Hamburg. Der Schauspieler inszeniert und spielt in der Komödie Winterhude „Das Lächeln der Frauen“. Rückkehr in die Stadt seiner Ausbildung.
Ein Regisseur sollte nichts dem Zufall überlassen. Und so ist Ralf Bauer an diesem noch recht winterlichen März-Nachmittag aus Baden- Baden, der beschaulichen mittelgroßen Kurstadt im Schwarzwald, nach Hamburg gereist, um den Saal und die Bühne in der Komödie Winterhuder Fährhaus zu inspizieren. Kaum hat Bauer das erledigt, erblickt er im Foyer einen guten alten Bekannten: Konstantin Graudus. Es folgt eine herzliche Umarmung mit dem Hamburger Schauspielerkollegen, der als Gesicht des Theaters Kontraste gilt und am Abend wieder im kleinen Saal in der Satire „Herrinnen“ seinen Mann stehen wird.
Woher beide sich kennen? Die Männer lächeln, drucksen ein wenig herum. Vor mehr als einem Jahrzehnt hatten sie im Ernst Deutsch Theater zusammengespielt, in der Komödie „Mondlicht und Magnolien“. Ein Stück, das der damalige Abendblatt-Kritiker als „einen zwar laut belachten, aber peinlichen Regie-Flop“ bezeichnete.
Bauer vor seinem Hamburger Regie-Debüt
Jetzt steht Ralf Bauer selbst vor seinem Hamburger Regie-Debüt. Am Gründonnerstag hat in Winterhude „Das Lächeln der Frauen“ Premiere. Der Regisseur spielt im Zwei-Personen-Stück selbst mit, an seiner Seite: Dominique Siassia.
Beim Gespräch im Hinterhaus hat der 51-Jährige den Hut auf. Hamburg ist für den Schauspieler, der Mitte der 90er-Jahre als Hauptdarsteller der in St. Peter-Ording spielenden ARD-Surfer-Serie „Gegen den Wind“ neben Hardy Krüger jr. zum TV-Star avancierte, eine wohlvertraute Stadt. Erst im Vorjahr gehörte er hier bei den bundesweiten Privattheatertagen zur Jury in der Kategorie (Zeitgenössisches) Drama – mit dem Autor Konrad Lorenz und Britta Duah, der jetzigen Leiterin der Komödie Winterhuder Fährhaus.
Judo im SV Wilhelmsburg
Dass Bauer seine Ausbildung Ende der 80er-Jahre an der Hamburger Stage School of Dance and Drama in der Neustadt absolviert hat, ist landläufig bekannt. Nicht jedoch, dass der spätere Sonnyboy, geboren in Karlsruhe, in Hamburg groß wurde – in einem Hochhaus in Kirchdorf-Süd. 1975 zog er mit seiner Mutter und dem Stiefvater in eines der markanten Hochhäuser nahe der Autobahn: „Damals war dort alles neu und schön in der elften Etage. Später wurde es dann unruhiger, und es hat auch mal gebrannt im Hochhaus“, erzählt er freimütig.
Der neunjährige Ralf hatte damals mit Judo angefangen im SV Wilhelmsburg, um sich behaupten zu können auf dem Gymnasium Kirchdorf, das er sechs Jahre lang besuchte, ehe es zurück nach Baden ging. „In Hamburg ist man direkter“, hat Bauer erfahren. „Digga, was geht ab hier?“, verfällt er während des Gesprächs spielerisch in Hamburger Slang. „Das war echtes Theater und eine harte Zeit. Aber auch eine schöne.“
Drang zur Bühne
Noch schöner und beruflich prägender war sein zweiter Hamburg-Aufenthalt mit den drei Jahren an der Stage School. Von „Dottore“ Antlitz habe er so einiges mitbekommen, schwärmt er. Dr. Dr. Horst Antlitz (inzwischen 89), wie Bauers ehemaliger Lehrer mit vollem Namen und Titeln heißt, war Augenarzt und ist studierter Theaterwissenschaftler. Er brachte ihm die klassischen Dichter und Stücke näher, „Faust“, „Hamlet“ und mehr. „Von ihm habe ich viel gelernt“, sagt Ralf Bauer, springt beim Gespräch mit ausladender Geste auf, stößt aus Versehen ein Glas Wasser um und rezitiert mit Inbrunst und kräftiger Stimme den Mortimer aus Friedrich Schillers „Maria Stuart“.
