oder andere Kette am Hals, eine Cap auf dem Kopf.
Hendrik Knopp sieht ganz anders aus. In der Strandperle wartet ein Mann mit kahl rasiertem Kopf („Irgendwann war einfach nicht mehr genug Haar da“) und einer silbernen Nerd-Brille. Dazu dunkle Jeans, Hemd und Lederjacke. Mit leiser Stimme beginnt der Hamburger von seinem derzeit wichtigsten Projekt zu erzählen, dem Import von Cannabis nach Deutschland, natürlich nur zu medizinischen Zwecken, wie er sofort betont.
Knopp ist das Projekt ein echtes Anliegen. „Ich habe schon einige Fälle in meinem Freundeskreis erlebt, bei denen klassische Medikamente nicht weitergeholfen haben“, sagt er an diesem Morgen am Elbstrand und bestellt sich erst einmal einen Espresso. „Der Zugang zu dieser alternativen Hilfsmethode wurde aber bisher in Deutschland verwehrt.“ Das hat sich vor Kurzem geändert. Seit rund einem Jahr sind Kauf und Verkauf von Cannabis zu medizinischen Zwecken erlaubt. Auf Rezept. Alles unter strengen Auflagen für Importeure, Mediziner und Apotheken. Aber eben legal.
Medizinische Erfolge haben ihn überzeugt
Das Unternehmen Nuuvera hat die Bedeutung des Marktes sofort erkannt. Die Firma aus Kanada wurde erst 2016 von etwa zehn Männern und Frauen aus den unterschiedlichsten Branchen gegründet. Das Ziel: der Anbau und Vertrieb von medizinischem Cannabis. Nach nur acht Monaten ging Nuuvera in Kanada an die Börse und war in kürzester Zeit etwa 400 Millionen Euro wert. Gerade einmal zwei Monate nach Börsengang wurde die Firma für 420 Millionen Euro übernommen. Als im vergangenen Jahr die Gesetzgebung auch hier gelockert wurde, gründete das Unternehmen eine Tochterfirma – mit Knopp als Geschäftsführer.
„Bis dahin hatte ich nichts mit Cannabis zu tun“, sagt er. Doch Knopp war fasziniert von dem Projekt und ließ sich auf das Wagnis ein. „Mich haben die Ergebnisse, die Cannabis im medizinischen Bereich erreichen kann, einfach überzeugt.“ Schnell habe er sich gedacht: „Ich bin der richtige Mann für diese Aufgabe.“ Dass er einige Gesellschafter bereits aus seiner vorherigen Tätigkeit kannte, half ihm bei der Bewerbung.
Dabei war der Jurist bis dahin in ganz anderen Branchen aktiv gewesen. Gerade einmal ein halbes Jahr arbeitete Knopp nur als Anwalt, dann wurde ihm der Job schon zu langweilig. „Ich saß ganz unglücklich in der Kanzlei und habe immer nur gedacht: Das kannst du jetzt nicht dein Leben lang machen.“ Vorstellung und Wirklichkeit hätten so weit auseinandergelegen. Also bewarb sich Knopp bei RTL als Assistent der Geschäftsführung. „Mein Chef fand mich überqualifiziert, aber ich wollte den Job unbedingt.“ Knopp baute für den Sender eine Wettplattform auf. Und wechselte nach einigen Jahren zum Wettanbieter bwin. Hier entwickelte er unter anderem die Pokershow mit Stefan Raab.
Barrieren abbauen und Interesse wecken
Vielleicht waren es die vielen verschiedenen Tätigkeiten, die die Nuuvera-Unternehmer auf Knopp aufmerksam machten. Vielleicht war es aber auch seine freundliche, vermittelnde Art, die ihm nun zugutekommt. Denn derzeit, so sagt Knopp, bestehe seine Arbeit in erster Linie darin, die Menschen zu informieren. Bei Ärzten die Barriere abzubauen, bei Patienten das Interesse zu wecken. „Das Hauptstigma ist immer noch die Vorstellung, dass der Arzt seinen Patienten einen Joint verschreibt“, sagt der Manager, der mit seiner Familie in Altona wohnt.
Dazu plant er mit seinen vier Kollegen den Umbau einer alten Halle in Bad Bramstedt zu einem Cannabislager. Ein schwieriges Unterfangen, „denn die Auflagen sind unheimlich hoch“. Wie ein Tresor muss die künftige Lagerhalle gesichert sein. Dazu ist die Pflanze sehr empfindlich, braucht ganz bestimmte Temperaturen und Luftfeuchtigkeit, um nicht zu verderben.
Gleichzeitig setzt Knopp die Idee um, den Hanf künftig selbst hier in Deutschland anzubauen. Noch kommen die Blüten aus Kanada. Das soll sich bald ändern. Dafür hat das Unternehmen in Neumünster bereits ein Gelände gekauft, um dort schnellstmöglich eine Plantage aufbauen zu können. „Die Landesregierung von Schleswig-Holstein war uns gegenüber sehr offen, deshalb haben wir uns für den Standort entschieden.“ Eine erfolgreiche Ausschreibung durch das Bundesministerium für Gesundheit trennt das Unternehmen derzeit noch von der eigenen Plantage in Deutschland.
Der Musiker bringt sein viertes Album raus
Knopp hat eigentlich viel zu tun – aber das scheint ihm nicht zu reichen. Im Nebenberuf ist er nämlich Musiker und das auch durchaus ambitioniert. Als Heinrich von Handzahm bringt er im Herbst sein viertes Album auf den Markt. Entstanden ist die Idee zu seinem zweiten Künstler-Ich in einer Zeit, in der Knopp in Wien lebte. „Ich habe immer Musik gemacht“, sagt er über seine Leidenschaft. Zumeist aber nur so als Hobby nebenher. Erst in Wien begann er wieder mehr Gitarre zu spielen – und zu singen. Selbst geschriebene deutschsprachige Lieder.
2007 legte Knopp sich dann einen Künstlernamen zu und begann an einem Album zu arbeiten. „Der Name ist aus einem Spaß heraus entstanden. Uns ist aufgefallen, dass man in den eleganten Wiener Caféhäusern nur bedient wird, wenn man einen adligen Namen hat“, sagt der 46-Jährige. Also habe er mit Freunden solche Titel ersonnen. Handsome sollte er sein. So wurde aus dem englischen Begriff der deutsche Baron Handzahm. Und da „Hendrik“ nicht adlig genug klingt, machten die Freunde einen Heinrich daraus.
2008 erschien die erste eigene Platte. Mittlerweile hat der Hamburger eine kleine, aber feine Fangemeinde. Rund 50 Konzerte gibt er im Jahr. Knopp sieht das Musikerleben durchaus als seinen Nebenjob. „Ich brauche beides“, sagt er. Cannabis und Musik. In seinem dritten Leben ist Knopp übrigens Partner in einer Anwaltskanzlei, spezialisiert auf Medienrecht. „Dafür bleibt allerdings im Moment quasi keine Zeit mehr.“