Hamburg. Gesellschaft liefert 2017 hohe Gewinne ab. Für Erfolg des Landstroms ist Bundesreform nötig. Täglich Hackerangriffe auf das Stromnetz.

Nach dem umkämpften Volksentscheid zum Netzerückkauf 2013 ging 2014 zunächst das Stromnetz an die Stadt zurück. Mittlerweile hat sich der Rückkauf als Erfolgsgeschichte erwiesen. So jedenfalls sieht es Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) – und stützt sich dabei auf die am Montag vorgestellten Geschäftszahlen der Stromnetz Hamburg (SNH) aus dem vergangenen Jahr. Demnach hat die SNH 2017 einen Gewinn nach Steuern von 21,6 Millionen Euro erwirtschaftet und an die Stadt abgeliefert. 266 Millionen sind im vergangenen Jahr in Erhalt und Ausbau des Hamburger Stromnetzes investiert worden. Der Gewinn liegt nach den Angaben deutlich höher als Finanzierungskosten für Rückkauf und Investitionen.

„Das ist eine beeindruckende Bilanz und sie zeigt, dass es richtig war, das Netz zurückzukaufen“, sagte Umweltsenator Kerstan. „ Hamburg profitiert sehr stark davon, dass die SNH jetzt im städtischen Besitz ist, auch wirtschafts- und haushaltspolitisch ist der Rückkauf ein Erfolg.“ Zudem hätten sich die Investitionen in das Netz verdreifacht, so Kerstan. Dabei gehe zum einen darum, Hamburg auch in diesem Bereich „fit zu machen für die Energiewende“ . Zudem spiele die SNH eine zentrale Rolle beim Ausbau der Elektromobilität. Deutschlandweit gebe es bisher 5000 Ladepunkte, in Hamburg sollen es bis Jahresende 1000 sein, so dass 20 Prozent aller deutschen Ladepunkte in der Hansestadt zu finden seien.

Gewinne deutlich höher als Finanzierungskosten

Zu Beginn eines solchen Rückkaufs seien die Belastung durch Finanzierungskosten in der Regel hoch, so Kerstan. Nun aber werfe die Stromnetz Hamburg bereits Gewinne ab, die deutlich höher ausfielen als die Finanzierungskosten. „Die Stromnetz Hamburg ist ein gesundes und gut aufgestelltes Unternehmen mit einem sehr professionellen Management“, sagte der Umweltsenator. Die SNH sei ein „Rückgrat der Hamburger Wirtschaft“, sorge für eine „ umweltfreundliche, sichere und bezahlbare Energieversorgung“ und sei zudem ein „Partner bei der norddeutschen Energiewende“.

SNH-Geschäftsführer Christian Heine betonte, die größte Anstrengung sei und bleibe die Modernisierung des Netzes. Eine am Montag von SNH und Umweltsenator Kerstan unterzeichnete „ Kooperationsvereinbarung 2.0“ legt dazu weitere Ziele fest, etwa den Aufbau eines der „intelligentesten, sichersten und umweltfreundlichsten“ deutschen Stromnetze (Smart Grid) in der HafenCity. Eine der größten Herausforderungen bleibt derweil der Anschluss großer Schiffe im Hafen an eine Landstromversorgung. Dabei geht es vor allem um die großen Containerschiffe, die in der Summe deutlich mehr Abgase ausstoßen als Kreuzfahrtschiffe. Die technischen Möglichkeiten zum Anschluss von Containerschiffen sollen im laufenden Jahr weiter geprüft und bewertet werden.

Schweröl für Reeder derzeit noch attraktiver als Strom

Das Hauptproblem sind aber derzeit nicht die noch fehlenden technischen Voraussetzungen, sondern die Preise. Während die Nutzung von hochgiftigem „Bunkeröl“ die Reeder derzeit sieben bis zehn Cent pro Kilowattstunde koste, würden für Strom 28 bis 30 Cent fällig, sagte SNH-Geschäftsführer Heine. Das liege vor allem daran, dass der Staat auch auf Landstrom eine hohe Umlage nach dem Erneuerbaren Energiengesetz (EEG) verlange. Dabei sei es unsinnig und kontraproduktiv, dass diese an dieser Stelle erhoben würde, denn so sei der Strom nicht konkurrenzfähig mit der Nutzung von Schweröl. Ohne die EEG-Umlage dagegen würde der Anschluss an Landstrom auch für die Reeder attraktiv, da der Preis deutlich sinke. Diese Regelungen sind aber Sache des Bundes, Hamburg kann hier nicht selbst entscheiden.

„Wir fordern von der Bundesregierung, dass es hier schnell zu Änderungen kommt“, sagte Umweltsenator Kerstan. Man könne dabei durchaus optimistisch sein – zumal der aktuelle Finanzminister Olaf Scholz die Problematik ja aus seiner Zeit als Bürgermeister gut kenne. Das Ganze zeige, dass die Hemmnisse bei der Energiewende nicht in „technischen Faktoren, sondern in Regulatorik und Marktdesign“ bestünden. Diese seien mit der Energiewende nicht mitgewachsen.

FDP versteht den Jubel des Senators nicht

SNH-Geschäftsführer Thomas Volk wies bei der Vorstellung des Jahresergebnisses noch auf ein weiteres Thema hin, dass die Strom-Gesellschaft intensiv beschäftigt: die Angriffe von Hackern, die versuchen, die Kontrolle über das Hamburger Stromnetz zu erlangen. Während an normalen Tagen um die 1000 Attacken verzeichnet würden, seien es beim G20-Gipfel im vergangenen Jahr um die 100.000 gewesen. „Hackerangriffe sind ein Thema, das uns immer intensiver beschäftigt“, so Volk. „Wir sind gut aufgestellt, aber nie ganz ruhig an dieser Stelle.“

FDP-Fraktionschef Michael Kruse sagte, er könne den Jubel des Umweltsenators über die Zahlen nicht nachvollziehen. „Vom Gewinn bleiben weniger als acht Millionen Euro zur Tilgung der Kredite in Höhe von rund 620 Millionen Euro, die die Stadt für den Netzrückkauf aufnehmen musste“, so Kruse. „Auf Basis der aktuellen Zahlen dauert es mehr als 80 Jahre, bis die Gewinne aus dem Stromnetz den Rückkauf finanziert haben werden. Anlässlich des Umstands, dass das Stromnetz für 2018 mit einem deutlich geringeren Gewinn rechnet und somit gerade noch die Finanzierungskosten des Rückkaufs erwirtschaftet, ist die Jubelmeldung des Senats völlig unverständlich.“