Hamburg. Ingenieure planen bereits an dem Projekt, das zwei Standorte der TU miteinander verbinden könnte. Göteborg als Vorbild.
Die Idee ist nicht neu für Hamburg, aber hier könnte sie tatsächlich Realität werden: In Harburg soll eine Seilbahn den Campus der Technischen Universität (TUHH) mit ihrer geplanten Erweiterung im Harburger Binnenhafen verbinden. Das schlägt jetzt der Hamburger Stadtplanungs-Professor Jürgen Pietsch vor, der bereits beim zuständigen Baudezernenten des Bezirksamts, Jörg Penner, für diese Idee warb. Und der zeigt sich ziemlich angetan davon: „Eine sehr gute Idee – alles, was die Schneise der Unterelbe-Bahn auf städtebaulich verträgliche Art überwinden könnte, würden wir begrüßen“, so Penner.
Tatsächlich wirken die Bundesstraße 73 und die mitten in Harburg parallel verlaufene Bahnlinie wie eine Schneise. Auf der einen Seite die Innenstadt, auf der anderen der Binnenhafen, der sich in den letzten 25 Jahren von einer Industriebrache zu einem Standort etlicher Hightech-Unternehmen entwickelt hat.
Göteborg als eine Art Vorbild für Hamburg
Viele davon stammen aus dem Umfeld der TUHH, die nun in dem riesigen „Innovation Port“ des Harburger Investors und Binnenhafen-Pioniers Arne Weber erweitert wird und sogenannter Ankermieter wird. Der Baustart ist bereits erfolgt, 2019 soll der erste Bauabschnitt fertig sein. Auf einem 28.000 Quadratmeter großen Grundstück an der Blohmstraße sollen dabei insgesamt 60.000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche und voraussichtlich 2500 Arbeitsplätze entstehen – für neu gegründete und etablierte Technologieunternehmen, Forschungseinrichtungen, die Fraunhofer Gesellschaft und für das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrttechnik. Doch die Verbindung zwischen dem TU-Standort auf dem Schwarzenberg in Harburg und dem Binnenhafen ist lang und unattraktiv – eben wegen der Verkehrsschneise.
Stadtplaner Pietsch hat sich daher andere Seilbahnprojekte angeschaut und in Göteborg eine Art Vorbild – wenn auch ein deutlich größeres – gefunden. Dort soll bereits 2021 eine rund drei Kilometer lange Umlaufseilbahn in Betrieb gehen.
Zwei Minuten Seilbahn statt 15 Minuten Autofahrt
Besonders weit mit Seilbahn-Plänen als Mittel des öffentlichen Nahverkehrs ist man auch in Südamerika in Bolivien und Kolumbien, teilweise mit mehreren Linien. Vielerorts blicken Stadtplaner derzeit auf solche Projekte, die Seilbahnen nicht mehr touristisch einsetzen, sondern als echte Alternative im dichten Stadtverkehr, die nur sehr wenig Platz beanspruchen. Eben, weil sie quasi über den Dingen schweben.
Jürgen Pietsch schlägt für Harburg zunächst eine nur 800 Meter lange Gondel-Seilbahn vor, die zur Verbindung beider Standorte der Technischen Universität reichen würde. Rund 35 Meter hoch würden die Pfeiler werden, die optisch an Hafenkräne erinnern könnten. In weniger als zwei Minuten wäre die Distanz dann überwunden, während selbst eine Autofahrt oder ein strammer Fußmarsch mehr als eine Viertelstunde benötigen würde.
Kommentar: Klingt verrückt, ist es aber nicht
„Das wäre dann nicht länger, als wenn man heute in der TU vom Hauptgebäude zu Mensa geht“, argumentiert der Stadtplaner. Es würde quasi gefühlt ein Campus entstehen und nicht zwei Standorte. Zugleich bekäme Harburg damit ein Projekt, das den Anspruch eines besonders innovativen Standorts noch unterstreichen könne.
Konkrete Kostenkalkulationen gibt es noch nicht
Allerdings gibt es für eine solche Seilbahn noch keine konkrete Kostenkalkulation oder gar technische Studien, räumt Pietsch ein, der sich eher als jemand sieht, der einen ersten Anstoß geben möchte. Und auch für Baudezernent Penner müssten noch mehr Zahlen auf den Tisch. Offen sei beispielsweise, ob sich eine solche Seilbahn wirtschaftlich trage. Sprich: ob es genug zahlende Kunden gäbe.
Aber ganz abwegig ist eine solche Seilbahn über die Harburger Verkehrsschneise nicht. Schon länger arbeiten auch Ingenieure der HC-Hagemann-Gruppe von Investor Weber an einem solchen Seilbahnprojekt. Nur eben im Stillen. „Wir wollten damit erst an die Öffentlichkeit, wenn wir eine konkrete Trasse durchgeplant haben und auch genauere Kosten kennen“, sagt Weber als Reaktion auf den Vorstoß des Stadtplanungsprofessors. „Eigentlich ist das unsere Idee, und sie hat Chancen auf eine Realisierung“, glaubt der Harburger Unternehmer.
Erst vor vier Jahren scheiterte eine Seilbahn in Hamburg
Schon einmal stand ein Seilbahnprojekt in Hamburg kurz vor der Realisierung. So gab es erst vor vier Jahren konkrete Investoren-Pläne für eine Verbindung von St. Pauli zu den Musical-Gebäuden auf der anderen Elbseite. Rund 1,5 Kilometer lang wäre die gut 80 Meter hohe Querung gewesen und sollte 35 Millionen Euro kosten. Das Projekt war jedoch umstritten und scheiterte dann auch bei einem Bürgerentscheid. Von einer „Touristenschaukel“, sprachen Kritiker, und im Kiez graute man sich vor noch mehr Besuchermassen. Als alternatives Nahverkehrsmittel wurde diese Seilbahn dabei nicht gesehen. Und es gab heftige Sorgen um das „einmalige“ schöne Stadtbild von Michel, Landungsbrücken und Elbphilharmonie. An einer ähnliche Sorge um den Blick auf Bundesstraße und Bahngleise dürfte das Projekt in Harburg allerdings kaum scheitern.