Hannover. Legalisierungsdebatten lassen die Droge als harmlos erscheinen, obwohl Studien das Gegenteil belegen, sagt die Polizei.
Der rasant steigende Cannabiskonsum von Kindern und Jugendlichen in Niedersachsen macht der Polizei Sorge. Binnen zehn Jahren verdoppelten sich die von der Polizei festgestellten Verstöße Minderjähriger mit Cannabis von 1696 auf 3466 Fälle, teilte das Landeskriminalamt (LKA) am Dienstag in Hannover mit. Obwohl überwiegend Jungen mit Cannabis auffallen, hat sich die Zahl der ertappten Mädchen zwischen 2008 und 2017 ebenfalls von 238 auf 663 stark erhöht, wie aus der polizeilichen Kriminalstatistik hervorgeht.
Die wesentlichen Gründe für diese Entwicklung liegen nach Erkenntnis des LKA einerseits in der hohen Verfügbarkeit der Droge und andererseits in der andauernden Legalisierungsdebatte. Dadurch werde oftmals jungen Menschen suggeriert, dass Cannabis ungefährlich sei. Zuletzt hatte der Landtag in Hannover in der vergangenen Woche über ein Modellprojekt zur legalen Cannabis-Abgabe an Erwachsene beraten, eine entsprechende Forderung von FDP und Grünen erhielt aber keine Zustimmung.
Kiffen kann krank machen
„Cannabis darf nicht weiter verharmlost werden, zumal der Anteil des Wirkstoffes THC (Tetrahydrocannabinol) in der Pflanze sich in den letzten Jahren deutlich erhöht hat“, sagte LKA-Präsident Friedo de Vries anlässlich des Weltdrogentages am Dienstag. Die negativen Folgen eines regelmäßigen Cannabiskonsums, insbesondere für Kinder und Jugendliche, seien mittlerweile vielfach durch Studien belegt, so das LKA. „Kiffen“ könne gerade in dieser Risikogruppe schwerwiegende körperliche und seelische Erkrankungen sowie Entwicklungs- und Wachstumsstörungen hervorrufen. Familiäre, soziale und schulische Probleme seien häufige Begleiterscheinungen.
Auch die niedersächsische Ärztekammerchefin Martina Wenker warnte junge Leute vor dem Konsum von Cannabis. „Cannabis bremst nachweislich die geistige Entwicklung von Kindern und Jugendlichen“, sagte Wenker. „Das Risiko von Psychosen steigt in beängstigendem Maße, mehr als jeder zehnte Konsument landet in einer Abhängigkeit.“ Rund 600.000 vorwiegend junge Menschen in Deutschland hätten Probleme mit dem Konsum von Cannabis. „Cannabis hat sich zu einem großen gesellschaftlichen Problem entwickelt.“
Cannabis „kein Lifestyle-Medikament“
Nach Worten von Wenker kann eine Cannabis-Verschreibung unter strengen Vorgaben kranken Menschen durchaus helfen. Die Gabe von Cannabis müsse aber unter strenger ärztlicher Kontrolle erfolgen, es handele sich nicht um ein triviales Medikament. „Cannabis ist kein Lifestyle-Medikament, es hat erhebliche Nebenwirkungen.“ Das LKA informiert in seiner an junge Menschen und Eltern gerichtete Anti-Cannabis-Kampagne „Die Rauchmelder“ über die Gefahren der Droge. Hauptzielgruppe sind die Zehn- bis 14-Jährigen, da in diesem Alter inzwischen die ersten einschlägigen Erfahrungen mit Cannabis gemacht werden.