Hamburg. Das Erzbistum und die Schulgenossenschaft können sich nicht auf ein Modellprojekt für katholische Schulen einigen.

Alles schien auf einem guten Weg zu sein: Das Erzbistum und die Initiative zur Gründung der Hamburger Schulgenossenschaft (HSG) waren sich Mitte April bei den Gesprächen über die Zukunft der katholischen Schulen so einig wie nie. „Ich möchte eine langfristige und tragfähige Übernahme gemeinsamer Verantwortung für das katholische Schulwesen in Hamburg“, streckte Erzbischof Stefan Heße die Hand weit in Richtung HSG aus. „Wir erproben ein Modell gemeinsamer Verantwortung mit dem Ziel, das größtmögliche Schulwesen in Hamburg anzubieten“, sagte Generalvikar Ansgar Thim nach einem gemeinsamen Workshop Anfang Mai.

Doch nach einem Treffen der Spitzen beider Seiten Dienstagvormittag war der Stimmungsknick offenkundig. Einmal mehr droht der schwierige Verhandlungsprozess zu scheitern. Ohne Ergebnis ging die Steuerungsgruppe auseinander: Heße und Thim auf der einen Seite, Ex-Justiz-Staatsrat Nikolas Hill und Ex-Bildungs-Staatssekretär Ludwig Hecke aus Nordrhein-Westfalen auf der anderen. Das Ziel der Genossenschaft, alle 21 katholischen Schulen zu erhalten, ist in weite Ferne gerückt.

Unterschiedliche Vorstellungen

Die Vorstellungen darüber, wie das gemeinsame Modellprojekt für den dauerhaften Erhalt katholischer Schulen aussehen könnte, gehen sehr weit auseinander. Nach Informationen des Abendblatts präzisierte die HSG in der Sitzung ihren Vorschlag, die vier katholischen Schulen im Süderelberaum („Südelbien“) in ihre Regie zu übernehmen, wobei das Erzbistum Schulträger bleiben soll: das Niels-Stensen-Gymnasium in Harburg, die Katholischen Schulen Harburg und Neugraben sowie die Bonifatiusschule in Wilhelmsburg. Diese Standorte liegen im Bereich des früheren Erzbistums Hildesheim, weswegen auch vom Modell „Hildesheim“ die Rede ist.

Kommentar: Findet endlich eine Lösung!

Aus Sicht der Schulgenossenschaft bietet diese Variante den Vorzug eines relativ geschlossenen Einzugsraumes und enthält alle Schulformen: Die Schüler können von der katholischen Grundschule auf ein Gymnasium oder eine Stadtteilschule gleicher Prägung wechseln, bleiben also innerhalb des Systems. Darüber hinaus treffen die Überlegungen der Schulgenossenschaft auf breite Akzeptanz unter Lehrern, Schülern und Eltern. Das Niels-Stensen-Gymnasium, das nach dem Willen des Erzbistums geschlossen werden soll, hat sich bereits ausdrücklich zur Übernahme durch die HSG bereiterklärt. Die katholische Kirche hatte Anfang des Jahres verkündet, bis zu acht der 21 katholischen Schulen aus
finanziellen Gründen zu schließen.

Modellprojekt „Sophiencampus“

Das Erzbistum legte der HSG dagegen das Modellprojekt „Sophiencampus“ vor. Dabei handelt es sich um das Gelände der Sophienschule in Barmbek, die allerdings durch das Engagement eines Investors erweitert werden soll. Gedacht sind Erweiterungsbauten, die der Schule zugutekommen würden, aber auch dem Wohnungsbau dienen. Der Plan sieht offensichtlich vor, dass die Franz-von-Assisi-Schule in Barmbek, wie vom Erzbistum ohnehin vorgesehen, geschlossen wird. Deren Schüler könnten dann Platz im erweiterten Sophiencampus finden. Möglicherweise wird auch daran gedacht, Schüler aus St. Georg, die derzeit die ebenfalls von Schließung bedrohte Domschule besuchen, aufzunehmen.

Aus Sicht der HSG dürfte es unattraktiv sein, den Sophiencampus zu betreiben, weil damit Schulschließungen zementiert würden, die die Genossenschaft gerade verhindern will. Zudem ist das Investorenmodell unabhängig von der HSG entstanden, würde also auch ohne sie funktionieren.

Erzbistum schätzt Lage nicht so dramatisch ein

Eine weitere Idee der HSG ist, die von Schließung bedrohte Katholische Schule Altona in ihre Regie zu übernehmen und dort eine Doppelqualifikation mittlere Reife/Berufsqualifikation anzubieten. Schüler könnten in Kooperation mit benachbarten Einrichtungen der Malteser und von „Pflegen & Wohnen“ zu Pflegehelfern ausgebildet werden.

„Die Gespräche über die Zukunft der katholischen Schulen zwischen der Schulgenossenschaft und dem Erzbistum sind an einem kritischen Punkt angekommen. Auch im Hinblick auf das immer enger werdende Zeitfenster braucht man schon etwas Fantasie und Gottvertrauen, um noch an ein Gelingen zu glauben“, sagte Hinrich Bernzen, Sprecher der HSG. „Es bleibt die Hoffnung, dass letztendlich der Erzbischof – wie er es schon beim gemeinsamen Workshop getan hat – eine gute Entscheidung trifft.“

Manfred Nielen, der Sprecher des Erzbistums, sieht die Lage als nicht so dramatisch an. „Wir sind auf dem Weg. Es gibt noch viele offene Fragen, an denen wir arbeiten“, sagte Nielen.