Hamburg. Sie bevorzugen Wertpapiere nachhaltiger Unternehmen. Das Problem: Sie können weniger fürs Alter zurücklegen
Lange hat es Katrin Busack vor sich hergeschoben. Sie weiß, dass sie auch als Beamtin noch etwas für ihre Altersvorsorge tun muss. „Mein Mann hat mich gedrängt, das Thema nicht länger zu vernachlässigen“, sagt die 48-Jährige Studienrätin, die in einer Sonderschule in Teilzeit unterrichtet.
Schon deshalb kann sie sich nicht nur auf ihre Pension verlassen. Die reduzierte Stundenzahl hat sie gewählt, um mehr Zeit für ihre beiden Kinder zu haben. Zwar kann sie im Alter in einer abbezahlten Immobilie wohnen, doch allein darauf soll sich die Altersvorsorge nicht gründen.
Ihre Situation ist typisch für Frauen. Sie arbeiten häufiger in Teilzeit, weil sie sich um Kinder und Haushalt kümmern oder Angehörige pflegen. Das hat gravierende Auswirkungen auf ihre Einkünfte im Alter, ermittelte das gewerkschaftsnahe Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI). Danach gehen Frauen im Schnitt mit einer Rente von 634 Euro pro Monat in den Ruhestand. Männer kommen auf 1154 Euro. Noch größer sind die Unterschiede bei Betriebsrenten in der Privatwirtschaft.
Frauen erhalten 240 Euro, Männer 593 Euro pro Monat. Nur sieben Prozent der Rentnerinnen, aber 26 Prozent der Rentner haben überhaupt Ansprüche aus der betrieblichen Altersversorgung. Die Finanzplanerin Tatjana Rosendorfer sieht die Ursache für dieses Auseinanderdriften vor allem in strukturellen Gründen. Frauen sind häufiger in schlechter bezahlten Berufen tätig, sie haben seltener Führungspositionen und sie haben seltener in verantwortlicher Position mit Finanzen zu tun. Das entfremdet sie auch vom Thema Finanzen.
Rechtzeitig für die Rente sparen
Umso wichtiger ist es, dass sich Frauen selbst um ihre Finanzen kümmern. „Spätestens ab dem 35. Lebensjahr bekommt man einen Brief von der Deutschen Rentenversicherung mit einer Übersicht zu aktuellen Rentenansprüchen und eine Prognose für das Alter“, sagt Doris Kappes von der Verbraucherzentrale Hamburg. Wenn sich dann zeige, dass im Alter als Rente nur mit einer Grundsicherung zu rechnen ist, dann werde es höchste Zeit zu sparen. „Das ist selbst mit kleinen Beträgen von 25 Euro oder 50 Euro im Monat möglich“, sagt Kappes.
Susanne Kazemieh hat schon viele Frauen beraten. Sie ist Gründerin der Frauenfinanzgruppe in Hamburg. Mit rund 14.000 Kundinnen ist sie inzwischen der größte unabhängige Anbieter für die Zielgruppe in der Hansestadt. „Die Produkte sind für Frauen nicht anders als für Männer, aber Frauen wünschen sich eine achtsamere Begleitung, damit sie Lust haben, ihre Finanzplanung in die eigenen Hände zu nehmen“, sagt Kazemieh. „Das Schlimmste ist, wenn sich Ehefrauen bei der Altersvorsorge auf ihren Ehemann verlassen.
Denn bei einer Trennung bleibt von solchen Hoffnungen meist nichts.“ Deshalb stellt sie auch energische Forderungen auf: „Wenn die Frau zur Kindererziehung zu Hause bleibt, dann muss sie von ihrem Partner einen Betrag für die persönliche Altersvorsorge einfordern.“ Zunächst sucht sie aber das Gespräch mit den Kundinnen, erforscht ihre Situation. Denn erst einmal ist es wichtig, existenzielle Risiken wie Berufsunfähigkeit abzusichern oder eine Haftpflichtversicherung abzuschließen, bevor mit dem Sparen begonnen wird.
Die Sonderschulpädagogin Katrin Busack hat diese Schritte schon hinter sich. Jetzt erwartet sie bei der Hamburger Sutor Bank einen konkreten Vorschlag für ihre Versorgungslücke. Zwar hat sie bereits vor vielen Jahren eine private Rentenversicherung mit einem noch hohen Garantiezins abgeschlossen, doch ihr Berater Andreas Vulovic von der Sutor Bank hat dennoch eine Versorgungslücke von 200 Euro im Monat ermittelt. Die kann in den nächsten 20 Jahren geschlossen werden, wenn Busack monatlich 100 Euro spart.
