Hamburg. Staatsanwaltschaft will mutmaßlichen Betrüger überführen. Angeklagter arbeitete in Rechtsanwalts-Kanzlei – mit Folgen.

Die Hamburger Polizei und die Staatsanwaltschaft sind einem schillernden Schwindler auf der Spur, dem unter anderem Untreue, Betrug und das Unterschlagen von Krankenkassendaten vorgeworfen werden. Frank T. (55) ist ein intelligenter, augenscheinlich weltgewandter und extrem selbstbewusster Mann. Bei deutschen Gerichten ist er kein Unbekannter. Vor fünf Jahren verurteilte ihn ein Gericht in Süddeutschland zu einem Jahr und neun Monaten auf Bewährung. Er hatte CE-Prüfsiegel für medizinische Instrumente gefälscht. Frank T. war zwischenzeitlich Geschäftsführer von diversen Firmen, von denen einige nach Handelsregister-Einträgen in die Insolvenz gerieten.

Er tritt unter anderem als medizinischer Sachverständiger und Anästhesist auf, der in der Schweiz und in Skandinavien gearbeitet hat. Gleichwohl hat er nicht etwa ein Medizinstudium erfolgreich absolviert. Frank T. hat als Pfleger gearbeitet, hat Menschen bei der Geldanlage beraten und zuletzt ein Boot verkaufen wollen. Das Geld soll er eingestrichen, aber nicht geliefert haben. Unter anderem deshalb liegen derzeit Strafanzeigen gegen ihn vor.

In Krankenakten nach Behandlungsfehlern gesucht

Die Staatsanwaltschaft hat Anklage gegen ihn und einen Rechtsanwalt erhoben, wie Oberstaatsanwältin Nana Frombach sagte. In Hamburg geht es vor allem um seine inzwischen gelöste berufliche Beziehung zu einem Rechtsanwalt, der auf schwierige medizinische Fälle spezialisiert ist. Der Jurist hat von gesetzlichen Krankenkassen Akten bekommen, in denen er Hinweise auf mögliche Schadenersatzforderungen von Versicherten und Patienten suchen soll.

Die Kassen dürfen diese aufwendige Kleinarbeit zum Aufdecken von Behandlungsfehlern oder Abrechnungsmauscheleien an externe Experten geben, wie Hamburger Krankenkassen-Chefs dem Abendblatt bestätigten. Das sei Usus und generell legal. Wenn denn der Datenschutz eingehalten wird.

Wurde ein Patient um den Schadenersatz betrogen?

Frank T., der sich durch die Details von Operationsberichten, Behandlungsakten und Gutachten wühlte, soll seine Arbeit „erweitert“ haben. So wird ihm etwa vorgeworfen, für einen jungen Patienten Geld angelegt zu haben, der eine sechsstellige Summe an Schadenersatz bekam. Am Ende des Investments war von dem Geld nichts mehr da. Als sich T. mit dem Anwalt überwarf, soll er Akten kopiert und sich geweigert haben, aus der Kanzlei auszuziehen. Zwei Krankenkassen forderten ihre Akten zurück. Details wollten sie dem Abendblatt mit Hinweis auf laufende Verfahren nicht nennen. Der Beschuldigte Frank T. sagte dem Abendblatt, ihn treffe keine Schuld: Der Kanzleiinhaber, mit dem er bislang zusammengearbeitet hatte, sei der Übeltäter. Dieser Anwalt ist nun ebenfalls angeklagt, verweist aber auf Frank T.

Für den Rechtsanwalt kam es noch dicker. Frank T. holte einen anderen, über 70 Jahre alten Juristen in die Kanzlei. Dieser „eingeschleuste“ Anwalt steht im Verdacht, Klienten zu sich und Frank T. herübergezogen zu haben. Die Rechtsanwaltskammer musste schlichten. Der gehörnte Anwalt versuchte mit einem Räumungstitel, Frank T. aus seiner Kanzlei zu drängen. Bislang vergeblich. Der neue Anwalt in Frank T.s Leben wurde mehrfach verurteilt – Steuerhinterziehung und Insolvenzverschleppung.

Unterdessen hat ein weiterer Geschädigter Anzeige gegen Frank T. gestellt. Der Mann wollte für eine erkleckliche Summe ein Hausboot kaufen. Frank T. bot ihm eins an, das er allerdings gar nicht liefern konnte, wie sich später herausstellte. Geld war da schon geflossen. Mit bunten Geschichten um Betrüger kennt sich dieser Geprellte aus. Er schreibt hauptberuflich Krimis.