Hamburg. Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt: Nachbarn müssen es aushalten, dass in besseren Vierteln nachverdichtet wird.
In Winterhude ist die geplante Nachverdichtung an der Dorotheenstraße das Gesprächsthema. Bislang hatte sich Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD) in der öffentlichen Debatte um den Bau von 109 Wohnungen zurückgehalten. Doch jetzt bezieht die SPD-Politikerin im Abendblatt-Gespräch eine deutliche Position: „Wir müssen die Bürger in Winterhude überzeugen, dass das Bauvorhaben am Mühlenkampkanal ein Projekt ist, von dem der gesamte Stadtteil profitiert. In Hamburg wird dringend Wohnraum benötigt – und dazu gehört eben auch die Innenentwicklung in gefragten Quartieren“, sagte Stapelfeldt.
Die Robert Vogel GmbH &Co KG plant im Zuge einer Nachverdichtung die Bebauung eines Areals an der Dorotheenstraße, auf dem bereits drei Hochhäuser stehen (wir berichteten). Die 109 Wohnungen am Wasser sollen für mindestens fünf Jahre für neun Euro Kaltmiete pro Quadratmeter vermietet werden. In der bevorzugten Wohngegend sind bis zu 13 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter üblich.
10.227 Unterschriften für Erhalt der Grünfläche
Die Politik unterstützt diese Pläne, doch die Initiative „SOS Mühlenkampkanal“ hat nach eigenen Angaben 10.227 Unterschriften für den Erhalt der Grünfläche gesammelt. Für einen Bürgerentscheid sind 7115 Unterschriften notwendig. In dieser Woche soll das Ergebnis der Auszählung vom Bezirk bekannt gegeben werden. Wenn dieses zustande kommt, könnten die Bürger im Bezirk Nord abstimmen, ob sie das Bauvorhaben befürworten oder ablehnen.
Sollte es ein negatives Votum geben, könnte der Senat immer noch diese Entscheidung evozieren – also an sich ziehen – und so das Bauvorhaben trotzdem genehmigen. Allerdings setzt Senatorin Stapelfeldt zunächst auf „den Dialog mit den Bürgern vor Ort. Den Menschen in Winterhude gebe ich zu bedenken, dass ein solches Bauvorhaben gerade denen zugutekommt, die dringend eine bezahlbare Wohnung suchen.“
Stapelfeldt wird deutlich
Im Abendblatt-Gespräch wird Senatorin Stapelfeldt deutlich: „Ich erwarte eine gewisse Solidarität von den Menschen in der Nachbarschaft an der Dorotheenstraße. Da muss man es auch aushalten, dass in vertretbarem Maße neuer Wohnraum entsteht, der auch für die bezahlbar ist, die sich in diesem Quartier ansonsten keine Wohnung leisten könnten.“ Es könne in einer Großstadt wie Hamburg nicht sein, dass jeder nur an sich denke unter dem Motto „Wohnungsbau ja, aber nicht in meiner Nachbarschaft“.
Wie steht Senatorin Stapelfeldt zu einer Evokation? „Diese Frage stellt sich jetzt noch nicht, vielmehr muss gemeinsam mit der Initiative nach einer Lösung gesucht werden.“ Der Wohnungsbau, die Vorgabe sind 10.000 Baugenehmigungen für Wohnungen pro Jahr, ist eine Herzensangelegenheit der Senatorin. „Wenn wir auch in gefragten Lagen Wohnungsbau realisieren möchten, ist die Innenentwicklung dafür ein wichtiges Instrument. Deshalb müssen die Stadt und die Grundeigentümer gemeinsam intensiv nach geeigneten Flächen suchen.“
Unterstützung auch von Siegmund Chychla
Schon jetzt gilt: Ab dem Neubau von 30 Wohnungen muss ein Drittel sozialer Wohnungsbau mit Mieten ab 6,50 Euro pro Quadratmeter realisiert werden. Auch in Spitzenlagen wie der HafenCity. „Wir wollen nicht, dass sich die Reichen abschotten. Es muss eine gute Mischung sein. Deshalb ist es sinnvoll, wenn auch in gefragten Vierteln Sozialwohnungen gebaut werden.“ Das gelte ebenso für Stadtteile wie Harvestehude oder Rotherbaum. Die Senatorin sieht in Hamburg ein Potenzial für den Neubau von 130.000 Wohnungen bis 2030. Denn „die Nachfrage ist da“, sagte Stapelfeldt.
Unterstützung für das Projekt von Robert Vogel kommt auch von Siegmund Chychla, Vorsitzender des Mietervereins zu Hamburg: „Wir befürworten eine Nachverdichtung an der Dorotheenstraße. Denn hier würde bezahlbarer Wohnraum an einem attraktiven Standort geschaffen.“ Dieses Bauvorhaben hätte Vorbildcharakter für die gesamte Stadt, denn neue Wohnungen für Menschen, die nicht über Spitzeneinkommen verfügen, seien rar.
Der Investor hält an den Planungen fest
Unterdessen kündigte Robert-Vogel-Geschäftsführer Lars Hansen an: „Als Teil des Hamburger Bündnisses für das Wohnen nehmen wir unsere soziale Verantwortung ernst. Deshalb halten wir auch am Projekt Dorotheenkai fest. Wir hoffen weiterhin, dass wir gemeinsam eine Lösung erarbeiten können, die konsensfähig ist.“
Die Kritiker bleiben bei ihrer ablehnenden Haltung: „Die Stadtplanung in Hamburg darf nicht von einzelnen Investoren gemacht werden, sondern von der Stadt. Die einzelnen Investoren haben nur ihre Interessen im Blick und kümmern sich nicht um die Bedürfnisse des gesamten Stadtteils“, sagte Bernd Kroll. Der CDU-Bezirkspolitiker berät in seiner Funktion als Mitglied des Vorstands von Mehr Demokratie die Initiative „SOS Mühlenkampkanal“. Wenn auch in Winterhude eine Nachverdichtung erfolgen solle, sei dieses nur unter der Voraussetzung einer intensiven Beteiligung der Bevölkerung möglich, findet er.