Frauen sparen durchschnittlich 95 Euro im Monat
Damit liegt sie fast im statistischen Durchschnitt. Nach einer repräsentativen Umfrage der Comdirect Bank sparen Frauen monatlich 95 Euro, Männer kommen auf 125 Euro. Doch wie legt man das Geld am besten an? „Für viele Frauen ist es ein großes Problem, dass es fast gar keine Zinsen mehr gibt“, sagt Kazemieh. „Denn wer weniger Geld zur Verfügung hat, dem ist Sicherheit besonders wichtig.“ Generell setzen Frauen mehr auf Sicherheit ihrer Anlagen und nehmen dafür eine geringere Rendite hin. 54 Prozent der Frauen ist der Erhalt des Kapitals wichtiger als das Mehren. Von den Männern sagen das nur 43 Prozent, geht aus einer Umfrage von JP Morgan Asset Management hervor. Diese Tendenz bestätigt auch Expertin Kazemieh. „Frauen fragen auch häufiger nach nachhaltigen Geldanlagen, die ökologische und soziale Kriterien berücksichtigen“, sagt sie.
Bei der Aktienanlage sind Frauen immer noch zurückhaltend. Sie haben mit knapp zehn Prozent nur halb so viel Dividendenpapiere oder Aktienfonds in ihren Depots wie Männer, ermittelte Comdirect. „Auf lange Sicht gesehen ist das eine schlechte Entscheidung, denn in Zeiten von Niedrigzinsen ist das Sparbuch für eine langfristige Geldanlage keine Alternative“, sagt Sabine Schoon von Comdirect. Auch Katrin Busack musste sich erst mit einer Aktienanlage anfreunden. „Ich gehe nicht gern große Risiken ein“, sagt sie.
Ohne Risiko gibt es derzeit kaum noch eine Rendite
„Ohne Risiko gibt es im Moment keine Rendite“, sagt ihr Berater Vulovic. „Man kommt um den Aktienmarkt nicht herum, wenn man langfristig Vermögen für die Altersvorsorge aufbauen möchte.“ Deshalb spart Busack jetzt 100 Euro in zehn bis 20 verschiedenen sogenannten ETF-Fonds an, die meist einen Aktien- oder Anleihenindex abbilden. Was die Privatbank mit großen Beträgen für vermögende Kunden praktiziert, wird hier auf kleines Geld heruntergebrochen. Regelmäßig berät ein Anlageausschuss, ob die Zusammensetzung und Gewichtung der Fonds noch zur Entwicklung am Kapitalmarkt passt.
Vulovic hat eine beruhigende Botschaft für Busack: „Das Risiko lässt sich durch eine entsprechend lange Zeit des Sparvorgangs und durch die Mischung von Aktien und festverzinslichen Wertpapieren begrenzen“, sagt er. Entsprechend der Risikobereitschaft von Busack hat sich die Bank für eine Lösung entschieden, bei der der Aktienanteil je nach Kapitalmarktlage zwischen 30 und 60 Prozent liegen kann. „Der Rest sind fest verzinsliche Wertpapiere, die zu einem großen Anteil aus Unternehmensanleihen bestehen, die noch einen etwas höheren Zinsertrag bringen“, sagt Vulovic. Aktuell liegt die Aktienquote von Sabine Busacks Sparplan knapp über 50 Prozent. „Mit einem zu großen Aktienanteil hätte ich nicht ruhig schlafen können“, sagt sie. Auf mögliche Verluste hat sie sich eingestellt. Aus den Erfahrungen der Vergangenheit kann es auch einmal ein Jahr geben, indem das Depot 22 Prozent im Minus steht.
Im Schnitt soll aber der Sparplan bei einer Laufzeit von 20 Jahren eine durchschnittliche Rendite von 4,5 Prozent bringen. „Wir haben da sehr konservativ gerechnet“, sagt Vulovic. Aus jährlichen Einzahlungen von 1200 Euro sollen binnen zwei Jahrzehnten rund 38.000 Euro werden. Daraus können dann über 25 Jahre monatlich 200 Euro entnommen werden, vorausgesetzt die Anlagestrategie wird beibehalten.
Mit dem Sparplan bleibt Busack flexibel. Das war ihr wichtig. Sollten die Zinsen deutlich höher sein, wenn sie im Ruhestand ist, lässt sich das Ersparte auch wieder ganz oder teilweise in konservative Zinsanlagen umschichten.
73 Prozent aller Teilzeitarbeiter sind Frauen
67 Prozent aller Beschäftigten in Hamburg, die nicht Vollzeit arbeiten oder einen Minijob haben, sind nach Angaben der Gewerkschaft NGG (Nahrung, Genuss, Gaststätten) Frauen. Bei den rund 264.200 Teilzeitstellen in der Hansestadt liegt der Frauenanteil nach
Angaben der Arbeitsagentur sogar bei 73 Prozent.
„Eine Karrierefalle“, sagt die Hamburger NGG-Geschäftsführerin Silke Kettner. Eine Kellnerin, die 20 Stunden pro Woche arbeite, habe es beim Aufstieg schwerer. Das gehe aus einer Studie der Hans-Böckler-Stiftung hervor.
Nach Einschätzung der NGG könnte sich die Altersarmut für Frauen in Hamburg verschärfen. „Geringere Löhne und kürzere Arbeitszeiten sorgen für magere Renten“, so Kettner.