Hamburg. Stimmung an der Binnenalster ist oft von Gewalt geprägt. Hamburger Polizei geht mit Bodycams und anderen Maßnahmen dagegen vor.

Patrouillen mit Kameras am Körper (Bodycams) und ein Verbot von Musik über Bluetooth-Lautsprecher: Die Hamburger Polizei schöpft ihre Möglichkeiten aus, um gegen die Problem-Szene am Jungfernstieg vorzugehen – offenbar mit Erfolg. Trotz des großen Gedränges am Bootsanleger blieb es ein ruhiges Wochenende. Tausende Hamburger und Touristen genossen die warmen Sommernächte an der Alster. Von vielen wurde die sichtbare Polizeipräsenz begrüßt.

Wäre er selbst zu Besuch in Hamburg, sagt der Erste Hauptkommissar Thorsten Widmayer, würde er wohl ebenfalls einige Zeit auf einer Bank an der Binnenalster verbringen. Es ist 20 Grad warm in dieser Nacht, die Fontäne sprudelt. Pärchen, Familien und auch eine Hochzeitsgesellschaft erfreuen sich am mediterranen Flair. Die Stimmung ist ausgelassen.

Widmayer aber ist zum Arbeiten hier. So wie seine neun Mitarbeiter vom Einsatzzug PD 62. Präsenzstreife ist angesagt. „Mütze zeigen“, nennen es die Beamten locker. Jakob Ehmler ist einer von den jungen Polizisten des Einsatzzuges. Er trägt, wie die Kollegin einer zweiten Gruppe, eine Bodycam, eine kleine Weitwinkelkamera, die an seine Weste geklippt ist. Bislang wurde diese Technik von Hamburgs Polizei nur auf dem Kiez eingesetzt. Jetzt wird sie es auch am Jungfernstieg. Die Kamera liefert gestochen scharfe Bilder und guten Ton – wenn Ehmler ein Knöpfchen drückt.

Seit 2012 steht der Jungfernstieg im Fokus

In dieser Nacht drückt er es nicht. Mit 22 Überprüfungen, die der Einsatzzug und weitere eingesetzte Beamte, darunter Jugendschutz und Verkehrsdirektion, durchführen, ist es eine extrem ruhige Nacht an der Binnenalster. Sieben Platzverweise werden erteilt. Das sind präventive Maßnahmen, um drohenden Ärger im Keim zu ersticken. Auch der Freitag verlief verhältnismäßig ruhig – obwohl sich an diesem Tag jemand widersetzte, als er auf polizeiliche Anweisung das Feld räumen sollte. Ein Einzelfall, mehr nicht.

Einer, den die Bilanz dieses Wochenendes freuen wird, ist Enno Treumann. Als Chef des Polizeikommissariats 14 und Leiter der Region aus mehreren Innenstadt-Polizeikommissariaten ist der Jungfernstieg eines seiner „Problem­gebiete“. „Seit 2012 steht dieser Bereich im Fokus der polizeilichen Arbeit“, sagt Treumann. Nicht täglich. Eigentlich nur an Wochenenden, besonders bei gutem Wetter und nach 22 Uhr. Dann ent­decken neben bis zu 900 „normalen Besuchern“ auch bis zu 100 Jugendliche den Jungfernstieg für sich – und transportieren ihre Probleme an die Binnenalster.

„Diese problematische Szene besteht fast ausschließlich aus Jugendlichen und jungen Männern mit Migrationshintergrund, teilweise in der dritten Generation, und etwa 20 jungen Mädchen“, sagt Treumann. Regelmäßig sorgte das in der Vergangenheit nicht nur für Aggressionen, sondern auch handfeste Kriminalität wie aktuell zwei Körperverletzungen täglich und einen Raub alle drei Tage im gesamten Bereich rund um die Binnenalster.

In diesem Jahr wird die Polizei-Präsenz verdoppelt

„Viele dieser Delikte werden untereinander begangen“, sagt Treumann. Besser macht das die Situation nicht. Aber die Polizei steuert mit Macht dagegen. In diesem Jahr wurde die Präsenz am Jungfernstieg im Vergleich zu 2017 verdoppelt. Kameras wurden installiert, die mittlerweile gestochen scharfe Bilder aus mehreren Positionen in die Einsatzzentrale der Wache Caffamacherreihe senden. Dazu kommen andere besondere Maßnahmen. „Wir haben aktuell gegen sieben Personen längere Aufenthaltsverbote verhängt“, sagt Treumann. Das wirkt. Nicht nur die Betroffenen, auch viele ihrer „Kumpel“ bleiben so weg.

Und jetzt die Bodycams, das Neueste aus der Werkzeugkiste der Polizei. De­eskalierend sollen sie wirken. Angeschaltet werden sie nur mit klarer Ansage. Schon das beruhigt ein aufgeregtes Gegenüber, wissen Polizisten.

An diesem Wochenende bleibt die Bodycam von Jakob Ehmler aus. „Ich habe sie hier am Jungfernstieg erst einmal eingesetzt“, sagt er. Das war bei einer jungen, betrunkenen, sehr ausfallend gewordenen jungen Dame.

Deutlich öfter wird ein Verbot von Bluetooth-Lautsprechern ausgesprochen. „Wegen lauter Musik aus solchen Lautsprechern hat es immer wieder Streit gegeben“, sagt Widmayer. Unterbunden wird an diesem Sommerabend von der Polizei auch das Schattenboxen zweier junger Männer am Anleger. Die nehmen es hin. Sehr gelassen. Ein ruhiges Wochenende eben.