Hamburg. Beamte wollen gegen die offene Drogenszene an der Hafenstraße vorgehen – doch die Aktion wird für sie zu einem Spießrutenlauf.
Ein Einsatz gegen die offene Drogenszene am Hafen ist für die Polizei nicht so verlaufen wie geplant. Statt gegen Dealer vorzugehen, wurden die Beamten massiv bedrängt. Linksautonome hatten die Polizisten im Bereich der Hafenstraßen-Häuser abgepasst, mehrere Hundert Meter verfolgt und dabei Schilder hochgehalten, auf denen die Polizeiarbeit, aber auch Polizisten selbst verunglimpft wurden. Für die Beamten wurde das Ganze zu einem Spießrutenlauf unter den Augen zahlreicher Touristen. Die Aktionen wurden dennoch nicht unterbunden.
„Es ist nicht optimal reagiert worden“, sagte Polizeisprecher Timo Zill am Montag zu den Vorfällen, die sich am Sonnabend gegen 17 Uhr im Bereich der Hafenstraße ereigneten. Die Linksautonomen haben angekündigt, die Polizei auch weiterhin behindern zu wollen. Noch einmal werde sich diese das aber nicht bieten lassen, hieß es.
Touristen bleiben stehen und lachen über die Aktion
Angehörige der linken Szene hatten sich am Sonnabend vor dem Lokal „Ahoi“ versammelt. Als Polizisten vorbeikamen, begleiteten sie diese und hielten dabei Schilder mit Aufschriften wie „Unfassbar! Ich bekomme Geld dafür“, „Hier komme ich“, „Tatütata“ oder „Ich bin dumm. Ich bin hässlich, trage aber eine schöne Uniform“ über die Köpfe der Beamten. Zudem gab es Musik aus Lautsprechern mit Textpassagen wie „Gebt den Bullen die Straße zurück. Stein für Stein.“
Dabei mussten die Personen, wie in einem Bericht über den Einsatz vermerkt ist, mehrfach auf Distanz gebracht werden, weil sie „immer wieder sehr dicht an die Beamten heranrückten“. Für weitere Personen aus der Szene, die sich in der Nähe aufhielten, war das offenbar eine große Gaudi. „Die anderen Personen auf der Balduintreppe, inklusive einiger Schwarzafrikaner, grölten dazu Sirenengeräusche und filmten mit Handys die Situation“, heißt es im Bericht. „Wir haben die Straßenseite gewechselt“, so ein Beamter.
Doch das war nicht alles: Während der Aktion war der Hafenrand laut Polizei touristisch „sehr gut besucht“. „Die Leute bekamen diese Szenen ebenfalls mit und lachten darüber“, heißt es in dem Bericht.
Es könnte der Straftatbestand der Beleidigung vorliegen
Konsequenzen hatten die Aktionen nicht. Dabei könnte laut Medienrechtler Dirk-Hagen Macioszek von der Kanzlei Hilbrandt Rückert Ebbinghaus zumindest der Straftatbestand der Beleidigung vorliegen. „Grundsätzlich gilt zwar die Meinungsfreiheit“, sagt er. Das gelte aber nicht, wenn der Ehrbegriff des Einzelnen berührt sei. „Wenn eine personalisierte Zuordnung möglich ist, ist die Strafbarkeit denkbar.“
„Das, was hier passiert ist, ist nicht ansatzweise hinnehmbar“, sagt Joachim Lenders, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft. „Polizei muss an jeder Stelle ihre Aufgaben wahrnehmen und Maßnahmen durchsetzen können. Daher muss konsequent durchgegriffen werden.“ Hier seien Maßnahmen nach dem Polizeirecht wie Platzverweise gefordert.
Dass die Szene jetzt eine solche Aktion durchführt, überrascht im Polizeiapparat nicht. Innensenator Andy Grote (SPD), so heißt es, habe erst jüngst veranlasst, dass ein dritter Einsatzzug bereitgestellt und damit die Bekämpfung der offenen Dealerszene noch einmal intensiviert wird. Davor waren zwei Einsatzzüge für die Aufgabe abgestellt worden.
Kontrolldruck an den Brennpunkten wird erhöht
„Wir haben mit der Taskforce BTM in den Stadtteilen St. Georg, Sternschanze und St. Pauli in den letzten zwei Jahren schon klare Erfolge im Kampf gegen die Drogenszene erzielt“, sagte Polizeisprecher Timo Zill. „Aktuell erhöhen wir nochmals den Kontrolldruck an den verbliebenen Brennpunkten. Dass es nun zu einer ersten Reaktion der linken Szene am Wochenende gekommen ist, war zu erwarten.“
In St. Georg nahmen Beamte am Wochenende drei Dealer fest. Im Stadtteil Sternschanze konnte ein Mann aus Guinea nach einem Drogengeschäft festgenommen werden. Auf St. Pauli fehlte am Wochenende so ein Erfolg.
Die linke Szene will ihre Aktion laut Twitter am Dienstagabend von 18 Uhr an im Bereich der Hafentreppe fortsetzen. „Wir werden weiterhin konsequent gegen erkannte Straftäter, gegen Drogendealer vorgehen und den erfolgreichen Weg der Taskforce BTM fortsetzen“, sagte Zill. „Auch an diesen Orten.“ Zudem sollen die Vorfälle vom Wochenende noch einmal bewertet werden. Sollte man zu dem Schluss kommen, dass strafbare Handlungen wie Beleidigungen vorliegen, sollen entsprechende Verfahren eingeleitet werden.