Hamburg. Innenausschuss der Bürgerschaft befragt Experten. Gewerkschaften leisten Widerstand gegen persönliche Kennzeichnung.

Es wäre eine weitreichende Neuerung für Polizisten und politische Gruppen: Auf Drängen von Linke, FDP und Grünen befragte der Innenausschuss der Bürgerschaft am Freitagabend verschiedene Experten zu den Vor- und Nachteilen einer individuellen Kennzeichnung der eingesetzten Beamten bei Demonstrationen. Befürworter erhoffen sich unter anderem eine bessere Aufklärung von möglichen Polizeiübergriffen – Gegner sehen in der Kennzeichnung einen „Generalverdacht“ gegenüber der Polizei.

Eine Pflicht habe keinen erkennbaren Nutzen, sondern sei „überflüssig wie ein Kropf“, sagte Rainer Wendt, Bundesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft: „Wir reden von einem Eingriff in die Persönlichkeitsrechte “. Die „gesamte Belegschaft“ der Polizei sei gegen eine Einführung. Der Bundesjustiziar der Gewerkschaft der Polizei, Sascha Braun, sprach von einem „kolossalen Misstrauensvotum“ gegenüber Polizisten durch verpflichtende individuelle Nummern oder Namensschilder.

Die Hamburger Landesgruppe der Gewerkschaft der Polizei (GdP) sieht für eine Kennzeichnungspflicht nur eine geringfügige Relevanz. Nicht einmal ein Promille der jährlich rund 1700 Versammlungen in der Hansestadt verliefen gewalttäitg, hieß es in einer Stellungnahme am Freitag.

In anderen Ländern gibt es Rückennummern

Die weiteren vier geladenen Experten sehen die Kennzeichnung dagegen als prinzipiell sinnvolle Maßnahme. „In Europa ist Deutschland bei der Kennzeichnungspflicht etwas hinten her“, sagte Tristan Barzcak, der sich als Mitarbeiter des Bundesverfassungsgerichtes mit dem Thema beschäftigte. Die Kennzeichnung brächte ein zusätzliches Maß an „Bürgernähe und Transparenz“ und sei „zeitgemäß“, sagte Knud Dietrich, der zuletzt im Brandenburger Innenministerium arbeitete. Dort gilt die Kennzeichnung für behelmte Einheiten wie in acht weiteren Bundesländern bereits – die Beamten tragen dort eine Nummer auf den Rücken der Einsatzkleidung. Doch auch in diesem Punkt hält die GdP-Landesgruppe dagegen. "Anders als in vielen Flächen-Bundesländern ist die Polizei Hamburg mit einer aktiven rechtsextremistischen, einer linksextremistischen und einer islamistischen Szene konfrontiert", heißt es in der aktuellen Stellungnahme.

Weitgehend unstrittig ist, dass eine Kennzeichnung in der Praxis weder alternativlos für eine Aufklärung von Übergriffen ist, noch für falsche Verdächtigungen missbraucht wird. Der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Sören Schumacher, sah die Anhörung als Grundlage für die Entscheidung über eine Einführung in Hamburg. „Wir werden sie sorgfältig auswerten.“