Hamburg. Gutachten geht von einer Erhöhung um mehr als 40 Prozent bis 2025 aus. Hafen belastet die Luftqualität in der Stadt immer mehr.

Der Lkw-Verkehr wird in Hamburg in den kommenden Jahren immer mehr ansteigen – und der Hafen wird zu einer immer größeren Belastung für die Luft in der Hansestadt. Das sind zwei zentrale Aussagen aus einem Gutachten, das die Firma IVU Umwelt GmbH jetzt zur Entwicklung der Schadstoffbelastung in Hamburg vorgelegt hat. Das 125 Seiten starke Papier, das mittlerweile auf Nachfrage eines Bürgers im Transparenzportal der Stadt veröffentlicht wurde, war eine wesentliche Grundlage für die Erstellung des neuen Luftreinhalteplans zur Senkung der Belastung mit Stickoxiden (NOx) in Hamburg bis 2025.

Nach der Untersuchung sinkt die Belastung der Luft mit dem Atemgift zwar bis 2025 überall unter den EU-Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft – und zwar vor allem durch die erhoffte schrittweise Modernisierung der Fahrzeugflotten. Zugleich macht das Gutachten aber deutlich, wie dramatisch der schwere Lkw-Verkehr zunehmen wird. Zwischen dem für die Berechnung gewählten Basisjahr 2014 und dem Jahr 2025 wird die Zahl der von schweren Lastkraftwagen zurückgelegten Straßenkilometer in Hamburg demnach von 650 Millionen auf 919 Millionen Kilometer steigen. Das entspricht einer Zunahme des schweren Lkw-Verkehrs um mehr als 41 Prozent binnen elf Jahren. Dabei nimmt die Geschwindigkeit des Wachstums sogar weiter zu: Allein in der Zeit zwischen 2020 und 2025 wächst der Lkw-Verkehr demnach um 21,3 Prozent.

Bessere Luft trotz Lkw-Zunahme

Zum Vergleich: Der Pkw-Verkehr nimmt laut dem Gutachten nach 2020 bis 2025 sogar um 0,5 Prozent ab. Insgesamt wächst er zwischen 2014 und 2025 nur noch um 1,5 Prozent. Der gesamte Straßenverkehr (Pkw, leichte und schwere Lkw, Linienbusse und Krafträder) nimmt zwischen 2014 und 2025 um noch etwa 5,1 Prozent zu. Dabei bezieht sich das IVU-Gutachten auf die jüngsten Verkehrsprognosen der Firma Argus für den Senat.

Dass die Belastung der Luft mit giftigen Stickoxiden dennoch deutlich abnimmt, hat mit der erwarteten Modernisierung der Fahrzeugflotten zu tun – und zwar vor allem bei den schweren Lkw. Weil die neueren Lkw immer weniger NOx ausstoßen, sinkt ihr Anteil an den Gesamt-Emissionen von 41 Prozent im Jahr 2014 laut Berechnungen des Umweltbundesamts auf nur noch 30,3 Prozent im Jahr 2025.

Roll- und Rangiergeräusche oft lauter als Motoren

Dass die massive Zunahme des Lkw-Verkehrs gleichwohl eine Belastung für die Stadt sein kann, zeigen nicht nur immer neue, oft tödlich endende Unfälle mit großen Fahrzeugen – wie zuletzt an der Osterstraße. Auch würde etwa die Lärmbelastung selbst bei einer Elektrifizierung von Lkw nach manchen Studien kaum sinken – da Roll- und Rangiergeräusche bei innerstädtischen Geschwindigkeiten oft lauter seien als die der Motoren.

Die Sprecherin der Wirtschafts- und Verkehrsbehörde, Susanne Mei­necke, betont zwar, dass die Prognosen auf den Erwartungen der Hafenentwicklung beruhten – und „eher hoch angesetzt“ seien. Zudem würden „diese prognostizierten zusätzlichen Dieselschwerlastverkehre im Wesentlichen über den Hafen, die A 7 und A 1 abgewickelt“, so Meinecke. „Im innerstädtischen Verkehr wirken sie sich kaum aus.“ Eine Senatsantwort auf eine Anfrage des damaligen FDP-Bürgerschaftsabgeordneten Wieland Schinnenburg zeichnete allerdings im vergangenen Jahr ein anderes Bild. Von insgesamt 151.000 werktäglichen Fahrten von Lkw (schwerer als 3,5 Tonnen) führten 136.000 über Stadtstraßen (also nicht über Autobahnen).

„Der Lkw-Verkehr in Hamburg gehört zu den großen Umweltproblemen dieser Stadt“, sagt denn auch der Hamburger Geschäftsführer des Bunds für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Manfred Braasch. „Lärm und Luftschadstoffe durch Lkw schränken die Lebensqualität ein, machen Leute sogar krank. Die Wirtschaftsbehörde geht das Problem nicht mal halbherzig an, auf ein Lkw-Führungskonzept für die Stadt warten wir seit Jahren.“ Für den Hafen gebe es „nur lächerliche, freiwillige Vorgaben, andere Häfen wie Rotterdam machen es vor und lassen nur noch Lkw mit Euro VI einfahren“, so Braasch. „Es wird Zeit, dass der weiter zunehmende Lkw-Verkehr in den Fokus der Hamburger Verkehrs- und Umweltpolitik rückt.“

Schiffe pusten immer mehr Gift in die Luft

Neben der wachsenden Belastung durch Lkw wird durch das IVU-Gutachten auch etwas anderes deutlich: Der Hafen wird zu einer immer größeren Belastung für die Luftqualität in der Stadt. Während der Ausstoß des Atemgifts durch Straßenverkehr, Industrie, Land- und Bauwirtschaft bis 2025 sinkt oder wenigstens nicht weiter steigt, pusten Schiffe und die Hafenbahn immer mehr Gift in die Luft. Lag der NOx-Ausstoß der Schiffe im Jahr 2014 in Hamburg noch bei 7946 Tonnen, so werden es im Jahr 2025 bereits 8433 Tonnen sein. Das entspricht einer Zunahme von 6,1 Prozent. Auch die Hafenbahn wird immer schneller zur großen Dreckschleuder: Ihr NOx-Ausstoß steigt von 258 Tonnen im Jahr 2014 auf 372 im Jahr 2025 – eine Zunahme von 44,1 Prozent. Die Belastung durch den Flugverkehr wächst ebenfalls stark. Sie steigt zwischen 2014 und 2025 von 442 auf 688 Tonnen NOx, was einer Zunahme um 55,7 Prozent entspricht. Zum Vergleich: Die Belastung mit Stickoxiden durch den Kfz-Verkehr geht im selben Zeitraum um satte 60 Prozent zurück.