Hamburg. Die ambitionierten Umbaupläne sind „auf Eis gelegt“. Deutscher Tennis-Bund legt Veto gegen geplanten Abriss ein.
Hochklassige Tennisturniere, Spitzenspiele im Hockey, Bundesliga-Basketball und -Handball in einer modernen Multifunktionsarena, ein Nachwuchsleistungszentrum mit Internat – der Rothenbaum als Hamburgs größte Sportanlage. Das waren die ambitionierten Pläne, die der Club an der Alster im Juni 2016 der Öffentlichkeit vorstellte. Nun wird das Projekt „Alster 2020“ zunächst auf Eis gelegt, wie Edward Martens, Alster-Vorstand für Gebäude und Anlagen, dem Abendblatt auf Anfrage bestätigte. Eine Mitgliederversammlung muss dies allerdings noch beschließen.
Alster will dennoch den Renovierungsstau auf der Anlage beenden. Angedacht sind eine Sanierung des Clubhauses, großzügigere Fitnessräume und ein neues Dach auf der Tennishalle. Investitionen von bis zu zehn Millionen Euro wären laut eines Gutachtens in den nächsten zehn Jahren nötig. Weshalb aber der Masterplan scheiterte, darüber kursieren zwei Versionen. Die erste: Im Club habe dem Projekt die Rückendeckung gefehlt, die Mitgliedschaft sei in Anhänger und Gegner gespalten, zudem sei bis heute kein Investor gefunden worden.
Umbau hätte 17 bis 20 Millionen Euro gekostet
Der Umbau des 41.000 Quadratmeter großen Areals zwischen Haller- und Hansastraße inklusive des Abrisses des Tennisstadions hätte etwa 17 bis 20 Millionen Euro gekostet, die neue, an der Ecke Hallerstraße/Rothenbaumchaussee vorgesehene Arena zusätzlich 35 bis 40 Millionen. Bisher hatte Alster mit dem Münchner Versicherungskonzern Allianz nur einen Namensgeber für die Arena präsentiert. Der Sponsorvertrag sollte über 13 Jahre laufen. Was aus der Vereinbarung nun wird, ist offen.
Die zweite Version, die laut Alster die aktuelle Entscheidung begründet: Der Deutsche Tennis-Bund (DTB), anfangs mit im Boot, habe bei Gesprächen im März sein Veto beim beabsichtigten Abriss des Stadions (Kapazität 13.200 Plätze) eingelegt. Damit hätten sich alle weiteren Überlegungen vorläufig erübrigt. Begründung des DTB: Die neue Multifunktionsarena sei mit 7500 Zuschauern zu klein dimensioniert, mindestens 10.000 Plätze wären für Weltklasse-Turniere notwendig.
Besitzverhältnisse auf dem Gelände sind kompliziert
Grund und Boden gehören der Stadt, Alster verfügt heute auf der gesamten Anlage bis 2049 über ein Erbbaurecht. Der DTB wiederum hatte 1988 in Zeiten des Boris-Becker-Booms für den Neubau des Stadions ein Erbbaurecht von der Stadt für 1,7 Millionen Euro für 60 Jahre erworben. Als der Verband Anfang der 2000er-Jahre in finanzielle Schwierigkeiten geriet, wollte er sein Erbbaurecht in einen Pachtvertrag mit der Stadt umwandeln. Die Finanzbehörde lehnte damals ab. Daraufhin kaufte Alster dem DTB das Erbbaurecht für 1,15 Millionen Euro ab. In dem Kontrakt vom November 2008 sind Rechte und Pflichten beider Parteien neu geregelt.
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Danach gehört inzwischen auch das Tennisstadion dem Club. Der DTB hat das Recht zur Nutzung des Stadions und dessen Räumlichkeiten, der Verband unterhält hier seine Geschäftsstelle, und – wichtig in diesem Zusammenhang – die Pflicht zur Instandhaltung der Bauten, auch des mobilen Daches. Er darf außerdem einem Abriss widersprechen. Bei Vermietungen an andere Veranstalter, wie für Beachvolleyballturniere, teilen sich Alster und DTB im Verhältnis von etwa 55:45 die Einnahmen.
