Hamburg. Kooperation zwischen Behörde und Zoll bei Mietwohnungen vereinbart. Johannes Kahrs (SPD) hatte sich für die Beamten eingesetzt.
Zollbeamte sollen künftig in Hamburg bevorzugt an Sozialwohnungen kommen. Das erklärte der stellvertretende Vorsitzende der Zollgewerkschaft (BDZ) im Bezirk Nord, Sandro Kappe. Er verwies auf eine entsprechende Kooperationsvereinbarung mit der Stadtentwicklungsbehörde, die auf Betreiben des Hamburger SPD-Bundestagsabgeordneten Johannes Kahrs zustande gekommen sei. Die Behörde bestätigte die Kooperation.
„Die Zollverwaltung nimmt mehr als 40 Prozent aller Bundeseinnahmen ein“, sagte Kahrs, „daher habe ich mich vehement dafür eingesetzt, dass auch alle Zöllnerinnen und Zöllner in Hamburg ein Vorzugsrecht für Wohnraum erhalten. Wir brauchen ein starken Zoll in der Stadt.“
Gewerkschafter Kappe, der als Bezirkspolitiker in Wandsbek für die CDU unterwegs ist, dankte Kahrs ausdrücklich für dessen Einsatz. Kahrs habe 2016 mit der Gewerkschaft fast alle Dienststellen besucht und sich vor Ort die Probleme der Kollegen mit den hohen Mieten und dem leergefegten Wohnungsmarkt angehört. „Jetzt hat er geliefert“, sagte Kappe, „und das ist sehr gut“. Bundeseigene Wohnungen wie früher wären zwar besser gewesen, seien aber derzeit nicht zu realisieren.
Wohnungs-Vereinbarung soll ab 2020 greifen
Die Vereinbarung „Neue Wohnquartiere“ soll ab 2020 greifen und für die Wohnungsbauvorhaben gelten, die im Zusammenhang mit den Folgeunterbringungen für Flüchtlinge derzeit errichtet werden. Das sind die Projekte Suurheid (Rissen), Hörgensweg und Duvenacker (Eidelstedt), Rehagen (Hummelsbüttel), Poppenbütteler Berg (Poppenbüttel) und Mittlerer Landweg (Billwerder). Auch die beiden Jenfelder Projekte Elfsaal und Haferblöcken gehören in die Vereinbarung, sie werden in den relevanten Teilabschnitten aber erst später bezugsfertig.
Die Bauunternehmen würden für diese Wohnungen Unterlagen wie Grundrisse frühzeitig an die Zollbeamten und -anwärter geben, um ihnen den bevorzugten Zugriff zu ermöglichen. Das gelte auch dann, wenn die Wohnungen eigentlich nur an Inhaber eines „Wohnberechtigungsscheines“ vergeben werden sollen, die Beamten aber über den fraglichen Einkommensgrenzen liegen. Die letzte Entscheidung über die Vergabe der Wohnungen treffe der Vermieter, hieß es. Die neuen, nur zum Teil für Flüchtlinge vorgesehenen Quartiere sollen nach dem Willen des Senats „sozial gut durchmischt“ werden. Die Zöllner könnten dazu beitragen und die Quartiere stabilisieren.
Hamburg ist mit etwa 3000 Zöllnern der größte deutsche Zollstandort. Allein 2018 kämen etwa 100 neue Nachwuchsleute dazu, so Kappe. Sie müssten wegen ihrer geringen Einkommen meist außerhalb Hamburgs wohnen und pendeln.
Behörde vermittelte Kooperationsvereinbarung
Die Stadtentwicklungsbehörde erklärte, sie habe die Kooperation zwischen der Stadt Hamburg, den Wohnungsunternehmen und den „Bedarfsgruppen“ koordiniert und vermittelt. „Der Senat hat ein hohes Interesse daran, dass sich an den Standorten der ‚Flüchtlingsunterkünfte mit der Perspektive Wohnen‘ heterogene Bewohnerstrukturen entwickeln und stabile, durchmischte Quartiere entstehen.“ Die Behörde habe daher „Wohnungsunternehmen, die an diesen Standorten bauen, und Vertreter verschiedener Organisationen, die bezahlbaren Wohnraum für ihre Beschäftigten, Studierenden oder Auszubildenden suchen, zu einem gemeinsamen Gespräch eingeladen.“
Feste Wohnungskontingente für die verschiedenen Zielgruppen seien aber nicht vorgesehen. „Nach ihrer Nutzung als Flüchtlingsunterkunft stehen die Wohnungen allen Interessenten mit Wohnberechtigung offen. Die Bedarfsgruppen haben dann ein Vorschlagsrecht“, sagte Behördensprecher Julian Boy. Die Wohnungsunternehmen hätten allerdings signalisiert, dass sie grundsätzlich daran interessiert seien, „Angehörige der Bedarfsgruppen“ mit Wohnraum zu versorgen.
Verein Mieter helfen Mietern sieht Vorgang kritisch
Der Verein Mieter helfen Mietern reagierte mit Befremden auf die Kooperationsvereinbarung von Stadt und Zoll. Geschäftsführerin Sylvia Sonnemann: „Es ist nicht nachvollziehbar, warum die Berufsgruppe der Zollbeamten bevorzugt werden soll. Der Ansatz, dafür zu sorgen, dass Menschen, die für die Daseinsvorsorge unentbehrlich sind, eine bezahlbare Unterkunft erhalten, ist ja nachvollziehbar. Aber warum dann nicht Krankenschwestern, Altenpfleger und Feuerwehrleute privilegieren? Das erscheint mir angesichts der Einkommensverhältnisse in diesen Berufsgruppen sogar noch naheliegender.“
Behördensprecher Boy erklärte, zum derzeitigen Zeitpunkt sei „keine Bedarfsgruppe ausgeschlossen. Es können auch andere Gruppen Bedarfe anmelden.“ Nach welchen Kriterien ausgewählt werde, blieb offen.