Hamburg . Die Geschwister des toten Mädchens sind in behördlicher Obhut. Täter rief selbst die Polizei. S-Bahn-Strecke wieder freigegeben.
Eine tödliche Messerattacke am Bahnhof Jungfernstieg hat am Donnerstag Entsetzen ausgelöst: Am Vormittag gegen 10.50 Uhr hat ein 33 Jahre alter Mann auf einem S-Bahnsteig seine Ex-Frau und die gemeinsame Tochter mit einem Messer angegriffen. Das einjährige Mädchen, dessen Alter die Polizei zunächst mit zwei bis drei Jahren angegeben hatte, verstarb aufgrund der schweren Stichverletzungen.
Die Mutter – eine 34 Jahre alte Deutsche – wurde zunächst schwer verletzt ins Krankenhaus gebracht. Um 12.20 Uhr gab die Polizei bekannt, dass auch die Frau den Verletzungen erlegen ist.
Einem Tweet von Sozialsenatorin Melanie Leonhard zufolge gibt es in der Familie noch vier weitere Kinder, um die sich nun "der Kinder- und Jugendnotdienst nun liebevoll kümmern wird".
Bei dem Tatverdächtigen handelt es sich um Mourtala M., einen 33-Jährigen aus dem Niger. Während seiner Flucht vom Tatort warf er die Tatwaffe im Bahnhof Jungfernstieg in einen Mülleimer. Das gab die Polizei am Abend bekannt. Der 33-Jährige wurde schließlich auf der Mönckebergstraße von Polizisten festgenommen. "Der Mann hat nach der Tat selbst den Notruf gewählt", sagte eine Polizeisprecherin. Die Mordkommission und die Staatsanwaltschaft Hamburg haben die weiteren Ermittlungen übernommen.
Rettungskräfte versuchten, Kind zu reanimieren
Polizei und Feuerwehr waren am Vormittag mit einem Großaufgebot vor Ort. Auch ein Rettungshubschrauber landete am Jungfernstieg. Geschockt verfolgten Passanten das Geschehen am Bahnhof Jungfernstieg. Ein Kriseninterventionsteam wurde hinzugerufen. Nach Abendblatt-Informationen versuchten Rettungskräfte am S-Bahnsteig, das kleine Mädchen zu reanimieren – jedoch ohne Erfolg. Auch die Mutter musste reanimiert werden und kam in eine Klinik. Dort starb die 34-Jährige aufgrund ihrer schweren Verletzungen. Der 33-Jährige hatte offenbar mehrfach auf sein eigenes Kind und seine Ex-Frau eingestochen.
Mehrere Passanten sahen die Bluttat
Weil es am S-Bahnsteig der Linie S1 und S3 keinen Fahrstuhl gibt, musste das Rettungsteam die schwer verletzte Mutter über die Treppe durch das Bahnhofsgebäude vorbei an den Augen der Passanten nach draußen bringen. Im Bahnhof zeugten viele Blutspuren von der schrecklichen Beziehungstat. Offenbar hatten mehrere Personen die Messerattacke beobachtet. Einsatzkräfte brachten eine weinende Frau nach oben ins Freie. Auch ein weiteres kleines Kind wurde von Polizeibeamten betreut.
Die Strecke der S-Bahn-Linien S1 und S3 wurde bis zum Abend zwischen der Stationen Hauptbahnhof und Altona gesperrt. Es kam zu erheblichen Behinderungen auch im Straßenverkehr.
Anteilnahme aus der Hamburger Politik
Am Nachmittag bekundete Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) seine Anteilnahme: „Ich bin erschrocken und traurig über die Tat am Jungfernstieg, bei der offenbar ein Vater seine kleine Tochter und ihre Mutter brutal erstochen hat. Die Hintergründe und Umstände der Tat werden derzeit aufgeklärt. Wir haben tiefes Mitgefühl für alle, die von dieser schlimmen Tat betroffen sind.“
Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne) zeigte sich ebenfalls entsetzt: "Mich erschüttert die schlimme Tat am Jungfernstieg. Die Hintergründe werden noch geklärt. Klar ist: Wenn ein Kind von der Hand erstochen wird, die es schützen sollte, übersteigt das jede vorstellbare Grausamkeit. Ich denke an diejenigen, die von diesem Verlust getroffen sind."
Sozialsenatorin Leonhard (SPD) betonte, dass die hinterbliebenen Kinder des Paares in Obhut kämen: "Die abscheuliche Tat am Jungfernstieg bestürzt uns alle. Auch mich macht sie fassungslos und wütend. Meine Gedanken sind bei den Geschwistern, um die sich der Kinder- und Jugendnotdienst nun liebevoll kümmern wird.“
Auch Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit (SPD) verlieh ihren Gedanken zu der Tat Worte: „Viele Hamburgerinnen und Hamburger sind fassungslos und traurig über die Brutalität und Sinnlosigkeit der furchtbaren Tat am Jungfernstieg. So geht es mir auch. Mein tief empfundenes Mitgefühl gilt allen Betroffenen.“
Pakistaner tötete vor sechs Monaten seine Tochter mit einem Messer
In jüngster Zeit hatten mehrere mit Messern verübte Taten – unter anderem in Buchholz, Berlin, Kandel, Lünen und Dortmund – große Bestürzung in Deutschland ausgelöst. In Hamburg hatte im vergangenen Oktober ein Pakistaner seine zweijährige Tochter mit einem Messer getötet: Der Mann gestand die Tat vor Gericht, der Prozess läuft noch.
In Kiel läuft zurzeit ein Prozess gegen einen 40-jährigen Türken, der seine 34 Jahre alte Frau mit 23 Messerstichen auf offener Straße erstochen haben soll. Eines der drei gemeinsamen Kinder musste die Tat mit ansehen. Das Urteil wird am 24. April erwartet.
In Freiburg im Breisgau steht ein 53-jähriger Deutscher algerischer Herkunft vor Gericht, weil er seine Ex-Freundin und den gemeinsamen Sohn Ende Juli 2017 vor einer Tiefgarage in Teningen mit einem Küchenmesser getötet haben soll.