Hamburg. Hohe Anschaffungskosten, geringe Reichweite und lange Ladezeiten bremsen das Engagement von Beiersdorf, Otto und anderen Firmen.

Wer einmal beobachtet hat, wie an einem Dienstagmorgen die Limousinen der Hamburger Senatoren und Staatsräte zur traditionellen Senatssitzung auf den Rathaus-Parkplatz rollen, kann leicht einen falschen Eindruck im Hinblick auf die Verbreitung von Elektroautos bekommen: Denn von den insgesamt 27 Dienstfahrzeugen haben 21 einen Hybridantrieb, ein weiteres fährt sogar vollelektrisch.

Damit erfüllt die Stadtregierung den schon zu Anfang des Jahrzehnts formulierten Anspruch, Hamburg wolle Vorreiter der Elektromobilität sein, zumindest schon einmal selbst. Und inzwischen kann sich die Hansestadt im Vergleich der Bundesländer auch sehr gut sehen lassen, wenn es um die Quote der komplett oder teilweise mit Strom betriebenen Autos im gesamten Pkw-Bestand geht: Mit einem Anteil von 0,82 Prozent einschließlich der Hybridantriebe lag Hamburg zum Jahresanfang 2018 über dem Durchschnitt (0,63 Prozent), nur noch übertroffen von Berlin (1,27 Prozent).

Noch kein „Durchbruch“

Experten waren allerdings davon ausgegangen, dass nicht die E-Fahrzeuge in privater Hand, sondern in den Fuhrparks von Unternehmen „die besten Aussichten auf einen echten Durchbruch bieten“, wie es in einem Forschungsbericht des Freiburger Öko-Instituts zur Elektromobilität in Hamburger Firmenflotten heißt.

Von einem „Durchbruch“ kann hier noch lange nicht die Rede sein, wie eine Abendblatt-Umfrage bei Firmen in der Hansestadt zeigt. Konkrete Zahlen gibt es dabei von sechs der größten Unternehmen. Sie verfügen zusammen über mehr als 2100 Fahrzeuge, von denen weniger als 50 wenigstens teilelektrisch angetrieben werden. Dabei haben gerade Firmen aufgrund der Möglichkeit von Großbestellungen Kostenvorteile gegenüber Privatkunden in der Beschaffung von Fahrzeugen und Ladeinfrastruktur sowie bei der Wartung und den Stromkosten, wie das Öko-Institut anführt. Zudem seien die Fahrleistungen in gewerblichen Flotten meist konstanter als im privaten Bereich.

Zuschüsse für Elektroautos

Vor allem aber benötigten Fuhrparkbetreiber in der Regel keine „Alleskönner-Autos“: Sie könnten einen gemischten Bestand mit einigen wenigen Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor oder Hybridantrieb für unvermeidbare sehr lange Fahrten vorhalten, wie das Öko-Institut erklärt. Hinzu kommt: Gewerblich zugelassene Fahrzeuge sind im Schnitt deutlich jünger als die Privat-Pkw, schon daher sollte der Anteil der Wagen mit alternativen Antrieben in den Fuhrparks der Unternehmen besonders hoch sein.

Große Aufgeschlossenheit

Die gute Absicht, künftig mehr auf E-Mobilität zu setzen, wird aus den Antworten der Firmen durchaus erkennbar. Zwar hat keines der Unternehmen eine konkrete Zielgröße dafür formuliert. „Aber der Trend geht aus Sicht unserer Experten eindeutig Richtung elektrisches Fahren“, heißt es zum Beispiel von der Körber-Gruppe. „Erweiterungen im Fuhrpark in Bergedorf würden daher auch entsprechend mit E-Fahrzeugen umgesetzt.“ Die Konzern-Tochter Hauni, die dort Maschinen für die Tabakindustrie herstellt, nimmt innerhalb von Körber eine Vorreiterrolle ein. Bereits seit vier Jahren gibt es bei Hauni entsprechende Angebote, aktuell sind unter den insgesamt 14 Fahrzeugen immerhin vier Elektroautos und vier Wagen mit Hybridantrieb.