DTB-Vizepräsident sieht nun die Stadt in der Pflicht
Ein weiteres Hindernis für die Aufwertung des Rothenbaums bleibt „die Verordnung über den Bebauungsplan Harvestehude 11 vom 13. Juni 2006“. Unter Paragraf 2 ist geregelt, dass „an maximal 22 Tagen im Jahr Sport und sonstige Großveranstaltungen zulässig“ seien. Für die Veranstaltungen gelten detaillierte Lärmschutzbestimmungen.
Dirk Hordorff, DTB-Vizepräsident Leistungssport, sieht nun die Stadt in der Pflicht, die Neugestaltung der Anlage voranzutreiben – und zu finanzieren. Dabei sei es unabdingbar, die Nutzungsdauer auszuweiten. „Es ergibt für keine der beteiligten Parteien Sinn, in ein Stadion zu investieren, das nur wenige Wochen im Jahr bespielt werden kann. Wir brauchen ein Konzept zur Ganzjahresnutzung.“ Dieses müsse neben der Renovierung des Stadions inklusive Dach den Bau einer Tiefgarage einschließen, den auch Alster vorhatte. „Eine Tiefgarage ist gewinnbringend zu betreiben und würde die Parkplatzprobleme auch für die Anwohner lösen. Das sollte für die Stadt attraktiv sein“, sagt Hordorff. In den jüngsten Gesprächen habe er bei der Stadt und bei Alster Interesse an diesen Plänen festgestellt. „Hamburg weiß, welchen Wert das Turnier für das Stadtmarketing hat, und will es halten“, sagt er. Der wichtigste DTB-Strippenzieher erneuerte dabei sein Bekenntnis zum Standort: „Wir wollen bleiben.“
Am Rothenbaum soll wieder ein Damenturnier stattfinden
Dem neuen Lizenznehmer, dem Österreicher Peter-Michael Reichel, der 2019 die Ausrichtung des Herrenturniers von Michael Stich übernimmt, sei zudem daran gelegen, mittelfristig auch ein Damenturnier am Rothenbaum auszutragen. Am Rande des Damenmannschaftswettbewerbs Fedcup in Stuttgart am vergangenen Wochenende habe der DTB entsprechende Gespräche mit der Damentennisorganisation WTA geführt. „Der WTA ist die Bedeutung des deutschen Marktes bewusst, sie ist am Standort Hamburg sehr interessiert“, sagt Hordorff. „Wenn wir jedoch feststellen, dass hier Turniere nicht mehr durchführbar sind, müssten wir woanders hingehen.“ Im Klartext heißt dies wohl: Die Stadt solle die vertraglichen Pflichten des DTB zur Instandhaltung des Stadions, speziell des maroden Daches, übernehmen, weil sich der Verband dazu finanziell nicht mehr in der Lage sieht. Eine Reinigung des Faltdaches, ergab ein Gutachten, sei inzwischen unmöglich, dazu sei es zu verdreckt. Das Einspannen einer neuer Folie würde rund 900.o00 Euro kosten.
Reichel hatte in seinem Fünfjahresvertrag mit dem DTB zugestimmt, das Turnier notfalls ohne Dach auszutragen. Er fordert dennoch eine zügige Renovierung, zahlreiche Sitzschalen müssen erneuert und der Toilettenbereich saniert werden. Die Beachvolleyball-Masters-Serie, die vom 15. bis 19. August am Rothenbaum wieder ihr Turnierfinale austragen will und im Juni/Juli 2019 die WM, hatte unlängst zu diesen Punkten einen umfangreichen Fragenkatalog an den Club an der Alster geschickt. Er ist bislang vom Verein nicht beantwortet worden. Auch die Stadt hat sich noch nicht positioniert. Weitere Gespräche zwischen Reichel, dem DTB und Alster mit Sportsenator Andy Grote sind aber für die nächsten Wochen anberaumt.
„Wir lassen uns vom DTB gern erklären, wie er sich das alles vorstellt. Es bleibt jedoch dabei: Die Stadt lässt sich von niemandem unter Druck setzen“, sagt Sportstaatsrat Christoph Holstein.