Hamburg. Betriebsräte drohen mit großer Protestaktion. Sie fürchten neuen Terminalbetreiber aus dem Ausland und den Wegfall von 400 Stellen.

Der Hamburger Hafen steuert auf unruhige Zeiten zu. Denn dass die Betriebsräte der großen Containerterminals von HHLA und Eurogate, der Betriebsrat des Gesamthafenbetriebs sowie die Gewerkschaft Ver.di gemeinsam gegen die Politik des Senats mobilmachen, das passiert selten. Und dass sie dabei auch noch die Rückendeckung ihrer Arbeitgeber haben, dürfte ein Unikum sein. Am Mittwoch luden die verschiedenen Betriebsräte zu einer gemeinsamen Pressekonferenz ein. Was sie dort zu sagen hatten, dürfte im Rathaus für Unruhe sorgen. „Strategisch sehen wir den Hafen in einer Krise. Verantwortlich sind dafür der Senat, die Wirtschaftsbehörde und die Hamburg Port Authority“, so HHLA-Konzernbetriebsratschef Norbert Paulsen.

Er vertritt in seiner Funktion 3700 Mitarbeiter. Für mindestens 400 von ihnen sieht er mittelfristig den Job in Gefahr. Zusammen mit seinen Kollegen befürchtet Paulsen, dass der Senat auf einer riesigen Fläche auf Steinwerder im ehemaligen Mittleren Freihafen einen neuen Containerterminal bauen will, obgleich die Kapazitäten an den bestehenden Terminals noch lange nicht ausgeschöpft seien. Mehr noch: Die Arbeitnehmervertreter behaupten, dass der Senat mit zahlreichen Vergünstigungen ausländische Investoren anlocken will, damit sie in die noch brachliegenden Flächen investieren.

Konkurrenzdruck wird verschärft

„Mit einem weiteren Containerterminal werden zusätzliche Überkapazitäten geschaffen, und der Konkurrenzdruck wird verschärft, da es zu Verlagerungen vorhandener Mengen kommt“, fürchtet Paulsen. „Wenn zudem durch ausländische Terminalbetreiber die in Hamburg bestehenden Arbeits- und Tarifbedingungen unterlaufen werden, dann können sich die Hafenarbeiter das nicht gefallen lassen“, drohte er. „Dann gehen wir auf die Straße.“ Das könnte wiederum dazu führen, dass der Hafen lahmgelegt wird.

Ausgangspunkt der Auseinandersetzung war ein Ideenwettbewerb der Hafenbehörde HPA im vergangenen Jahr zur Gestaltung der Flächen auf Steinwerder. Gewonnen hat diesen Wettbewerb ein Konsortium großer chinesischer Konzerne. Es handelt sich um Alibaba, Chinas größte Firmengruppe für Internet-Dienstleistungen und Online-Handel, den Baukonzern China Communications Construction Company (CCCC) sowie dessen Tochter ZPMC, Weltmarktführer bei der Herstellung von Containerbrücken für Häfen. Zusammen wollen diese Firmen das 42 Hektar große Gebiet auf Steinwerder pachten und dort ein vollautomatisches Containerterminal sowie ein großes Logistikzentrum aufbauen.

Riesige Investitionen

Laut Senat gibt es noch keine Entscheidung. „Wir sind aber sicher, dass der Vorschlag realisiert werden soll“, sagt Betriebsratschef Paulsen. Es würden bereits die Ausschreibungsunterlagen vorbereitet. Darin werde erstmals im Hamburger Hafen mit dem Grundsatz gebrochen, dass die Herrichtung der Hafeninfrastruktur von der Stadt bezahlt wird. „Da geht es um riesige Investitionen. Die kann nur ein großer ausländischer Konzern tragen“, ist sich Paulsen sicher. Zudem würde dem Investor ein Pachtvertrag für das Gelände über 60 Jahre angeboten, mit der Option zur Verlängerung auf 99 Jahre, sagte Harro Jakobs, Betriebsrat des Containerterminals Tollerort. „Die Hamburger Firmen bekommen dagegen nur Pachtverträge über 30 Jahre.“

Es gehe ja nicht nur um die 400 Arbeitsplätze, die in Gefahr seien, so die Betriebsräte. Möglicherweise würden bei einem chinesischen Investor auch die sozialen Standards im Hafen aufgeweicht, fürchtet Jakobs. Besonders betroffen wäre davon der Gesamthafenbetrieb (GHB). Dieser beschäftigt einen Pool mit 1100 Hafenarbeitern, die bei hohem Umschlagaufkommen an die Terminals ausgeliehen werden, um die Belastungsspitzen abzudecken. Alle im Hafen vertretenen Firmen müssen ihre Leiharbeiter über den GHB bestellen. „Wer garantiert, dass sich ein chinesischer Investor daran hält?“, fragt der GHB-Betriebsrat Felix Pospiech.

Protest angekündigt

„Das alles wissen wir nicht, deshalb fordern wir einen runden Tisch, an dem der Senat mit uns über die Pläne für die bedeutsame Fläche spricht“, so Paulsen. Dieses Forum sollte nach seinen Worten noch vor der Sommerpause eingerichtet werden. „Andernfalls gehen wir auf die Straße.“

Es sei bemerkenswert, dass die Betriebsräte schon wüssten, wie sich Steinwerder entwickeln werde und was der Senat plane. „Wir wissen es nämlich selbst noch nicht“, so eine Sprecherin der Wirtschaftsbehörde „Es ist nichts vorab entschieden. Der Ideenwettbewerb war kein Präjudiz.“ Sie räumte allerdings sein, dass ein Planfeststellungsverfahren für eine Flächenvorbereitung noch in diesem Jahr eingeleitet werde. „Ein internationales Ausschreibungsverfahren folgt zu gegebener Zeit.“

Unterstützung von den Linken

Die Linken im Rathaus schlugen sich am Donnerstag auf die Seite der Betriebsräte und unterstützen den runden Tisch. Sie wollen dazu einen Antrag in die Bürgerschaft einbringen, über den das Parlament schon bald diskutieren könnte. „Die Auswertung des Ideenwettbewerbs ist wirklich beunruhigend mit Blick auf die sozialen Standards“, sagte der Hafenexperte Norbert Hackbusch von den Linken.