Hamburg. Im Rathaus hätten Vertreter mit über die Zukunft der katholischen Schulen diskutieren sollen. Politiker reagierten „sehr enttäuscht“

Die Bemühungen um die Rettung der bis zu acht katholischen Schulen, die geschlossen werden sollen, haben einen Rückschlag erlitten. Das Erzbistum, Träger von insgesamt 21 Schulen, hat am Donnerstag kurzfristig die Teilnahme an der Sitzung des Schulausschusses der Bürgerschaft abgesagt, in der die Lage der katholischen Schulen am Abend erörtert worden ist.

„In mehreren Gesprächen ist es nicht gelungen, die Bedingungen für eine Teilnahme des Erzbistums zu klären“, sagte Manfred Nielen, Sprecher des Erzbistums. Zum einen ging es darum, dass das Erzbistum nur bereit war, in einer zum Teil nicht öffentlichen Sitzung Auskunft etwa über den Stand der Gespräche mit der Initiative zur Gründung einer Schulgenossenschaft, die alle 21 Schulen in ihre Regie übernehmen will, zu geben. „Das hat die Vorsitzende des Schulausschusses, Stefanie von Berg, abgelehnt“, sagte Nielen.

Kirche „befremdet“ wegen Ermahnung

Außerdem ist die Kirche „befremdet“ wegen einer Erklärung der beiden Regierungsfraktionen von SPD und Grünen. Sie hatten das Erzbistum am Montag „ermahnt, ernsthafte und ergebnisoffene Gespräche“ mit der Genossenschaft zu führen. „Der Versuch, vonseiten der Politik in die Entscheidungshoheit und das Selbstbestimmungsrecht der Kirche einzugreifen, untergräbt die Vertrauensbasis, die für Gespräche notwendig ist“, sagte Bistumssprecher Nielen.

Leitartikel: Kirche ins Gebet nehmen

Die Reaktion ließ nicht lange auf sich warten. „Es enttäuscht mich sehr, dass das Erzbistum die Teilnahme an der Sitzung kurzfristig abgesagt hat“, sagte von Berg. Die Anhörung habe dazu dienen sollen, offene Fragen zu klären und Lösungsansätze auch mit Vertretern der Initiative zu erörtern. „Die Absage ist eine Missachtung der parlamentarischen Demokratie“, sagte von Berg.

„Wir bedauern die Absage sehr. Heute wäre eine gute Gelegenheit gewesen, miteinander ins Gespräch zu kommen“, sagte die SPD-Schulpolitikerin Barbara Duden. Die SPD hoffe, dass das Erzbistum „im Interesse der betroffenen Schüler, der Eltern sowie der Lehrkräfte den Dialog aufnimmt und den Schulen sowie der Genossenschaft eine echte Chance gibt“.

Auch CDU kritisiert Regierungsfraktionen

Doch in der Frage des Umgangs mit der Kirche sind die Bürgerschaftsfraktionen zerstritten. Die CDU-Opposition macht die Regierungsfraktionen für die Absage verantwortlich. „SPD und Grüne torpedieren aktiv die Versuche des Erzbistums, mit dem Schulausschuss eine gemeinsame Gesprächsgrundlage zu finden und dabei auch über eigene Verantwortung zu sprechen“, sagte Birgit Stöver, schulpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion. Es sei „beschämend“, dass Rot-Grün durch Einmischungen und voreilige Erklärungen solchen Gesprächen die Grundlage entziehe.

„Die kurzfristige Absage des Erzbistums ist keine kommunikative Glanzleistung, darf aber auch nicht überdramatisiert werden“, sagte FDP-Fraktionschefin Anna von Treuenfels-Frowein. Als „vertane Chance“ bezeichnete Linken-Fraktionschefin Sabine Boeddinghaus die Absage. „Sicher ist, dass das Erzbistum so nicht zu einem konstruktiven, offenen und transparenten Dialog beiträgt und schon mal gar nicht verloren gegangenes Vertrauen in seine Kompetenz guter Schulverwaltung zurückgewinnt.“

Henrik Lesaar, der Vorsitzende der Gesamtelternvertretung der katholischen Schulen, sagte: „Das Gespräch hätte eine gute Gelegenheit geboten, um Vertrauen wieder herzustellen und Transparenz zu schaffen.“

Kirche interessiert an gemeinsamer Lösung

Bistumssprecher Nielen betonte, dass die Kirche weiterhin Interesse an der gemeinsamen Erarbeitung von weitergehenden Lösungen habe. „Deswegen lädt der Erzbischof sowohl den Schulausschuss als auch – zu einem anderen Termin – die sich gründende Schulgenossenschaft zu einem Gespräch ins Bischofshaus ein“, sagte der Sprecher. Dass der Ausschuss eine Sitzung in den Räumen des Bistums abhält, gilt als unwahrscheinlich. Denkbar ist eher, dass die Obleute der Fraktionen zu einem Gespräch vorbeischauen.

Positiv reagierte die Initiative zur Gründung der Genossenschaft. „Wir freuen uns über die Ankündigung des Erzbischofs, nunmehr einen Gesprächstermin mit uns zu vereinbaren. Es ist im Interesse aller Beteiligten, zügig Klarheit über die nächsten Schritte herzustellen“, sagten Christian Bernzen und Nikolas Hill als Vertreter der Initiative, der sich nun auch Katrin Göring-Eckardt, Grünen-Fraktionschefin im Bundestag, angeschlossen hat.

Erzbistum fehlt Genossenschafts-Konzept

Die Fronten zwischen dem Erzbistum und der Initiative sind nach Abendblatt-Informationen verhärtet. Dem Erzbistum fehlt ein Finanz- und Wirtschaftskonzept der künftigen Genossen für den Erhalt der Schulen. Die Initiative umgekehrt verlangt zunächst Einblick in das Gutachten der Wirtschaftsberater von Ernst & Young, die die dramatische Schieflage des Erzbistums analysiert und unter anderem alle 21 Schulstandorte untersucht haben. Im Schulausschuss legten Vertreter der Genossenschaft am Abend ein betriebswirtschaftliches Konzept für die 21 Schulen vor, das allerdings den Sanierungs- und Modernisierungsstau unberücksichtigt lässt.