Hamburg. Influenza in Norddeutschland ebbt nicht ab. Hamburg meldet mehr als doppelt so viele Fälle wie 2017. Auch Unternehmen leiden.

Die Grippewelle hat Hamburg und den Norden fest im Griff. „Ein deutlicher Rückgang der Infektionsfälle ist aus den Zahlen bis dato nicht ersichtlich“, sagte Roland Ahrendt, Sprecher der Hamburger Gesundheitsbehörde. In Hamburg sind seit Anfang Oktober 7592 Influenzaerkrankungen mit sechs Todesfällen gemeldet worden. Im Vorjahr waren es im gleichen Zeitraum 3302 Fälle mit 14 Todesfällen. In den ersten zehn Wochen dieses Jahres wurden 4946 bestätigte Fälle von Influenza registriert, 2017 waren es 2851 Fälle.

Die Hamburger Krankenhäuser sind voll, insbesondere die Notaufnahmen und Intensivstationen. „Es gibt zeitlich befristete stundenweise Sperrungen in den Notaufnahmen und Intensivstationen“, so Behördensprecher Ahrendt. Das bedeutet, dass die Rettungswagen der Feuerwehr während dieser Zeit das jeweilige Krankenhaus nicht anfahren können und Patienten in einer anderen Klinik unterbringen müssen.

Grippewelle: OP-Säle geschlossen

Noch dramatischer ist die Lage in Schleswig-Holstein: Wegen der vielen Patienten und auch wegen der zahlreichen kranken Mitarbeiter nimmt die Imland-Klinik in Rendsburg jetzt nur noch absolute Notfälle auf, Operationssäle wurden geschlossen. Andere Kliniken haben ähnliche Maßnahmen eingeleitet. Im Kieler Gesundheitsministerium gibt es ab sofort eine tägliche Lagebesprechung, um die Behandlungskapazitäten der Kliniken zu koordinieren, sagte ein Sprecher.

Auch in den sieben Hamburger Asklepios-Kliniken macht sich die Grippewelle deutlich bemerkbar. „Das Patientenaufkommen ist aktuell sehr hoch. Das ist durchaus üblich für diese Jahreszeit. Allerdings ist unser medizinisches Personal seit einigen Wochen besonders gefordert, weil gleichzeitig viele hochbetagte Patienten stationär aufgenommen werden,“ sagte ein As­klepios-Sprecher.

Zum Teil würden die Senioren auf den Intensivstationen betreut, weil sie unter Grunderkrankungen leiden, etwa Herzschwäche, die durch die Influenza lebensbedrohlich werden können. Hinzu komme, dass es auch beim Personal einen hohen Krankenstand gebe. Planbare Operationen müssen zum Teil verschoben werden.

Die Lage in den Hamburger Krankenhäusern

Auch im Marienkrankenhaus ist die Lage angespannt. „Unabhängig von der Grippe kommen zurzeit viele schwerkranke Patienten in die Notaufnahme. Die Grippe kommt dann noch hinzu“, sagte Dr. Michael Wünning, Chefarzt der Zentralen Notaufnahme im Marienkrankenhaus. Es könnten noch alle Patienten gut versorgt werden, aber mit hohem Aufwand aller Beteiligten. Zum Stand der Grippewelle sagte Wünning: „Von Entwarnung würde ich noch nicht sprechen.“

Am Agaplesion Diakonieklinikum in Eimsbüttel gibt es eine hohe Zahl von Grippepatienten und einen erhöhten Krankenstand unter den Mitarbeitern, sagte eine Sprecherin. Notaufnahme und Intensivstation müssen auch hier stundenweise gesperrt werden.

Das Uniklinikum Eppendorf meldet hingegen schon wieder Normalbetrieb. Die Grippewelle flaue ab, es kämen weniger Influenzapatienten als noch in den Tagen zuvor, sagte eine Sprecherin. Auch im Albertinen-Krankenhaus geht die Zahl der Grippepatienten allmählich zurück. Geplante Operationen müssen nicht verschoben werden.

Die Rettungsleitstellen in Schleswig-Holstein haben noch keine Probleme bei ihren Kapazitäten, es kann aber bei Krankentransporten zu längeren Wartezeiten kommen. Mittelfristig sollen Kapazitäten der Intensivstationen weiter ausgebaut und Maßnahmen gegen hohe Krankenstände intensiviert werden.

Krankenstand in Hamburg steigt

Auch der Krankenstand in Hamburg hat zugenommen. Insgesamt gab es bei der Barmer-Krankenkasse in den letzten fünf Wochen 3903 Erkältungsfälle, was etwa 3,5 Prozent der bei der Barmer versicherten 110.000 Hamburger Arbeitnehmer entspricht. Die Zahl von 424 Fällen in der vergangenen Woche sei noch nicht endgültig, da nicht alle Betroffenen ihre Krankschreibung fristgerecht abgeben würden, erläuterte Torsten Nowak, Landespressesprecher der Barmer. Eine Woche zuvor hatte es 948 Krankschreibungen gegeben.

Bei den Influenzafällen gibt es einen deutlichen Unterschied zum vergangenen Jahr. 2017 hatte die Influenzawelle in Hamburg ihren Höhepunkt Mitte Fe­bruar mit 44 erkrankten Barmer-Versicherten erreicht. 2018 waren es zum gleichen Zeitpunkt 56 Erkrankte, deren Zahl bis zum 4. März auf 99 anstieg.

Aufgrund der Grippewelle verzeichneten viele große Arbeitgeber in Hamburg wie die Hochbahn, die Hamburger Sparkasse und Airbus einen leicht erhöhten Krankenbestand. Dieser wirke sich jedoch nicht auf den Betrieb aus, wie die Unternehmen mitteilten. Bei Beiersdorf war der Krankenstand nicht höher als 2017.