Hamburg. Die ersten A380-Maschinen könnten schon bald als Ersatzteillager dienen. Es mangelt an Interessenten.

Die asiatische Fluggesellschaft Singapore Airlines findet auf ihren Internetseiten nur lobende Worte zum Airbus A380: Der größte Verkehrsjet der Welt setze „neue Maßstäbe für den modernen Fluggastkomfort“, heißt es da. Voller Stolz hatte die Airline im Jahr 2007 als erster Betreiber den Liniendienst mit den doppelstöckigen Luftriesen aufgenommen.

Doch mindestens einer dieser ersten A380 von Singapore droht jetzt als Ersatzteillager ausgeschlachtet zu werden. Denn das Unternehmen will vom Oktober an fünf der ältesten Jets dieses Typs mit dem Auslaufen der Leasingverträge an die Eigner zurückgeben – und die tun sich offensichtlich schwer, neue Kunden dafür zu finden.

Ersatzteile vermarkten

Vier der betroffenen Jets gehören dem Dortmunder Fondshaus Dr. Peters, dessen Chef Anselm Gehling nun erwägt, sie in Einzelteilen zu verkaufen. Für die Maschinen gebe es drei Optionen, sagte Gehling dem Abendblatt: „Entweder finden wir einen neuen Leasingnehmer oder wir verkaufen sie. Die dritte Möglichkeit besteht darin, Ersatzteile aus den Maschinen zu vermarkten.“ Damit lasse sich vermutlich der gleiche Preis erzielen wie mit dem Verkauf des gesamten Jets, so Gehling, „denn es gibt deutlich zu wenig Ersatztriebwerke für A380-Maschinen“.

Insgesamt haben 25.000 Anleger über Dr. Peters neun der Großflieger finanziert, vier für Singapore Airlines und fünf für Air France. Mit Blick auf die Investoren ist es verständlich, dass die Dortmunder kein Interesse daran haben, die Jets ungenutzt zu lassen: „Die Fonds haben eine Laufzeit von 15 Jahren, aber sie können vorher aufgelöst werden, wenn jemand die Flugzeuge kaufen möchte“, erklärt Gehling.

Junge Flotte im Visier

Zwar will Singapore Airlines nach den Worten von Unternehmenschef Goh Choon Phong auch in Zukunft an dem doppelstöckigen Jet festhalten. So werden die Asiaten in den nächsten Jahren fünf weitere A380 direkt von Airbus in Empfang nehmen. Ein Hinweis darauf, warum man sich von den älteren Maschinen jedoch trennen will, findet sich ebenfalls auf der Internetseite von Singapore Airlines: Die Fluggesellschaft wirbt damit, eine der jüngsten Flotten der Branche mit einem Durchschnittsalter von weniger als acht Jahren zu haben. Zum Vergleich: Die Maschinen der Lufthansa sind im Schnitt dreieinhalb Jahre älter.

Zudem verursachen Flugzeuge mit zunehmender Betriebsdauer generell auch höhere Wartungskosten. Doch die A380-Maschinen von Singapore Airlines, deren Leasingverträge demnächst enden, haben nach Angaben des Hamburger Luftfahrtexperten Heinrich Großbongardt ein besonderes Handicap: „Sie sind vergleichsweise schwer, später gebaute Maschinen aus der Serie haben eine viel bessere Leistung.“ Nach Großbongardts Einschätzung wird es sehr schwierig, einen neuen Betreiber für die Mega-Jets zu finden. „Nur ein einziger Chef einer Fluggesellschaft hat überhaupt einmal öffentlich Interesse an gebrauchten A380-Maschinen geäußert.“

Zu viele Sitzplätze?

Er meint Willie Walsh, den Chef der International Airlines Group (IAG), dem Konzerndach von British Airways und Iberia. „Wir haben Gespräche mit British Airways über Leasingverträge von A380-Jets geführt“, bestätigt Gehling. Außerdem stehe sein Team in Kontakt mit Langstrecken-Billigfliegern: „Für sie wäre ein A380 wegen der hohen Kapazität von mehr als 700 Passagierplätzen ein ideales Fluggerät.“ Großbongardt ist da skeptisch: „So viele Sitze zu füllen, fällt schwer.“

Es gibt allerdings noch eine weitere mögliche Anschlussverwendung für die Singapore-Airlines-Jets – und zwar am anderen Ende des Marktes: Die Genfer Luftfahrtberatungsfirma Sparfell & Partners bietet laut ihrer Web-Seite mehrere A380-Maschinen für den Umbau in luxuriöse Reiseflieger für Staatschefs an. Nach Angaben von Gehling stünden die vier Flieger von Dr. Peters zur Verfügung, falls sich ein Käufer aus dieser Zielgruppe fände.

Teurer Umbau

Das Problem an dieser Variante: „Es gibt niemanden, der einen solchen Umbau, der einen deutlich dreistelligen Millionenbetrag kosten würde, tatsächlich anbietet“, sagt Großbongardt. Die Zielgruppe sei schließlich sehr klein. Neben einem saudi-arabischen Prinzen hatte in den vergangenen Jahren auch der russische Oligarch Roman Abramowitsch Interesse an einem VIP-A380 bekundet, beide fanden aber offenbar keinen Ausstatter.

Es bleibt noch die Möglichkeit, dass Airbus selbst als Käufer der Singapore-Jets einspringt – um eine „Schmach“ abzuwenden, wie Großbongardt sagt: „Die möchten sicher nicht, dass ein A380 nach nur zehn Jahren zum Ersatzteillager wird.“