Hamburg. 2007 wurde der erste Jet an Singapore Airlines übergeben. Nun ist der Leasing-Vertrag ausgelaufen. Folge: Es gibt keine Abnehmer.
Die Maschine sollte die „Königin der Lüfte“ sein und ein „neues Kapitel in der Luftfahrtgeschichte“ aufschlagen – so euphorisch äußerten sich am 15. Oktober 2007 die Hauptdarsteller. Chew Choon Seng hatte gerade als Verantwortlicher für Singapore Airlines in Toulouse den ersten A380 von Airbus-Chef Tom Enders erhalten. Gut zehn Jahre später ist die Begeisterung Ernüchterung gewichen. Die asiatische Airline ließ den Leasingvertrag für das größte Passagierflugzeug der Welt schon vor Monaten auslaufen. Das Fondshaus Dr. Peters Group suchte einen neuen Abnehmer – vergeblich. Am Dienstag zog es die Konsequenzen.
Nach umfangreichen und intensiven Verhandlungen mit verschiedenen Airlines wie British Airways, Hi Fly aus Portugal und Iran Air habe man sich für einen Komponentenverkauf entschieden, teilte das Dortmunder Fondshaus mit. Die Maschine wird also zerlegt und soll in ihren Einzelteilen zu Geld gemacht werden – im Klartext: Sie wird verschrottet. Dieses Schicksal soll nicht nur den A380 aus dem Oktober 2007 ereilen, sondern auch einen weiteren im Januar 2008 ausgelieferten. Dr. Peters hatte für die beiden rund 200 Millionen Dollar teuren Flugzeuge die Fonds 129 und 130 aufgelegt, die von Anlegern finanziert wurden. Beide Jets wurden an Singapore Airlines verleast. Weder ein neuer Leasingvertrag noch ein Verkauf sei zu akzeptablen Bedingungen möglich gewesen, hieß es.
Auftragspolster ist geschmolzen
„Der Markt für den Flugzeugtyp A380-800 hat sich in den vergangenen Jahren nicht positiv entwickelt“, sagt Anselm Gehling, Chef der Dr. Peters Group. Man könnte auch sagen: Der Markt lag am Boden. Das Auftragspolster schmolz, jahrelang versuchte Airbus neue Kunden für sein Flaggschiff zu gewinnen. Letztlich stand die Produktion des Riesenjets vor dem Aus.
Nach rund dreijähriger Flaute kam in diesem Januar endlich wieder ein Auftrag. Hauptabnehmer Emirates bestellte 20 Maschinen fest und sicherte sich eine Option über weitere 16 Stück. Nach dem Milliardenauftrag aus Dubai sicherte der Flugzeugbauer zu, den Flieger bis Mitte der 2020er-Jahre herzustellen – allerdings wird im Gegenzug die Fertigung gedrosselt. Statt 15 Maschinen im vergangenen Jahr sollen ab 2020 nur noch sechs Stück pro Jahr hergestellt werden. Diese „permanente negative Diskussion über den A380-800“ habe nicht dazu geführt, dass Airlines vermehrt auf diesen Flugzeugtyp zurückgriffen, sagte Gehling.
Starke Konkurrenzmodelle
Zumal sowohl der US-Erzrivale Boeing mit der 787 und der geplanten 777-x als auch Airbus mit dem A350 starke Konkurrenzmodelle für Langstrecken entwickelten. Diese Großraumflugzeuge weisen einen höheren Anteil an Kohlefaserverbundwerkstoffen auf. Das Material ist leichter und robuster als Aluminium. Zudem werden sie jeweils mit nur zwei Triebwerken angetrieben, während der A380 vier Aggregate hat und damit auf höhere Betriebskosten kommt. Vor diesem Hintergrund habe man ein gutes Ergebnis für die Anleger erzielt, so Dr. Peters.
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Die Investoren sollen in den nächsten zwei Jahren weitere hohe Zahlungen erhalten – wenn die Komponenten verkauft wurden. Das soll der Weltmarktführer VAS Aero Services erreichen, der diesen Auftrag erhielt. Jede Fondsgesellschaft soll daraus Erlöse von 45 Millionen US-Dollar (38 Millionen Euro) bekommen. Grund für die hohe Bewertung sei, dass zahlreiche A380-Betreiber wegen anstehender Wartungsintervalle einen hohen Bedarf an einzelnen Ersatzteilen haben werden. Die Triebwerke sollen vorerst weiter vermietet und Ende 2020 verkauft werden. Hauptkomponenten wie Fahrwerk und Hilfstriebwerk könnten „sehr schnell“ verkauft werden, so Dr. Peters. Daher rechne man bereits im ersten Quartal 2019 mit einer ersten Auszahlung an Kunden.
„Der Markt hat sich gedreht“
Insgesamt sollen die Anleger ihren Einsatz mehr als zurückbekommen. Man erwarte einschließlich bereits realisierter Währungskursgewinne und geleisteter Rückzahlungen einen Gesamtrückfluss von 145 bis 155 Prozent. „Wir sind sicher, dass wir mit diesem Konzept die aktuellen Erwartungen unserer Investoren sehr zufriedenstellen und womöglich sogar übertreffen können“, sagte Gehling: „Das war und ist unser Hauptziel.“ Ob die Investoren das auch so sehen, zeigt sich am 28. Juni. Dann entscheiden sie auf einer Gesellschafterversammlung darüber.
„Zustimmen“, lautet die eindeutige Empfehlung von Tilman Welther, Chefredakteur des Branchendienstes „Fondstelegramm“. Zwar sei der Kapitalrückfluss durch Einbeziehung der Währungsgewinne ein wenig schöngeredet. Und die versprochene Rendite von acht Prozent jährlich und ein hoher Exit-Erlös seien nicht erzielt worden. Das sei allerdings der gesamten Entwicklung seit Auflage der Flugzeugfonds geschuldet. „Der Markt hat sich gedreht und ist sehr schwierig geworden“, sagte Welther. „Insgesamt hat Dr. Peters ein kluges Konzept vorgelegt.“
Sehen die Anleger dies auch so, bleibt die erste „Königin der Lüfte“ im Liniendienst nach zehn Jahren für immer am Boden. Normalerweise fliegen solche Langstreckenjets mindestens doppelt so lang – auch das ist eine Notiz im Buch der Luftfahrtgeschichte wert.