„Bei unseren Mitarbeitern sehen wir große Aufgeschlossenheit und Neugier, sich mit neuen Mobilitätsformen auseinanderzusetzen“, sagt Matthias Wingerath, der als Leiter Facility Management auch für den Fuhrpark verantwortlich ist. So finden die Beschäftigten dort auch Ladesäulen für private E-Mobile (Pkw und Fahrräder). „Einschränkungen bei E-Fahrzeugen gibt es eher über die nach wie vor bestehende Reichweitenthematik“, so Wingerath.

Zurückhaltung bei Signal-Iduna

Die Haspa verfügt bei insgesamt rund 40 Firmenwagen nach eigenen Angaben über sechs Elektrofahrzeuge, die über ein Portal von allen Mitarbeitern für Kundenbesuche gebucht und auch privat genutzt werden können. Für sie wurden eigens Ladestationen installiert.

Bei Beiersdorf sind seit Februar reine E-Fahrzeuge für Führungskräfte freigegeben. „Ihr Einsatz wird gefördert“, sagt eine Firmensprecherin. Bisher haben von 553 Firmenwagen aber erst drei einen elektrischen Antrieb. „Für den Außendienst ist E-Mobilität aufgrund der hohen jährlichen Laufleistungen der Fahrzeuge derzeit keine Alternative“, heißt es von dem Nivea-Hersteller. Die erzielbare Reichweite sowie die sehr lange Ladezeit stehe der Verwendung von E-Autos bisher entgegen.

Noch größer ist die Zurückhaltung bei Signal-Iduna. In der Flotte der deutschlandweit 172 Firmenwagen findet sich kein eigenes Elektro- oder Hy­bridfahrzeug. „In Hamburg haben wir aber zwei gemietete Elektroautos für Fahrten der Mitarbeiter zwischen den Standorten Dammtor und City Nord im Einsatz“, so ein Sprecher der Versicherungsgruppe. Damit sammele man Erfahrungen mit E-Autos. „Da unsere Fahrzeuge überwiegend große Entfernungen zurücklegen müssen, beschränkt die heutige E-Technologie noch zu sehr und findet noch nicht die notwendige Akzeptanz bei den Fahrern“, heißt es.

Wenig Vertrauen in die Reichweitenangaben

Unter den 140 Firmenwagen der Kupferhütte Aurubis, die von Mitarbeitern dauerhaft genutzt werden, sind zwei vollelektrische und vier Hybrid-Autos. „Derzeit stehen die relativ hohen Anschaffungskosten, die sich bei den Nutzern als zu versteuernder geldwerter Vorteil in der Gehaltsabrechnung niederschlagen, einem vergleichsweise geringen Komfort in Reichweite und Ladedauer gegenüber“, sagt ein Firmensprecher. Für den Einsatz auf dem Firmengelände sowie als Pool-Fahrzeuge kommen aber weitere neun E-Autos hinzu. Geplant sei, im nächsten Jahr acht Ladesäulen auf den Werksparkplätzen zu installieren: „Wenn diese entsprechend genutzt werden, ist ein Ausbau des Angebots vorgesehen.“

Die Otto Group hat unter ihren rund 1200 Firmenwagen aktuell 15 Fahrzeuge mit Elektro- beziehungsweise Hybridantrieb. „Viele Nutzer haben kein Vertrauen in die Reichweitenangaben der Autohersteller“, sagt Firmensprecher Robert Hägelen. Außerdem hätten manche der Mitarbeiter keine Möglichkeit, zu Hause die E-Autos aufzuladen. Otto hat aber auch grundsätzliche Einwände: „Ein tatsächlicher Nachhaltigkeitsgedanke ist momentan nur bedingt gegeben“, denn in Europa werde der Strom häufig noch von Kohlekraftwerken erzeugt. Und: „Die Umweltbilanz der E-Fahrzeuge wird durch die energieintensive Produktion der Akkus stark verschlechtert.“