Hamburg. Bisher größter Modernisierungsschub im Breitensport. Umfangreichste Projekte beim ETV und Club an der Alster.
Der Hamburger Sport rüstet weiter auf. Neben den Investitionen der Stadt für öffentliche Anlagen und Turnhallen, etwa 400 Millionen Euro in den zehn Jahren von 2015 bis 2024, geben immer mehr Vereine Geld für Neubau oder Sanierung ihrer Spielflächen aus. 250 Hamburger Clubs sind Besitzer von 380 Sportstätten und 1000 Einzelsportanlagen, die sich auf diesen befinden.
„Für 2018 haben unsere Vereine Bauvorhaben mit einem Investitionsvolumen von 50 Millionen Euro angezeigt“, sagt der Architekt Bernard Kössler, stellvertretender Vorsitzende des Hamburger Sportbunds (HSB). Das ist ein deutlicher Zuwachs. Die größten Projekte sind der Bau eines multifunktionalen Sport- und Stadtteilzentrums mit Bewegungskita des Eimsbütteler Turnverbands (ETV/14.300 Mitglieder) auf der Tennisanlage am Lokstedter Steindamm. Bisher kalkulierte Kosten: 15 Millionen Euro.
Noch Größeres plant Der Club an der Alster auf seinem Areal am Harvestehuder Rothenbaum. Für 17 Millionen Euro soll auf dem Gelände eine neue Mehrzweckhalle und ein Hockeystadion entstehen. Während das ETV-Vorhaben in der Schlussphase der Finanzierungsgespräche mit Stadt, Bürgerschaft und Bezirken steckt, muss Alster seine rund 4000 Mitglieder erst noch vom Nutzen der Umgestaltung überzeugen, die auch den Abriss des Tennisstadions (13.200 Plätze) einschließen würde.
Nicht an der Qualität sparen
„Abgesehen von diesen beiden Großprojekten wären es noch 17 Millionen Euro, die andere Clubs dieses Jahr investieren wollen“, sagt Kössler. „Wer bessere Sportangebote machen will, der darf an der Qualität und Quantität der Sportstätten nicht sparen.“ Das lehrt auch die Erfahrung vieler Vereine. Nur mit modernen Plätzen und Hallen lassen sich neue Mitglieder gewinnen.
Der HSB zählt derzeit 525.000 Mitgliedschaften in 810 Clubs. Hinzu kommt der Verein Sportspaß mit 70.000 Mitgliedern. An der vom HSB gewährten Förderung kann die jüngste Entwicklung abgelesen werden: 2015 gewährte der Sportbund an Zuschüssen/Darlehen 2.576.000 Euro, was einer realisierten Gesamtinvestition der Vereine von 9.230.000 Euro entsprach. 2016 waren es 3.165.000 Euro (Gesamtinvestition 12.504.000 Euro), 2017 exakt 2.501.000 Euro (12.332.968,04 Euro). Hinzu kamen Fördermittel der Stadt und der Bezirke.
Neues Passivhaus für den NTSV
Einen Blick hat Mike Schreiber schon mal in seine neuen Büroräume geworfen. Noch hängen dort Drähte aus den Wänden, stehen mit Mörtel befleckte Stühle herum, aber spätestens Ende Mai will der Geschäftsführer des Niendorfer Turn- und Sportvereins (NTSV) von hier aus den 99 Jahre alten Großverein mit seinen derzeit 8500 Mitgliedern managen. Rund 2,5 Millionen Euro kostet das Passivhaus am Kunstrasensportplatz des Gymnasiums Bondenwald mit Solar- und Fotovoltaikanlage auf dem Dach, das auf zwei Etagen Platz für vier Umkleidekabinen, eine Mehrzweckhalle (240 Quadratmeter) und die Verwaltung (280 Quadratmeter) bietet. Die bisherige Clubzentrale am Sachsenweg 78 wird dann zur Außenstelle.
Der NTSV liegt im Trend. Immer mehr Hamburger Vereine sanieren ihre Anlagen oder bauen mit städtischer, bezirklicher und Unterstützung des Hamburger Sportbunds (HSB) neue. Dem HSB liegen Anträge für 264 Baumaßnahmen mit einer anerkannten Investitionssumme von rund 50 Millionen Euro vor.
„Die neuen Räumlichkeiten geben uns die Chancen zu wachsen“, sagt Schreiber. Zuletzt stagnierte die Mitgliederzahl. Im Gegensatz zu anderen Hamburger Stadtteilen wächst Niendorf nur marginal, die Einwohnerzahl beträgt derzeit 41.500, der Nettozuzug betrug in den vergangenen Jahren 1500 Personen. Immerhin: Ein Fünftel der Einwohner ist Mitglied des NTSV.
