Hamburg. Seit 25 Jahren arbeitet Norbert Klang für die Sicherheit der Fahrgäste. Warum das Ansehen der Dienstkleidung gelitten hat.
Wenn Norbert Klang in eine U-Bahn steigt, sind seine Augen überall. Gibt es irgendwo im Wagen Ärger, braucht jemand Hilfe, trinkt einer verbotenerweise Alkohol? Auch jeden Bahnsteig, an dem der Zug einfährt, scannt der 64-Jährige – immer bereit, sofort aus der Bahn zu springen und einzugreifen. „Ich werde fürs Sehen bezahlt“, sagt der Mitarbeiter der Hochbahn-Wache. Doch was er sieht, hat sich im Laufe seines Arbeitslebens massiv gewandelt. Und nicht zum Positiven.
Norbert Klang ist seit der Gründung der Hochbahn-Wache vor 25 Jahren dabei, davor gehörte er bereits zum Vorläufer, dem Ordnungsdienst. 27 Mitarbeiter waren sie Mitte der 80er-Jahre – heute sind es 430, davon 100 im Prüfdienst. Und die werden gebraucht.
„Die Hemmschwelle für Gewalttaten ist gesunken“, sagt Klang. „Damals gab es noch Respekt vor der Dienstkleidung, das ist heute nicht mehr gegeben.“ Wenn er vor 20 Jahren einen Schwarzfahrer oder Pöbler nach dem Ausweis gefragt hat, habe er ihn bekommen. Heute heiße es oft: „Du kriegst nichts von mir!“ Dann muss die Polizei anrücken – auch wenn die meist dieselbe Antwort erhalte.
Heute gibt es vor allem mit jungen Leuten Ärger
Während es früher vor allem Probleme mit Obdachlosen gegeben habe, die sich an Haltestellen einquartierten, ziehe es sich heute durch alle Gruppierungen. Meist seien es aber junge Leute, mit denen es Ärger gibt.
„Die Hochbahn-Wache ist seit 25 Jahren fester und verlässlicher Bestandteil des Leistungsangebots der Hochbahn – und das in einem nicht immer einfachen Umfeld“, sagte Vorstandsmitglied Claudia Güsken am Freitag anlässlich des Jubiläums. Technik – wie die 5900 Kameras im Bereich der Hochbahn – könne vieles leisten, „doch ausschlaggebend für die Sicherheitslage und das sichere Gefühl der Fahrgäste sind die Kolleginnen und Kollegen vor Ort.“
Drei Viertel aller Fahrgäste fühlen sich sicherer, wenn Sicherheitspersonal oder Rufsäulen in der Nähe sind, wie eine aktuelle Umfrage zeige. Verkehrssenator Frank Horch (parteilos) sprach deshalb auch von einer „Erfolgsgeschichte“, die man fortsetzen wolle.
25 Millionen Euro werden jährlich in die Hochbahn-Wache investiert, neun Millionen kommen von der Stadt. Rund 140 Mitarbeiter arbeiten täglich in vier Schichten, von denen die erste um 5.30 Uhr morgens beginnt und die letzte um sechs Uhr morgens endet. Mit dabei sind auch 15 Diensthunde. 63 Millionen Fahrgäste wurden in 25 Jahren kontrolliert.
CDU will Straftaten in Bussen und Bahnen erfassen
Wie sich die Zahl der Gewaltdelikte in Bussen und U-Bahnen entwickelt hat, darüber führt die Hochbahn allerdings keine Statistik. Nach Informationen des Abendblatts will CDU-Verkehrsexperte Dennis Thering per Bürgerschaftsantrag erreichen, dass künftig erfasst wird, wie viele Straftaten an welchen Haltestellen sowie in Bussen und Bahnen verübt werden. Protokolliert werden von der Hochbahn Angriffe auf Sicherheitsmitarbeiter, rund 35 sind das pro Jahr, jedoch keine schwerwiegenden.
Norbert Klang, der wie alle Mitarbeiter mit Schutzweste, Abwehrstock, Handschellen sowie Pfefferspray ausgerüstet ist und jeweils im Zweierteam unterwegs ist, wägt immer ab: Lohnt es sich, da jetzt reinzugehen – oder warte ich lieber auf Verstärkung? „Ich gehe morgens gesund zur Arbeit und will auch gesund nach Hause kommen“, sagt er. Mit Sorge beobachtet er auch Übergriffe mit Messern: „Wenn man einen sichert und hinterher feststellt, dass der ein Messer mit 20 Zentimeter langer Klinge dabei hat, wird einem schon anders.“
Brisante Haltestellen werden extra besetzt
Zu den Haltestellen, an denen am meisten passiert und die darum extra besetzt werden, gehören Hauptbahnhof, St. Pauli, Sternschanze und Jungfernstieg. Die Probleme mit betrunkenen und aggressiven Jugendlichen, die sich abends auf der Treppe zur Binnenalster treffen, schwappen auch in die Haltestelle hinein. Neulich seien zwei Kollegen in eine Schlägerei geraten. Aber „mit klaren Ansagen“ könne man die Gruppen in der Regel zumindest aus dem Haltestellenbereich vertreiben.
Doch es muss nicht immer die gewaltbereite Klientel sein: Auch „normale“ Fahrgäste könnten ziemlich ungehalten reagieren, wenn man sie beispielsweise auffordere, beim Schließen der Türen zurückzubleiben. Bei 1,2 Millionen Fahrgästen täglich bleibt das nicht aus.
Die meisten Fahrgäste reagieren positiv auf Kontrollen
Der Lieblingseinsatzbereich von Klang, der wie seine Kollegen an den neongelben Streifen auf der Jacke zu erkennen ist (beim reinen Prüfdienst sind diese grün), ist dennoch die Innenstadt. Und Großveranstaltungen. Da gehe es nämlich erstaunlich freundlich zu. „Wir haben mal zu zweit mit einem Flatterband eine Haltestelle gesperrt – und mehrere Tausend Menschen haben friedlich gewartet“, erzählt Klang.
Überhaupt reagiere der Großteil der Fahrgäste positiv auf die Sicherheitsmitarbeiter – schließlich sind diese wandelnde Auskunftgeber, die seit der Gründung vier Millionen „Serviceleistungen“ für Fahrgäste erbracht haben. „Das wird auf jeden Fall anerkannt“, sagt Klang – und sei einer der Hauptgründe dafür, dass er immer noch gerne jeden Tag zur Arbeit geht und die Augen aufhält.