Hamburg. Der rot-grüne Senat hinke der dynamischen Entwicklung bei Wohnungsbau und der Zuwanderung hinterher.

Es war eine von vielen seit Langem erwartete Nachricht: Ende März kündigte Schulsenator Ties Rabe (SPD) den Bau von sieben neuen Schulen in den kommenden Jahren an – davon allein drei Grundschulen im Bezirk Altona. Die Gesamtzahl der Schüler an den allgemeinbildenden Schulen ist seit 2011 um 15.000 gestiegen. „Dieser Anstieg ist ungebremst“, sagte Rabe.

Allein bezogen auf das Kerngebiet Altona mit seinen zahlreichen großen Neubaugebieten wie der Neuen Mitte bedeutet das: Wurden 2012 noch 900 Erstklässler eingeschult, werden es im nächsten Schuljahr 1150 Jungen und Mädchen sein. Von 2023 an rechnet die Schulbehörde mit einer jährlichen Zahl von Erstklässlern zwischen 1300 und 1600. Der Raumbedarf steigt von 42 ersten Klassen (2012) auf mehr als 70.

Altona „nur die Spitze des Eisbergs“

Birgit Stöver, schulpolitische Sprecherin der CDU-Bürgerschaftsfraktion, und Kaja Steffens, CDU-Fachsprecherin im Ausschuss Kultur und Bildung der Bezirksversammlung Altona, halten den Schulneubau für dringend erforderlich, auch wenn er aus ihrer Sicht zu spät erfolgt. „Den großen Anstrengungen des Senats beim Wohnungsbau folgten keine entsprechenden Anstrengungen beim Bau neuer Schulen“, sagt Stöver. „Altona ist nur die Spitze des Eisbergs.“ Die Investitionen im Bereich Schulbau seien in den vergangenen Jahren vor allem in den schulischen Ganztag, die Inklusion sowie Sanierung und Modernisierung geflossen.

Die aktuelle Planung ist sechs Jahre alt

Mindestens ebenso wichtig ist den CDU-Politikerinnen, dass eine Gesamtplanung fehlt. Der gültige Schulentwicklungsplan stammt aus dem Jahr 2012 und ist aus Sicht der CDU angesichts der dynamischen Entwicklung der Schülerzahlen in weiten Teilen überholt. „Die Rahmenplanung ist mangelhaft und bedarf einer Neuordnung. Der Senat hinkt in seinen Bemühungen hinterher“, heißt es in einem CDU-Bürgerschaftsantrag.

Derzeit seien rund 400 Schulcontainer aufgestellt. Doch nur die Hälfte dieser eigentlich als Provisorien vorgesehenen mobilen Bauten seien „mit Baumaßnahmen hinterlegt und der Ersatz terminiert“. Die im Antrag enthaltene Forderung, den SEPL unter anderem wegen wachsender Schülerzahlen, längerer Schulbesuchszeiten und zunehmender Beschulung von Flüchtlingskindern „durch Neuauflage beziehungsweise Anpassung weiterzuentwickeln“, wurde von der rot-grünen Mehrheit Mitte Januar abgelehnt.

Neue Gesamtplanung dauert bis zu zwei Jahren

Dass Rabe nun einzelne Schulneubauprojekte wie in Altona auch ohne aktualisierte Rahmenplanung startet, kritisiert die CDU. „Die Schulbehörde verkündet nur noch per ordre de mufti, wo zusätzliche Klassen eingerichtet werden sollen. Das öffentliche Beteiligungsverfahren, das bei einem neuen SEPL eingehalten werden muss, wird dadurch ausgehebelt“, sagt Steffens.

„Es dauert erfahrungsgemäß bis zu zwei Jahren, einen neuen kompletten Schulentwicklungsplan zu erstellen und mit allen Behörden und Gremien in Hamburg zu erörtern“, sagt Schulbehördensprecher Peter Albrecht. Angesichts des dynamischen Wohnungsbaus und der deutlich gestiegenen und schwer vorhersehbaren Zuwanderung wäre der neue SEPL nach zwei Jahren schon wieder überholt. „Wir helfen den Schulen, Eltern und Kindern deutlich mehr, wenn wir jetzt unsere Arbeit machen und in den betroffenen Gebieten auf der Grundlage des bestehenden Planes Anpassungen vornehmen“, so Albrecht.

Kritik von Eltern

Der Sprecher schränkt die Bedeutung des Planungsinstruments ein. „Es war immer so, dass der SEPL Entwicklungsziele beschreibt, nicht aber Schulbaupläne in Stein meißelt“, sagt Al­brecht. Das wäre vor dem Hintergrund des Elternwahlrechts und seiner Folgen für die Raumkapazitäten an den Schulen auch gar nicht möglich. „Natürlich finden intensive Abstimmungsprozesse mit den Bezirken statt.“

In Altona stößt die Vorgehensweise der Behörde auch bei Eltern auf Kritik. Ende März gab die Behörde bekannt, dass sich der Neubau des Struensee-Gymnasiums um insgesamt vier Jahre verzögern werde und die Schule bis zur Fertigstellung in ein Ausweichquartier umziehen müsse. Den Elternrat der nahe gelegenen Louise-Schröder-Grundschule empörte vor allem, dass die Planänderungen erst nach der Anmelderunde für die weiterführenden Schulen öffentlich wurden. „Dies ist ein für uns unverständliches Vorgehen, und wir wünschen uns bei zukünftigen Entscheidungen und Planungen eine transparentere und diskursoffenere Vorgehensweise seitens der Behörde“, schrieb der Elternrat in einem Protestbrief an Rabe.