Hamburg/Rendsburg. Die lange Trockenheit stellt Mensch und Natur vor enorme Probleme. Regen nicht in Sicht. Schon 240 Brände in der Lüneburger Heide.
Viel Sonne und kein Regen – darüber freut sich nicht jeder. In Hamburg trocknen die Naturschutzgebiete aus. Es gilt erhöhte Waldbrandgefahr, bislang hat es nach Angaben der Feuerwehr aber noch keine nennenswerte Brände gegeben. In der Lüneburger Heide dagegen halten Flächenbrände die Feuerwehr in Trab. Und die Landwirte in Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern befürchten die schlechteste Getreideernte seit Jahren. Grund: Die Getreidesorten sind in die „Not-Reife“ übergegangen – eine Ausweichreaktion der Botanik auf den Wassermangel, bei der sich nur kurze Ähren mit wenigen Körnern bilden.
Zahlreiche Feld- und Ackerbrände bedrohen die ohnehin schlechte Getreideernte. Bislang konnte verhindert werden, dass die Feuer sich ausbreiten. Angesichts des teils sehr böigen Windes steigt jedoch überall die Sorge vor unkontrollierbaren größeren Bränden. „Wir haben seit Wochen hohe Temperaturen, eine niedrige Luftfeuchtigkeit und starken Ostwind.
Das ist extrem und sehr gefährlich“, sagt etwa Helmut Beuke von der Waldbrand-Überwachungszentrale der Landesforsten in Lüneburg. In der Lüneburger Heide gilt seit Mitte April flächendeckend und durchgehend die höchste Waldbrand-Warnstufe. Die Heide mit ihren sandigen Böden und den vorherrschenden Kiefernwäldern ist eine besonders gefährdete Region. So kamen bei einem Brand im August 1975 sieben Menschen ums Leben, 8000 Hektar Wald-, Moor- und Heideland wurden vernichtet.
In der Lüneburger Heide brennen Felder und Äcker
Auch jetzt sind die sandigen Heideböden so ausgetrocknet, dass Laubbäume bereits ihre Blätter verlieren. Eine seit 2009 existierende Überwachungszentrale sei in diesem Jahr schon an 64 Tagen besetzt gewesen und habe 240 Brände gemeldet, so Beuke. „Das hatten wir zuvor nicht einmal während eines gesamten Jahres. Hier brennen jeden Tag Felder oder Äcker.“
Brände können unter anderem durch Erntemaschinen ausgelöst werden. So fing vor wenigen Tagen im Lauenburgischen (Niedersachsen) ein Mähdrescher an zu brennen. Offenbar war aufgrund von Funkenflug durch Steinschlag das Getreide im Mähwerk in Brand geraten.
In Hamburg hat die Trockenheit nach Angaben der Feuerwehr noch keine Brände ausgelöst. Doch auch hier sind Wälder, Wiesen und Böden ausgetrocknet. „Im Duvenstedter Brook und in den Naturschutzgebieten an der Elbe ist der Wasserstand in Tümpeln und Teichen so weit gesunken wie sonst nur im Hochsommer“, sagt Krzyszthof Weselowski, Biologe beim Nabu. Das könnte dazu führen, dass Fische und Insekten stürben. Letztere fehlten dann in der Nahrungskette. Da sich auf den trockenen Wiesen die Würmer in der Erde zurückzögen, müssten Vogelarten, die am Boden nach Nahrung suchten, bald hungern. „Wenn es nicht schnell regnet, wird es eng“, so der Biologe. „Auch für die Ernte.“
Das Vieh hungere noch nicht, sagt Carsten Borgmann, Geschäftsführer des Bauernverbands Hamburg. Doch das Tierfutter werde knapp. „Die zweite Wiesen-Ernte ist total ausgefallen.“ Bei der Ernte von Raps und Getreide rechnet er mit Verlusten von mehr als 50 Prozent. Für den Obst- und Gemüseanbau der Hamburger Landwirte bestehe aber keine Gefahr, so Borgmann. „Im Gartenbau ist man auf Bewässerung angewiesen und mit Beregnungsanlagen entsprechend ausgerüstet.“
Bäume müssen sich drei Jahre von Trockenstress erholen
In den Hamburger Parks ist man technisch etwas weniger professionell ausgestattet. Deshalb seien die Gärtner in Planten un Bloomen momentan fast ausschließlich mit dem Wässern beschäftigt, sagt Matthias Olinski, der technische Leiter. „Jeden Tag werden zahlreiche Regner im Park aufgestellt. Ohne diese zusätzliche Bewässerung wären viele Bereiche des Parks bereits vertrocknet.“ Durch die anhaltende Trockenheit litten nicht nur alle Pflanzen und Sommerblumen, sondern auch Bäume und Sträucher. Besonders würden Rasen und Stauden leiden, weil ihre Wurzeln nicht so tief in den Boden reichten. Auch Bäume würden geschwächt. „Nach solchen Trockenjahren benötigen sie bis zu drei Jahre, um sich wieder von dem ,Trockenstress‘ zu erholen“, so Olinski.
Sonnig, trocken, sommerliche Temperaturen und kein Regen in Sicht – so fasst der Diplom-Meteorologe Dominik Jung vom Institut für Wetter- und Klimakommunikation die Aussichten auch für das Wochenende und die kommende Woche zusammen. „Am Freitag haben sich die Wolken aufgelöst, und uns erwarten 25 Grad.“ Auf 15 Sonnenstunden können sich Hamburger auch am Sonnabend freuen – und hochsommerliche 27 Grad im Schatten. „Am Sonntag sieht es ähnlich aus“, so der Wetterexperte. Wieder bis zu 27 Grad, viel Sonne – und kein Regentropfen. Ein Trend, der sich in der kommenden Woche fortsetzen werde.