Hamburg. Der Hamburger Reeder gibt das Schifffahrtsunternehmen an die Zeaborn-Gruppe ab. Wie es nun weitergeht.
Er sei aufgeregt, sagte Erck Rickmers bei einer eilig einberufenen Pressekonferenz am Montagmittag – dann sprudelte es aus dem bekannten Hamburger Reeder nur so heraus. Wortreich erklärte er, warum er, der Letzte einer traditionsreichen Reedereidynastie, sein Schifffahrtsgeschäft mit dem Namen E.R. Schiffahrt an die Bremer Zeaborn-Gruppe verkauft.
Ausgerechnet Erck Rickmers. Lange Zeit war er selbst Teil der Konsolidierung am Schifffahrtsmarkt, der vor bald zehn Jahren unvermittelt in die Tiefe rauschte. Er galt in dem Chaos in einer Branche, die von Bankschulden, Pleiten und Notverkäufen geprägt ist, als ein Hort der Beständigkeit.
Leitartikel: Fertig machen zur Wende!
Weil er rechtzeitig sein Unternehmen auf mehrere Standbeine gestellt, Schiffe profitabel verkauft und gewinnträchtige Unternehmen zugekauft hatte. „2017 haben wir allein mit der E.R. Schiffahrt ein Plus von knapp zehn Millionen Euro erwirtschaftet.“
Bruder Bertram musste Insolvenz anmelden
Vor knapp zwei Jahren hatte Erck noch mit seinem Bruder Bertram – „mit dem ich freundschaftlich verbunden bin“ – einen Zusammenschluss ihrer Schifffahrtsaktivitäten angestrebt. Der Versuch scheiterte. Offenbar war Erck schon damals klar gewesen, dass es kein gutes Ende nehmen würde. Im Juni 2017 musste Bertram Rickmers Insolvenz anmelden und verlor alle Gesellschafteranteile an seiner Reederei. Erck konnte weitermachen und gründete die Blue Star Group als Schiffsfinanzierer.
Warum also verkauft dieser Mann jetzt das klassische Reedereigeschäft, das er vor 20 Jahren in Hamburg aufgebaut und profitabel gehalten hat? „Zwei Worte reichen als Begründung“, sagt er. „Size matters.“ Was bedeutet: Die Größe entscheidet.
Um eine Flotte angesichts niedriger Charterraten heutzutage rentabel zu betreiben, muss sie möglichst groß sein. Man habe versucht „anorganisch“ – also durch Zukäufe – zu wachsen, aber keine Reederei sei bereit gewesen an die E.R. Schiffahrt zu verkaufen, sagte Erck Rickmers. Auch organisch, durch die eigenen Geschäftsaktivitäten, weiterzuwachsen sei immer schwieriger geworden. E.R. Schiffahrt betreute zuletzt 81 Schiffe, nach Ansicht von Rickmers hätte die Flotte auf 200 Schiffe anwachsen müssen, um sie dauerhaft rentabel zu führen.
„Wir konnten nicht mehr gestalten“
„Wir waren nur noch ein Wettbewerber, konnten nicht mehr richtig gestalten. Wer die Zukunft aber nicht selbst gestaltet, der wird gestaltet“, sagte Rickmers. Dass er nun an die zur Bremer Zech-Gruppe gehörende Zeaborn verkauft, die es erst seit 2014 gibt, erklärt Rickmers damit, das Zeaborn das tut, was E.R. Schiffahrt zuletzt nicht mehr konnte: mit viel Geld ausgestattet schnell wachsen. „Sehr aggressiv“ treibe Zeaborn seine Wachstumsstrategie voran.
2017 hatte das Unternehmen, hinter dem der Bremer Bauunternehmer Kurt Zech steht, bereits die insolvente Reederei Rickmers von Ercks Bruder Bertram übernommen. Nun also kommen die Schiffe der Gebrüder Rickmers doch noch in einer Flotte zusammen – wenn auch aus unterschiedlichen Gründen, wie Erck Rickmers betont: „Wir handeln aus eine Position der Stärke. Bei uns hat es keine Restrukturierungen durch Banken gegeben.“
Alle Arbeitsplätze sollen erhalten bleiben
Er hätte das Unternehmen auch an einen US-amerikanischen Finanzinvestor verkaufen können. „Der hätte den Betrieb aber zerschlagen. Ich wollte eine norddeutsche Lösung, die gut für Hamburg ist“, so Rickmers. Mit der Übernahme durch Zeaborn würden alle 200 Arbeitsplätze erhalten. Der Firmensitz bleibe auch in der Stadt, wenn auch an einem neuen Standort. Den wolle er noch nicht bekannt geben.
Den Firmennamen E.R. Schiffahrt will Rickmers nicht verkaufen. „Der bleibt hier. Vielleicht mache ich damit noch etwas Neues, wenn die Zeit passt.“ Anders als Bruder Bertram, der über eine Minderheitsbeteiligung an Zeaborn weiter mit seinen Schiffen arbeitet, zieht Erck einen Schlussstrich: „Ich will selbst gestalten und nicht mit 18 oder 25 Prozent an einem Tisch sitzen, an dem die Gesellschafterversammlung eigentlich schon gelaufen ist.“
Was Erck Rickmers jetzt plant
Er sei freudig aber auch melancholisch gestimmt, weil ein wichtiger Lebensabschnitt zu Ende gehe, sagte Rickmers. Er hat jetzt mehr Zeit, sich um seine anderen Geschäfte zu kümmern. So will er über die Blue Star Group neue Schifffahrtsinvestments für institutionelle Anleger entwickeln.
Und dann hat der mehrfache Millionär, der auch einmal kurzzeitig als SPD-Bürgerschaftsabgeordneter in der Hamburger Politik mitgemischt hat, noch eine neue Aufgabe, über die er vorerst nicht reden will: „Etwas mit Philanthropie.“
Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) begrüßte, dass die Arbeitsplätze in Hamburg erhalten bleiben sollen. „Der Zech-Gruppe wünsche ich viel Erfolg am Standort Hamburg.“