Hamburg. Die Urteilsbegründung des Gerichts führt vielleicht dazu, dass deutlich weniger Autos von dem Verbot betroffen sind.

Deutschlands erstes Fahrverbot für Diesel-Pkw könnte später als geplant kommen – und deutlich weniger Fahrzeuge betreffen. Grund: Den Hamburger Behörden fehlt nach wie vor die Begründung zu dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVG) vom Februar, das die rechtliche Basis für das Fahrverbot liefert. „Scharf gestellt wird das Fahrverbot in Hamburg erst, wenn uns die schriftliche Urteilsbegründung vorliegt“, sagt Björn Marzahn, der Sprecher der Umweltbehörde.

Unklar ist, ob sie noch vor dem von der Behörde anvisierten Termin für die „Scharfstellung“, am 24. Mai in der Woche nach Pfingsten, fertig wird. Derzeit arbeiten die BVG-Richter an dem Text. In der Pressestelle des Bundesverwaltungsgerichts hieß es am Freitag, die Begründung solle eigentlich „Mitte Mai“ vorliegen. „Es kann aber auch sein, dass es etwas länger dauert“, sagte eine Sprecherin.

Gebot der Verhältnismäßigkeit

Die Urteilsbegründung ist deshalb wichtig, weil sie unter Umständen Folgen für das Durchfahrverbot in der Max-Brauer-Allee haben könnte. Es geht um die Frage, ob es für Dieselfahrzeuge bis einschließlich der Euro-5-Abgasnorm gilt oder nur für Fahrzeuge bis zur (schlechteren) Euro-4-Norm. In diesem Fall wären erheblich weniger Diesel-Pkw von dem Verbot betroffen. „Von der Urteilsbegründung hängt ab, ob das Verbot nur bis einschließlich Klasse 4 geht oder die Klasse 5 mit einbezieht“, bestätigt Marzahn.

Die BVG-Richter hatten sich in dem Verfahren mit erstinstanzlichen Urteilen der Verwaltungsgerichte Düsseldorf und Stuttgart beschäftigt. Es ging um die Frage, ob Städte Fahrverbote verhängen können, um damit zu erreichen, dass sich die Luftverschmutzung verringert und die Grenzwerte für Stickstoffdioxid eingehalten werden. Das BVG hat das grundsätzlich bejaht – aber die Städte aufgefordert, dabei das Gebot der Verhältnismäßigkeit zu wahren. Wie eine solche Wahrung aussehen könnte, lässt sich in der Pressemitteilung zum Urteil vom 27. Februar nachlesen.

Aufkleber sind schon bestellt

Dort heißt es, hinsichtlich der Umweltzone Stuttgart sei „eine phasenweise Einführung von Verkehrsverboten, die in einer ersten Stufe nur ältere Fahrzeuge (etwa bis zur Abgasnorm 4) betrifft, zu prüfen“. Und weiter: „Zur Herstellung der Verhältnismäßigkeit dürfen Euro-5-Fahrzeuge jedenfalls nicht vor dem 1. September 2019 mit Verkehrsverboten belegt werden.“

Die Frage ist nun, ob diese Regeln nur für die Stuttgarter Umweltzone gelten, die bereits seit 2008 besteht und den Stadtkern umfasst, oder ob sie auch auf ein Verbot angewendet werden müssen, das wie in der Max-Brauer-Allee nur einen 580 Meter langen Straßenabschnitt betrifft. „Wir glauben, dass die Aussagen des Gerichts auf unser Verbot nicht zutreffen“, sagt Marzahn.

Aber die Behörde ist für alle Fälle gerüstet. Die Aufkleber für die Verbotsschilder sind schon bestellt. Es gibt eine Euro-4- und eine Euro-5-Variante. Laut Kraftfahrtbundesamt waren in Hamburg zum Jahresanfang 264.406 Diesel-Pkw zugelassen. Davon erfüllten 96.356 Wagen die (sauberste) Euro-6-Norm. 80.803 hatten die Euro-5-Norm, die anderen Euro 4 und schlechter. Das BVG-Urteil dürfte also für mindestens 80.803 Autofahrer interessant sein.