Hamburg. Immer mehr Kunden fragen nach der Herkunft des Goldes. Goldschmied Thomas Becker baut im Kongo jetzt ein eigenes Projekt auf.
In jeder kleinen Dose ist Gold, das sich durch seine Herkunft unterscheidet. Manchmal sind es nur feine Goldkörner, mitunter aber auch Nuggets. Für die Kunden von Goldschmiedemeister Thomas Becker wird die Herkunft des Edelmetalls immer wichtiger. „Konventionell gewonnenes Gold kaufen wir schon lange nicht mehr“, sagt Becker. Entweder wird Gold durch Recycling wiederverwendet, sogenanntes Identitätsgold mit einem klaren Herkunftsnachweis, oder fair gehandeltes Gold zu Schmuck verarbeitet.
Jetzt wird Becker seinem kleinen Döschen, die vor allem Identitätsgold aus Frankreich, Finnland oder deutschen Flüssen wie Main, Rhein oder Elbe enthalten, ein weiteres Behältnis hinzufügen. Darin wird dann fair gefördertes Gold aus dem Kongo sein, ein Land, das in einigen Regionen noch immer von bürgerkriegsähnlichen Konflikten erschüttert wird. Becker ist der erste Goldschmied, der ein solches Projekt zusammen mit Hilfsorganisationen selbst organisiert hat.
Das erste fair geförderte Gold kommt im April
Im April wird er in den Kongo in die Provinz Süd-Kiwu im Osten des Landes reisen, um das erste dort fair geförderte Edelmetall nach Hamburg zu bringen. Fair heißt für Becker eine Bezahlung über dem Weltmarktpreis und eine Förderung ohne Kinderarbeit und giftige Chemikalien. „Es werden einige Hundert Gramm sein“, sagt Becker. Die Menge ist ausbaubar. Inzwischen hat er erste Anfragen von Kollegen erhalten, denn das im Kongo geförderte Gold will er nicht nur selbst verarbeiten. „Immer mehr Kunden fragen nach der Herkunft des Goldes“, sagt Becker. Insbesondere bei Trauringen und Verlobungsringen, die wieder stark gefragt sind, spiele das eine große Rolle.
Doch Goldschmiede, die nur Gold mit klarem Herkunftsnachweis verarbeiten, sind noch die Ausnahme. Die Organisation Fair Trade listete 25 Verkaufsstellen in ganz Deutschland auf, in der Ringe aus Fair-Trade-zertifiziertem Gold verkauft werden. Auch in Hamburg sind es neben Becker nur wenige Goldschmiede wie Jan Spille oder Judith Lotter. Das Fair-Trade-Siegel kennzeichnet Produkte, bei deren Herstellung bestimmte soziale, ökologische und ökonomische Kriterien eingehalten wurden. Doch Becker reichte das nicht aus.
Das Fair Trade-Siegel reichte Becker nicht aus
Weder ist er mit der Anzahl der Projekte noch mit den Standards von Fair Trade völlig zufrieden, denn der Einsatz von giftigen Chemikalien ist dabei nicht ausgeschlossen. „Die Beschaffung von fairem Gold ist in der Tat schwierig“, bestätigt Edith Gmeiner von Fair Trade Deutschland. „Es gibt mit Madesca derzeit nur eine zertifizierte Gold-Förderung in Peru sowie eine in Kenia, die die Anforderungen erfüllt.“
Becker ist durch das katholische Hilfswerk Missio auf den Kongo gekommen. „Dort sind die Rahmenbedingungen für eine faire Goldförderung zwar schlechter als in anderen afrikanischen Ländern wie Tansania, aber die Unterstützung ist dort besonders nötig“, sagt Becker. Vor einem Jahr reiste er das erste Mal in das Land und besichtigte mehrere Goldminen. Entscheidend war, dass die Förderstätte überhaupt legal war und auf Kinderarbeit verzichtet wird. Unterstützung bekam er dabei von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, die Minen im Kongo zertifiziert, und der katholischen Menschenrechtsorganisation CDJP.
Mit acht Königen über den Goldpreis verhandelt
Als die Mine in der Provinz Süd-Kiwu gefunden war, musste Becker mit acht Königen, die in den Dörfern die Funktion eines Bürgermeisters haben, verhandeln. „Zunächst waren die Dorfhoheiten recht skeptisch“, sagt Becker. Aber er bot ihnen einen ordentlichen Preis: den Weltmarktpreis für Gold – zurzeit etwa 35 Euro pro Gramm – plus einen Aufschlag von 35 Prozent. Das ist deutlich mehr als bisher für fair gehandeltes Gold gezahlt wird.
Der Aufschlag setzt sich aus verschiedenen Bestandteilen zusammen, ein System, das sich Becker selbst ausgedacht hat: zehn Prozent Aufschlag für besseres Werkzeug, 15 Prozent für den Verzicht auf giftige Chemikalien wie Quecksilber und Cyaniden und weitere zehn Prozent für Infrastrukturprojekte in den beteiligten Dörfern. Damit soll die Trinkwasserversorgung verbessert werden.
Norderstedter versprechen Gold mit lückenlosem Nachweis
Während Becker bundesweit eine Vorreiterrolle einnimmt, bemühen sich andere mehr fair gehandeltes Gold den Schmuckgestaltern anzubieten. „Wir sind die einzige Scheideanstalt in Norddeutschland, die eine Zertifizierung durch das Fair-Trade-System haben“, sagt Reinhard Bochem, Geschäftsführer von Schiefer & Co., der ältesten Edelmetall-Scheideanstalt nördlich der Elbe. Die Hamburger verkaufen finnisches Gold, ein sogenanntes Identitätsmetall.
„Seine Herkunft ist lückenlos nachweisbar, und es wird nur durch Schwerkrafttrennung gewonnen, also ohne Chemikalien“, sagt Bochem. Mittlerweile vermarktet er ein Zehntel der gesamten finnischen Förderung an Identitätsgold. Das sind pro Jahr fünf Kilogramm. „Abnehmer sind kleine Goldschmiede mit aufgeklärten Kunden“, sagt Bochem. Das Gold ist 20 bis 30 Prozent teurer als konventionell gefördertes Edelmetall.
Elbgold ist dreimal so teuer wie handelsübliches Edelmetall
Fair gehandeltes Gold wird nicht einfach verschifft. Becker muss es aus dem Kongo selbst abholen. Vom Ostkongo wird er in Ruandas Hauptstadt Kigali reisen, um dort ein Flugzeug zu besteigen – kein ungefährlicher Job. Das Gold wird zwar in sogenannten Safebags verpackt, die mit einem GPS-Chip ausgestattet sind. Aber vor einem Überfall schützt das nicht. Zusammen mit Steuern und Zoll ist das Gold aus dem Kongo rund 50 Prozent teurer als konventionelle Ware. Doch der Aufschlag relativiert sich, weil die Schmuckstücke nur wenige Gramm wiegen und nicht aus reinem Gold bestehen. „Beim Preis sehe ich keine Probleme“, sagt Becker. „Denn ich verkaufe auch Schmuck aus Elbgold und das ist dreimal so teuer wie das handelsübliche Edelmetall.“