Haspa gewährt NTSV Kredit über 1,1 Millionen Euro
„In Niendorf, begrenzt vom Flughafen und Gehege, fehlen die Flächen für massiven Wohnungsbau“, sagte der NTSV-Vorsitzende Nils Kahn beim Neujahresempfang des Vereins, „dennoch wächst Niendorf bei steigendem Wohlstand und wird vor allem bei Familien immer beliebter.“ Die Jüngeren würden jedoch eher komfortablen kommerziellen Einrichtungen beitreten. „Uns muss künftig der Spagat gelingen, entsprechende Standards anzubieten und gleichzeitig unserer sozialen Verantwortung auch für einkommensschwache Familien als Verein gerecht zu werden“, sagte Kahn.
Der Neubau am Bondenwald verlangt dem Verein mit 7,5 Vollzeitstellen und ehrenamtlichem Vorstand organisatorisch und finanziell vieles ab. Niels Fölsch ist der Schatzmeister des Vereins, beim NTSV heißt er noch Kassenwart. Seit vier Jahren plant er das Projekt. 620.000 Euro steuert der Club aus Eigenmitteln bei, Stadt und Bezirk schießen 460.000 Euro zu, der HSB 180.000. Der Sportbund vergibt zudem ein zinsloses Darlehen über 140.000 Euro, den Rest, rund 1,1 Millionen Euro, lieh sich der Verein bei der Hamburger Sparkasse (Haspa) für einen Zinssatz von 2,45 Prozent. Laufzeit: 25 Jahre. Die Haspa refinanziert diesen Kredit bei der Frankfurter Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) aus dem Programm „energieeffizientes Bauen und Sanieren". Fölsch:„Nur im Zusammenspiel zwischen Haspa und KfW haben wir einen relativ günstigen langfristigen Kredit erhalten, ohne Grundstückseigentümer zu sein.“
Noch bessere Konditionen konnten nicht gewährt werden, weil das Grundstück der Stadt gehört. Die stellt es wiederum dem NTSV für zunächst 25 Jahre kostenlos zur Verfügung. Das nennt sich Sportrahmenvertrag. Die jährliche Belastung aus Tilgung und Zinsen für den Club: rund 65.000 Euro. „Machbar“, sagt Fölsch, „vor allem, wenn wir noch Mitglieder dazugewännen.“
Bewegungskita in Eimsbüttel
In Hamburg dürfte es auch künftig zahlreiche Großprojekte geben – etwa das vom Eimsbütteler TV am Lokstedter Steindamm geplante Sport- und Stadtteilzentrum mit Bewegungskita oder die konzipierte Umgestaltung der Tennis- und Hockeyanlage des Clubs an der Alster am Rothenbaum. Der ETV will 15 Millionen Euro investieren, Alster 17. Sportstättenentwicklung und Baumanagement wird bei den 250 Hamburger Vereinen mit eigenen Anlagen immer effektiver betrieben, losgelöst von Sportart und Größe. Fitness, Gymnastik, Hockey, Reiten, Rudern, Segeln, Schwimmen – in allen Bereichen wird in die Zukunft investiert, egal ob Einsparten- oder Mehrspartenverein.
Weitere Beispiele für Vorhaben, die 2018 fertiggestellt werden oder bereits fertig sind, wären: Alster-Ruderverein Hanseat (neues Vereinshaus mit Kraftraum), SC Victoria (Stadionumbau mit Kunstrasenfeld), Altonaer Turnverband (erweitertes Sportstudio), SV Eidelstedt (neues Sportstudio am Furtweg), Meiendorfer SV (neue Gymnastikhalle), Hamburger Turnerschaft von 1816 (neues Vereinszentrum in Kombination mit Schulbau), SC Condor (erste Paddel-Ten-nisanlage in Hamburg), Hamburger Rug-byverband (neues Vereinshaus im Stadtpark) und TV Lokstedt (neue Gymnastikhalle). Viele Sportanlagen werden zudem auf LED-Technologie umgerüstet.
Der HSB vergibt seine Zuschüsse, rund 2,5 bis 3,0 Millionen Euro im Jahr, nach Kriterien wie Kinder- und Jugendarbeit, Sozialstruktur des Vereins, wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und energetisches Optimieren. „Mit der Fördersumme können wir die Clubs momentan noch angemessen unterstützen“, sagt der Architekt Bernard Kössler, der stellvertretende Vorstandsvorsitzende des HSB.