Hamburg. Auf der Fläche der Zu- und Abfahrten im Billebogen-Quartier sollen Büros und Wohnungen entstehen. Anwohner dürfen mitreden.

Mehr als 120.000 Fahrzeuge überqueren täglich Hamburgs Elbbrücken und passieren dabei – wahrscheinlich ohne, dass es ihre Fahrer merken – ein Autobahnkreuz, dessen Anbindung an die Stadt nie wirklich fertiggestellt wurde. Dort, wo das Gebäude mit dem Mercedes­stern steht, kann der Autofahrer über die geschwungenen Autobahnabfahrten, sogenannte Autobahnohren, die Haupttrasse verlassen und in östlicher Richtung nach Rothenburgsort abbiegen. In westlicher Richtung endet die Straße an den Toren zum Großmarkt.

Jürgen Bruns-Berentelg, Chef der städtischen Billebogen Entwicklungsgesellschaft & Co. KG (BBEG), kündigte am Donnerstag an, dass die vier „Autobahnohren“ in den kommenden Jahren zurückgebaut und damit Platz für Büro- und Wohnbauten frei geben werden. „Bis zu 200.000 Quadratmeter Nutzfläche können dadurch gewonnen werden“, sagte Bruns-Berentelg. Die Kosten für den Rückbau wolle man über den Verkauf der Grundstücke finanzieren.

Der Geschäftsführer der HafenCity GmbH
Der Geschäftsführer der HafenCity GmbH © dpa | Daniel Bockwoldt

Städtebaulicher Wettbewerb im Herbst

Nach den Plänen aus den 50er-Jahren sollte der vom Süden kommende Verkehr über das Autobahnkreuz auf eine geplante Stadtautobahn in der Linie der damaligen Ost-West-Straße geführt werden. „Die ,Autobahnohren‘ waren für die Ostanbindung der Innenstadt gedacht“, sagte Bruns-Berentelg. Mit dem Bau der Großmarkthallen wurden die Pläne obsolet.

Die aktuellen Planungen für die östliche Seite seien so weit vorangeschritten, dass bereits im Herbst der städtebauliche Wettbewerb gestartet werden könne, so Bruns-Berentelg. Mit einem Planfeststellungsverfahren rechnet er für das kommende Jahr. Dann könnte der Rückbau 2019 starten.

Im Rahmen des Pressegesprächs wurde auch der Billebogen-Atlas vorgestellt. Damit unterbreite die Stadt den Anwohnern des Billebogens und den dort angesiedelten Unternehmen ein Gesprächsangebot über die Entwicklung des gut 79 Hektar großen Teils von Rothenburgsort, sagte Bruns-Berentelg. „Wir legen eine grundlegende Bestandsaufnahme vor.“ Wohin sich das Quartier am Ende entwickeln werde, sei noch unklar. „Das geht nur von unten.“ Ein städtischer Masterplan, der dem Gebiet übergestülpt würde, funktioniere hier nicht.

112 Seiten über ein unbekanntes Quartier

Weniger Wohnungsbau wegen Lärmbelastung

Vor dem Zweiten Weltkrieg lebten in dem Quartier rund 45.000 Menschen. Der Stadtteil habe sich von den massiven Zerstörungen durch die Bombenangriffe nie wieder erholt, sagte Bruns-Berentelg. Derzeit lebten im Billebogen rund 9200 Menschen. Der Geschäftsführer räumte ein, dass dieses Gebiet auch künftig kein Standort für umfangreichen Wohnungsbau sein werde. Dazu sei die Lärmbelastung durch Straßen und Bahnverbindungen zu hoch. Allerdings böten sich hier Möglichkeiten für „urbane Produktion“ an – zum Beispiel aus den Bereichen Nahrungsmittel und Pharmazie.

Bruns-Berentelg verwies auf den „Neuen Huckepackbahnhof“ – ein früherer Rangierbahnhof zwischen Billhorner Brückenstraße und Billstraße. Dessen Konzept von der „gestapelten Produktion“ auf mehreren Ebenen solle helfen, bis zu 3000 hochwertige Arbeitsplätze zu schaffen. Den Anfang machten die Werkstätten und der Kulissenfundus der Staatsoper, sagte Bruns-Berentelg. Eine Gentrifizierung des Gebietes fürchtet er nicht – davor „schützten“ der Verkehrslärm und die Verkehrsinfrastruktur.

Der Billebogen-Atlas und eine Ausstellung zum Thema werden heute um 18 Uhr in der Galerie A.TE.M., Alte Bananenreiferei Brandshof, Billhorner Röhrendamm 16, präsentiert.