Hamburg. Unternehmer Joachim Doerks saniert den historischen Brandshof an den Elbbrücken. Dort entstehen Büros und zwei Restaurants.

Das „kleine Chilehaus“ – so wird der markante dunkle Backsteinbau an den Elbbrücken in Rothenburgsort schon mal genannt. Der in den 1920er-Jahren gebaute Verwaltungssitz einer damaligen Binnenschiffsreederei am Brandshofer Deich stand lange leer, Kulturveranstaltungen und Filmaufnahmen gab es in dem expressionistischen­ und denkmalgeschützten Eckgebäude aber immer einmal wieder. Und es zählte zu den letzten größeren Immobilien des früheren Rote-Flora-Eigentümers Klausmartin Kretschmer, der in viele solche besondere Gebäude investiert hatte, zuletzt aber in Zahlungsprobleme geriet. Wie die Rote Flora oder die Riverkasematten wurde daher auch dieses Haus durch einen Insolvenzverwalter verkauft.

Neuer Eigentümer ist das Hittfelder Familienunternehmen von Joachim Doerks­, der vor ein paar Jahren schon den benachbarten alten Backstein-Lagerschuppen aus dem Insolvenzverfahren gekauft hatte. Insgesamt 25 Millionen Euro will Doerks in den Komplex investieren – wobei die alte Halle bereits weitgehend saniert ist und in diesen Tagen bezogen wird, wie er bei einem Rundgang zeigt.

Flair eines Fabriklofts

Im oberen Teil mit Blick auf HafenCity und Elbarme wird dort gerade ein Restaurant eingerichtet, das auch über eine Dachterrasse verfügen soll. Showräume eines Online-Möbel-Handels sind im Untergeschoss schon untergebracht, dazwischen weitläufige Büros verschiedener Unternehmen. Alle Geschosse haben das Flair eines Fabriklofts. Backsteinwände und weiß angestrichene Betondecken sind sichtbar geblieben, die Versorgungs­leitungen verlaufen nicht versteckt, sondern relativ offen an der Decke. Hier und da sind die mächtigen alten Schiebetore geblieben, selbst die alten Hallenkräne hängen noch als Deko an der Decke. Mal steht ein Rennrad zwischen den Bürotischen, woanders ist ein Tischkicker Zentrum des Büros.

Das Kontorhaus soll demnächst saniert werden, voraussichtlich 2019 schon könnten dort auch die ersten Mieter einziehen, sagt der 67 Jahre alte Unternehmer. „Das ist im Grunde ein grundsolides massives Backsteingebäude, so gut wird heute nicht mehr gebaut“, sagt er. Im unteren Teil plant Jo­achim Doerks ebenfalls ein Restaurant, darüber wieder Büros.

Wobei er gerade zu diesem Gebäude eine ganz besondere Beziehung hat, wie er sagt. Und das hat mit der Geschichte Doerks zu tun, der eigentlich aus der Lebensmittelbranche kommt. Seine Eltern besaßen ein Lebensmittelgeschäft in Elmshorn, er selbst lernte Bankkaufmann. Dem Beruf kehrte er aber nach einem halben Jahr den Rücken, sein kaufmännisches Talent blieb. Schon mit Anfang 20 machte er sich am Großmarkt mit einem Fruchtpack­betrieb selbstständig und baute den Lebensmittelhandel immer weiter aus. Er importierte Nüsse, ließ Kaffee rösten, und das inzwischen als Familienbetrieb geführte Unternehmen produziert auch Suppen und Eintöpfe.

Früher wurden dort Rosinen gelagert

Im Laufe dieser Karriere kam er früher oft hier an dem alten Schuppen vorbei, wo seinerzeit unter anderem Rosinen gelagert wurden. „Das alte Kontorhaus nebenan stand aber damals schon oft leer, das wollte ich immer gerne haben“, sagt Doerks und ist dabei schnell bei seinem zweiten Unternehmenszweig: der Sanierung von alten Fabriken oder Gewerbehöfen für eine neue Nutzung: Das erste Projekt hatte er als junger Mann bereits in seiner alten Heimatstadt Elmshorn umgesetzt und dort eine aufgegebene Margarinefabrik saniert, viele weitere Gebäude folgten. „Das bringt mir einfach Spaß – aus Schrott wieder irgendetwas zu machen“, sagt er. Wobei er die Immobilien nicht wieder weiterverkauft, sondern stets im Familienunternehmen belässt, wie er sagt.

Und mit dem Brandshof hat er nun wohl ein ganz besonderes Ensemble der Sammlung zugefügt. So umstritten Kretschmer – der sich selbst als Kultur-Investor bezeichnete, war, so entdeckte er aber immer wieder früh Potenziale von eher verlassenen Stadtteilen. Als die HafenCity GmbH das heutige Kreativviertel mit seinem alten Bahnschuppen am Oberhafen noch abreißen wollte, investierte er dort bereits. Unter anderem in die ebenso schiefe wie bekannte Oberhafen-Kantine.

Genauso am Brandshof: Etliche Jahre blieb dieser Teil der Stadt zwischen einem Baustofflager, Elbe und Einfallstraße eher unbeachtet: eine schrammelige Ecke, irgendwo am Rand des Hafens mit einem Gewirr­ aus Eisenbahn- und Straßenbrücken. Das hat sich geändert, heute führt ein breiter Radweg schnell ins Zentrum, die HafenCity wächst heran, Ende des Jahres nimmt der neue Doppelbahnhof Elbbrücken mit S- und U-Bahn seinen Betrieb auf, und quasi gegenüber soll mit dem Elbtower in einigen Jahren das höchste Gebäude der Stadt gebaut werden. Das „kleine Chilehaus“ wird dann mittendrin in diesem neuen Stück Hamburg stehen. Mit Kauf und Sanierung dürfte Joachim Doerks alles richtig gemacht haben.