Hamburg. Das Unternehmen investiert in Standorte europaweit – auch das Geschäft am Jungfernstieg wird moderner.

Kim-Eva Wempe empfängt das Abendblatt im Stammhaus des bekannten Juweliers an der Steinstraße. Seit dem Jahr 1923 ist das Kontorhaus bereits die Zentrale des Hamburger Unternehmens mit weltweit 34 Niederlassungen. Damit gehört Wempe zu den Top Ten der Schmuck- und Uhrenbranche. Nach Umsatz belegt man sogar Rang sieben – und das als reines Familienunternehmen. Hinter den meisten großen Konkurrenten stehen dagegen internationale Konzerne oder Investmentfonds. Doch Kim-Eva Wempe will sich als geschäftsführende Gesellschafterin auf diesem Erfolg nicht ausruhen – und kündigt gegenüber dem Abendblatt an: „Wir expandieren weiter – mit Augenmaß an den umsatzstärksten Standorten.“

In diesem Zusammenhang ist vor allem Hamburg für Kim-Eva Wempe eine „Herzensangelegenheit“. Schließlich ist die zweitgrößte Stadt der Republik ihre Heimat – und das Unternehmen wird von der Elbe aus gelenkt. So soll unter anderem das Geschäft am Jungfernstieg „aufwendig modernisiert“ werden. „Es gibt auch schon erste Planungen“, sagt die Chefin – ohne aber mehr verraten zu wollen. Schon zuvor hatte Wempe viel Geld in die Hamburger Standorte gesteckt. Am Neuen Wall wurde 2016 eine Dependance der Uhrenmarke Patek Philippe eröffnet und direkt nebenan im vergangenen Jahr eine Rolex-Boutique. Wenige Meter weiter am Jungfernstieg steht zudem seit 1972 der Flagship-Store des Juweliers: „Wir haben weltweit 34 Geschäfte – aber hier wird der höchste Umsatz mit Schmuck gemacht“, sagt Kim-Eva Wempe nicht ohne Stolz.

Acht Standorte im Ausland

Doch nicht nur in Hamburg bewegt sich etwas. Die Niederlassung in einem Jugendstilhaus am Kurfürstendamm in Berlin wird von 385 auf 859 Quadratmeter erweitert und soll im Spätsommer oder Herbst wiedereröffnet werden. Hier liegt die Investition allein im zweistelligen Millionenbereich. Zudem wird das Geschäft an der New Bond Street in London vergrößert, der Umbau soll im Juni abgeschlossen sein. In Stuttgart steht im Spätsommer der Umzug von der Königstraße in die Kirchstraße an. Die neue Fläche hat rund 700 Quadratmeter, etwa 250 Quadratmeter mehr als die bisherigen Räume, und erstreckt sich über zwei Etagen.

Im Ausland hat Juwelier Wempe insgesamt acht Standorte, darunter eine Niederlassung an der berühmten Fifth Avenue in New York. Auch in Paris, Madrid und Wien gibt es Niederlassungen. Aber wie sieht es mit einer weiteren Expansion im Ausland aus? Italien ist zum Beispiel noch ein weißer Fleck auf der Landkarte der Hamburger Kaufleute. Dem Vernehmen nach würde Hellmut Wempe, der bis heute regelmäßig in der Zentrale an der Steinstraße vorbeischaut, diesen Schritt begrüßen.

Aufbau eines digitalen Vertriebssystems

Auch Kim-Eva Wempe ist nicht abgeneigt. Aber bei ihr siegt derzeit noch die Vernunft: „Natürlich würde ich gerne in Italien ein Geschäft eröffnen. Aber das wäre Liebhaberei und keine kluge kaufmännische Entscheidung. Denn dort gibt es bereits zahlreiche alteingesessene Juweliere.“ Ein Thema für das Traditionsunternehmen ist neben der Modernisierung und Erweiterung von Filialen auch der Aufbau eines modernen digitalen Vertriebssystems. Dabei geht es vor allem darum, den Kunden online ergänzende Dienst- und Serviceleistungen anzubieten, sagt Kim-Eva Wempe.

Die Zukunft steht also für Expansion und Wachstum – und was war in der jüngsten Vergangenheit? Da gab es einige Gründe zum Feiern. Schließlich wurde das Unternehmen am 5. Mai 140 Jahre alt, und Hellmut Wempe, der die Geschäfte vor 15 Jahren an seine Tochter Kim-Eva übergeben hatte, beging Ende April seinen 86. Geburtstag. Zudem gab es noch einen weiteren Grund zum Anstoßen: Das Unternehmen machte im vergangenen Jahr nach Abendblatt-Informationen erstmals in seiner Geschichte einen Umsatz von mehr als einer halben Milliarde Euro, exakt 501,7 Millionen Euro.

Generationswechsel am Jungfernstieg

In den vergangenen zehn Jahren wurde der Umsatz somit mehr als verdoppelt. Denn 2007 waren es noch 242 Millionen Euro. „Natürlich bin ich stolz darauf, dass die Umsätze seit Jahren kontinuierlich steigen und wir damit die finanziellen Mittel für einen Ausbau unserer geschäftlichen Aktivitäten haben. Das zeigt, dass uns die Kunden vertrauen und dass wir erstklassige Produkte in unserem Portfolio haben“, sagt Kim-Eva Wempe. Aber der Erfolg sei in erster Linie den eigenen Mitarbeitern zu verdanken. Und die sind offenbar treu. „Zahlreiche Mitarbeiter sind uns seit Jahrzehnten verbunden, und jetzt bauen wir die nächste Generation auf“, sagt Kim-Eva Wempe. Die Zahl der Angestellten ist in den vergangenen zehn Jahren um rund 250 auf 763 gestiegen.

Und dennoch steht ein ganz besonderer Generationswechsel in der so wichtigen, weil prominent gelegenen Filiale am Jungfernstieg an: Christa Kubsch geht in Kürze in den Ruhestand. 48 Jahre lang war die 63-Jährige für das Unternehmen tätig, davon 36 Jahre als Geschäftsführerin am Jungfernstieg. Philipp Steeg wird ihr Nachfolger. Er ist 27 Jahre jung – und hat selbstverständlich bei Wempe gelernt.