Hamburg. Umweltsenator Jens Kerstan wirft Vattenfall Vertragsverstöße und „Blockadehaltung“ beim Streit über die Fernwärme vor.

Der im Volksentscheid beschlossene Rückkauf der drei großen Energienetze könnte deutlich teurer werden als erwartet. Denn während das Strom- und das Gasnetz bereits ohne große Komplikationen von der Stadt zurückgekauft wurden, gibt es bei der Fernwärme Streit über den Kaufpreis. Laut Vorabsprachen soll die Stadt das Netz 2019 komplett vom Energiekonzern Vattenfall übernehmen. Bisher besitzt sie 25,1 Prozent der Wärmegesellschaft, die 480.000 „rechnerische Wohneinheiten“ mit Wärme versorgt.

Vattenfall fordert mit 1,3 Milliarden Euro einen Preis, den der Senat für überhöht hält. Damit bezieht sich der Konzern auf eine Schätzung aus dem Jahr 2012. Nach dem Volksentscheid zum Netzerückkauf von 2013 war ein Mindestpreis von 950 Millionen Euro vertraglich vereinbart worden. „Es ist befremdlich, dass Vattenfall jetzt keinen aktuellen Wert für die Wärmegesellschaft ermittelt hat. Dies ist eine Blockadehaltung und war im Vertrag anders vereinbart“, sagte Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) am Mittwoch dem Abendblatt. „Einfach auf einen Preis von 2012 zu verweisen, ist ein durchsichtiges Spiel auf Zeit. Der jetzt genannte hohe Preis ist schon deshalb irreführend, weil der Verzicht auf einen Kraftwerksneubau in Wedel seit langem beschlossen ist. Auf dieser Grundlage können wir weder über den Rückkauf noch über die Nachfolge für das alte Kohlekraftwerk in Wedel entscheiden. Wir gehen jetzt mit dem Schiedsgutachten in die nächste Stufe des Verfahrens und erwarten, dass Vattenfall sich hier konstruktiv verhält.“

Eskaliert der Streit, könnten Gerichte herangezogen werden

Der Vorwurf, Vattenfall verstoße gegen den 2014 geschlossenen Vertrag, der neben dem Mindestpreis auch das Prozedere des Rückkaufs regelt, könnte noch von Bedeutung sein. Eskaliert der Streit, könnten sogar Gerichte zur Klärung herangezogen werden. Zunächst soll nun ein Gutachter den Wert bestimmen. Sollte eine der Seiten mit dem Ergebnis nicht einverstanden sein, würde ein zweiter Gutachter bestimmt, dessen Ergebnis verbindlich wäre.