Hamburg. Beamte aus anderen Bundesländern kommen zur Unterstützung. Polizeigewerkschaft: “Die Belastungssituation ist enorm“.
Demonstrationen von Merkel-Gegnern, Linken und Kurden bringen die Polizei an den Rand ihrer Leistungsfähigkeit. Für das kommende Wochenende sind Alarmhundertschaften, bestehend aus dem Personal der Wachen, aufgerufen worden. Auch in anderen Bundesländern angeforderte Unterstützung wird nach Hamburg kommen. Entspannung ist nicht in Sicht. Experten gehen davon aus, dass die Polizei sich deshalb in den kommenden Wochen und Monaten auf ihre Kernaufgaben beschränken muss.
Auch heute und am Donnerstag wollen Kurden demonstrieren und zu Konsulaten ziehen. Entsprechende Anmeldungen liegen vor. Am Wochenende hat die linke Szene für den Sonnabend eine Demonstration angemeldet, die um 14 Uhr auf dem Gänsemarkt startet.
Polizei kann nur noch absolute Pflichtaufgaben annehmen
Bereits Freitag werden die Fans von Hertha BSC in Hamburg erwartet. Von dieser Seite werden Ausschreitungen befürchtet, dazu kommen frustrierte HSV-Fans. Mit weiteren, militanten Aktionen durch Kurden, die sich schon am vergangenen Wochenende mit der Polizei Auseinandersetzungen lieferten, muss gerechnet werden.
Für Montag ist erneut eine Demo der konservativen Szene unter dem Tenor „Merkel muss weg“ angekündigt. Zudem sind Schutzmaßnahmen für Konsulate, türkische und weitere Einrichtungen im Zusammenhang mit dem türkischen Militäreinsatz in Kurdengebieten nötig. Wie brisant die Situation ist, zeigen die Anschläge in der Nacht zum Dienstag. Neben dem von der Polizei mitgeteilten Angriff auf das türkische Lokal „Pamukkale Köz“ in der Susannenstraße, bei dem kurz nach Mitternacht mehrere große Fensterscheiben von zwei Tätern zertrümmert und die Wände mit Parolen beschmiert wurden, während noch Gäste an den Tischen saßen, gab es einen Farbanschlag auf die Wohnung eines Rechtsanwalts an der Elbchaussee, hinter dem linke Gruppen vermutet werden, sowie Sachbeschädigungen an einem Lebensmittelladen in Wilhelmsburg und an der Commerzbank in der Hamburger Straße – vermutlich durch militante Kurden.
„Wir werden schon bald nur noch die absolut nötigen Pflichtaufgaben wahrnehmen können“, sagt Joachim Lenders, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft. „Alles, was die Polizei darüber hinaus tut, wird man infrage stellen müssen.“ Damit sind etwa die Einsätze gegen die Dealerszene und die verstärkte Polizeipräsenz an Wochenenden auf dem Kiez, aber auch größere Verkehrskontrollen gemeint. „Die Hamburger Polizei hat einfach keinen Puffer mehr“, so Lenders. Die vier Einsatzzüge, Zusatzkräfte für besondere Situationen sind laut Lenders komplett mit Regelaufgaben beschäftigt. Drei sind im Einsatz gegen die Drogenszene, einer gegen Einbrecher im Rahmen der Soko „Castle“. „Dieses Jahr hat es in sich und wird es weiter in sich haben“, so Lenders. „Die Belastungssituation ist enorm. Dabei sind wir jetzt noch in der traditionell einsatzarmen Zeit. Zudem ist viel Personal da, weil nur wenige Beamte im Gegensatz zu den Sommermonaten jetzt Urlaub nehmen.“
„Wir erleben aktuell belastende Einsatztage für die Polizei Hamburg“, sagt Polizeisprecher Timo Zill. „Deswegen wurden die Hamburger Einsatzkräfte bereits am Montag aus Bundesländern unterstützt. Das werden wir auch in den kommenden Tagen und Wochen fortführen.“