Hamburg. Gunter Mengers, Vorsitzender der Versammlung Eines Ehrbaren Kaufmanns, warnt im Abendblatt vor Spaltung der Hamburger Wirtschaft.

Die Risse in der Hamburger Wirtschaft sind nach Meinung von Gunter Mengers längst sichtbar. Der Vorsitzende der Versammlung Eines Ehrbaren Kaufmanns (VEEK) warnt nun im Abendblatt vor einer langfristigen Spaltung. Der Grund: Die Auseinandersetzungen über den neuen Kurs der Handelskammer würden einen Keil zwischen die Firmen treiben: Auf der einen Seite stünden kleine Betriebe, denen sich die neue Kammerführung verpflichtet fühle. „Auf der anderen Seite sind die etablierten Unternehmen mit größeren Strukturen“, die derzeit eine Gegenbewegung zur Kammer starteten. „Das ist nicht gut für Hamburgs Wirtschaft“, mahnte Mengers, dessen traditionsreicher Verbund rund 1200 Firmen und Führungskräfte vertritt.

Im Gespräch mit dem Abendblatt kritisiert Mengers das Vorgehen der Handelskammer. „Es geht uns nicht darum, einzelne Personen anzugreifen, aber mit ihren abrupten und schnellen Entschlüssen, koppeln sich Präsidium und Plenum immer weiter von der Wirtschaft ab.“ Offenbar gehe es der Kammer-Führung darum, Aktionismus zu zeigen, ohne die Konsequenzen im Einzelnen durchdacht zu haben.

Der Kurs der Handelskammer schade Hamburg

Ein Beispiel sei die Trennung von der Hamburg School of Business Administration (HSBA), die die Handelskammer aus Spargründen vor einigen Monaten abgegeben hat. „Die ganze Wirtschaft redet von Digitalisierung, von Bitcoins und Blockchain, und es ist ein Glück, dass man ein Institut hat, das sich um diese Zukunftsthemen kümmert. Und was macht die Kammer? Sie trennt sich davon“, kritisiert Mengers. Sein eigener Verein, die Versammlung Eines Ehrbaren Kaufmanns, habe sich gegenteilig verhalten und sei bei der HSBA eingestiegen: „Wir haben acht Prozent GmbH-Anteile an der Hochschule von der Kammer übernommen, ohne weitergehende finanzielle Verpflichtungen.“ Die Auseinandersetzung über den neuen Kurs der Handelskammer schade inzwischen dem Hamburger Ansehen, so Mengers. „Ich werde immer öfter von außerhalb angesprochen, was bei uns in der Hansestadt los ist“, sagt der VEEK-Chef.

Mengers wird nicht müde zu betonen, dass die VEEK in der Auseinandersetzung zwischen Kammerrebellen und etablierter Wirtschaft weder auf der einen noch auf der anderen Seite stehe. „Wir sind eher dazu geeignet, die Enden zusammenzuführen und ausgleichend zu wirken“, sagt er. So seien in der VEEK Führungskräfte von Unternehmen aller Art vertreten, große Betriebe genauso wie kleinere Firmen, für die die Kammer derzeit Politik machen will. „Wir werden auch zunehmend von Unternehmern von beiden Seiten um Rat gebeten, die mit der Situation unzufrieden sind.“

Nicht für jeden zählt cash, cash, cash

Insgesamt 1200 Mitglieder zähle die Versammlung derzeit. Im Saldo seien das 100 mehr als noch vor einigen Monaten. Darunter seien auch viele jüngere Unternehmer aus kleineren Betrieben, die die Werte des Ehrbaren Kaufmanns wieder mehr in den Mittelpunkt rücken wollen. „Für sie zählt noch etwas anderes als cash, cash, cash“, so Mengers. Dazu gehöre eine gute Work-Life-Balance, also ein gesunder Ausgleich zwischen Berufs- und Privatleben, aber auch ein rücksichtsvollerer Umgang mit Umweltressourcen. In der Versammlung könnten sich diese Manager mit älteren Kollegen treffen. „Die VEEK bietet die Plattform für den generationsübergreifenden Austausch der Hamburger Wirtschaft.“

In einer bestimmten Situation wäre es mit der Verhandlungsbereitschaft seiner Institution aber vorbei, sagt Mengers: „Wenn sich herausstellen sollte, dass es den Kammerrebellen gar nicht darum geht, die Hamburger Wirtschaft weiterzuentwickeln, sondern vielmehr darum, sie zu schädigen.“

Nutzen für die Wirtschaft nicht klar

Die Versammlung Eines Ehrbaren Kaufmanns ist ein Zusammenschluss Hamburger Kaufleute, die sich den Werten des Ehrbaren Kaufmanns verpflichtet fühlen und in ihren Unternehmen die Bedingungen für ehrbares Handeln pflegen. Sie geht auf die bereits im Jahr 1517 gegründete erste Interessenvertretung Hamburger Kaufleute zurück. Zum Abschluss des Geschäftsjahres veranstaltet die VEEK jedes Jahr eine große Versammlung in der Handelskammer, auf welcher der Kammer-Präses Rechenschaft ablegt. Obgleich Mengers die VEEK inzwischen von der Handelskammer abgespalten und selbstständig gemacht hat, soll sich am traditionsreichen Ort der Jahresschlussversammlung nichts ändern: „Die Versammlung wird voraussichtlich auch in diesem Jahr in der Handelskammer stattfinden“, sagt Mengers.

Bei der Versammlung 2017 hatte er noch massive Kritik an Kammer-Präses Tobias Bergmann geübt. „Momentan sehen wir ziemlich verständnislos auf Entwicklungen, deren Nutzen für die Wirtschaft uns einfach nicht klar wird, obwohl das doch die Aufgabe der Kammer ist“, sagte Mengers damals. Die Mitarbeiter der Kammer und die Hamburger Wirtschaft sollten nicht „zum Versuchslabor für unklare Ideen und Vorstellungen“ werden.