Hamburg. Der maritime Standort Hamburg ist in der Krise. Die Zukunft wird nicht allein im Hafen sein. Es ist Zeit für eine Wende.

Die maritime Wirtschaft in Hamburg ist längst Kummer gewohnt. Es ist inzwischen ein gutes Jahrzehnt her, als man sich in der besten aller Welten wähnte: Der Hamburger Hafen wuchs zweistellig und sprang auf Platz zwei in Europa; die HSH Nordbank war der größte Schiffsfinanzierer der Welt und zum Global Player avanciert – und die Hamburger Reedereien feierten sich als ebenso wichtiger wie erfolgreicher Spieler im Welthandel.

Im Jahr 2018 kommen vor allem Hiobsbotschaften aus dem Hafen: Im zurückliegenden Jahr dürfte der Containerumschlag bestenfalls gleich geblieben sein, der Rückstand zu den Häfen in Antwerpen und Rotterdam ist gewaltig gewachsen. Die HSH Nordbank wird bald neue Eigner haben, und schon ein zehnstelliger Verkaufspreis wäre ein großer Erfolg – obwohl für die Steuerzahler im Norden elfstellige Verluste anfallen. Die einstmals stolzen Hamburger Reeder sind kleinlaut geworden. Gestern gab Erck Rickmers bekannt, dass er das Geschäft seiner E.R. Schiffahrt an die Zeaborn-Gruppe verkauft; die Bremer hatten im Herbst schon die Rickmers-Gruppe vom Insolvenzverwalter übernommen.

Die Gründe für den Niedergang sind vielfältig: Der Welthandel entwickelte sich weniger dynamisch, als es erwartet worden war – und als es erwartbar war. Selbst alte volkswirtschaftliche Weisheiten, dass der Welthandel stets schneller wächst als die Wirtschaft, gelten nicht mehr. Doch zu dem Pech kam eben auch Unvermögen hinzu: Die Expansionsstrategie der Reeder und Banken scheiterte kläglich – und wurde durch absurde Steuervorteile auch noch staatlich alimentiert. Die Elbvertiefung, seit 2002 geplant, ist 16 Jahre später noch immer nicht umgesetzt. Das ewige Hin und Her hat den Hafen schon jetzt schwer beschädigt.

Aufbruch in der Wissenschaft

Immerhin gibt es Hoffnung: 2018 könnte endlich die Elbvertiefung beginnen, und die für die Branche so entscheidenden Frachtraten haben sich 2017 erholt. Wegen der Überkapazitäten aber bleibt das Geschäft schwierig.

So wichtig es ist, die darbende Branche politisch zu unterstützen, so entscheidend wird sein, Hamburg in Zukunft neu und zukunftsfest aufzustellen. Immerhin hat die Hansestadt das Glück, besser regiert zu werden als die Republik. Anders als die Große Koalition unter Angela Merkel, Martin Schulz und Horst Seehofer, die im Vergangenen verhaftet scheinen, ist das rot-grüne Bündnis in der Hansestadt durchaus der Zukunft zugewandt – und das hat gerade mit den Grünen zu tun.

Im Bereich der Wissenschaften erlebt die Stadt in diesen Monaten den ersten Aufbruch ihrer Geschichte. Die Hochschulen bekommen nicht nur mehr Geld, sondern endlich auch neue Köpfe. Spitzenforschung beschränkt sich nicht länger auf das Desy, sondern erhält durch neue Fraunhofer-Institute Leuchttürme der Wissenschaft. Das neue „Start-up-Gründungsstipendium“ motiviert junge innovative Unternehmer. Und mit den ehemaligen Hafenflächen verfügt Hamburg über perfekte Lagen, um neue Zukunftsbranchen anzusiedeln. Die Stadt der Pfeffersäcke wandelt sich in eine Metropole des Wissens. Das griechische Wort Krisis beschreibt die Lage treffend: Es bedeutet die Zuspitzung eines Problems – und zugleich den Wendepunkt.

Allerdings wird es dauern, bis Hamburg von diesen überfälligen Weichenstellungen profitiert. Es werden Jahre, möglicherweise Jahrzehnte vergehen, bevor die Hansestadt die Dividende einfahren kann. Allein das zeigt: Der Hafen wird noch lange gebraucht.