Auch den Frauen-Betörer Ferdinand aus Schillers „Kabale und Liebe“ hat er drauf: „Ich fürchte nichts – nichts – als die Grenzen deiner Liebe“, deklamiert Bauer. Er mag das, er will’s, er kann’s, sein Drang zur Bühne ist spürbar. Mit einer Mischung aus Rezitation und Musik gastierte der Schauspieler in Begleitung des Gitarristen Pat Fritz schon zweimal für Duo-Programme im First Stage, dem modernen kleinen Theater seiner ehemaligen Schule in Altona-Altstadt. Im Geiste zieht der Künstler durch die Stadt, erinnert sich noch genau, wo seine Hamburger WGs in Hoheluft-West und -Ost lagen.
„Es gab jeden Abend Standing Ovations“
Noch ein anderer älterer Herr, von dem Bauer ganz viel gelernt hat, ist ihm indes wichtiger zu erwähnen: Joachim Fuchsberger. Mit „Blacky“, dem deutschen Filmhelden der 60er- und frühen 70er-Jahre und späteren Showmaster, stand der Film- und Fernsehschauspieler Bauer seit 2003 allein 180-mal in der Komödie im Bayerischen Hof in „Der Priestermacher“ auf der Bühne, einem Stück des US-Dramatikers Bill C. Davis.
Bauer gab den jungen fragenden Priesterkandidaten, Fuchsberger spielte den altgedienten Priester und liebenswürdig-autoritären Manager Christi. „Es gab jeden Abend Standing Ovations“, erzählt Ralf Bauer, der das Stück mit Fuchsberger auch auf Tournee spielte. „,Blacky‘ sagte immer: ,Wir haben eine Bringschuld gegenüber dem Publikum‘.“ Diesem Leitsatz aus der Zusammenarbeit mit dem 2014 gestorbenen Kollegen versucht Ralf Bauer nun als Verantwortlicher gerecht zu werden. Die Zuschauer jeden Abend ernst nehmen und so spielen, dass sie mit den Figuren mitgehen und mitfühlen können, das will er jetzt als Darsteller und Regisseur umsetzen.
Endlich das richtige Stück für ihn
„Das Lächeln der Frauen“ sei endlich das richtige Stück für ihn. „Ich möchte mehr Zugriff auf eine Inszenierung haben“, sagt Bauer. Die Komödie nach dem gleichnamigen Roman von Nicolas Barreau spielt in Paris. „Ich habe gleich beim ersten Lesen gedacht: Es hat ganz viel Charme.“
In dem französischen Stück, für das der in Hamburg einst gut bekannte Gunnar Dreßler (als Leiter des Theaters in der Basilika) die Bühnenfassung schrieb, hat eine junge Frau nach dem Tod ihres Vaters dessen Pariser Restaurant übernommen. Sie plagt zudem Liebeskummer. Erst als sie den Roman „Das Lächeln der Frauen“ liest, in dem ihr Lokal und sie beschrieben werden, schöpft sie wieder Hoffnung. Sie will den Autor einladen, doch der verbirgt zunächst seine wahre Identität. So weit die Vorlage.
Gefragter Yoga-Lehrer
Wie Bauer und seine Bühnenpartnerin im großen Saal in Winterhude das Stück beginnen lassen werden, das überlegt der Schauspieler und Regisseur an diesem Nachmittag seiner Inspizierung noch. Sollen sie vielleicht anfangs vor der Rampe spielen? Manchmal wirkt Ralf Bauer, der sich als gefragter Yoga-Lehrer ein zweites berufliches Standbein aufgebaut hat und als Privatmann für die Rechte der Tibeter einsetzt, noch wie ein Suchender.
Doch eines ist klar: Den Regisseur Bauer, den soll es nach seiner Vorstellung in Zukunft gern öfter geben.