Hamburg. Neue Innenrevision gegründet. Eltern in Angst vor „Geisterschulen“. Finanzausgleich zwischen den Bistümern.

Das Erzbistum Hamburg kommt angesichts der schweren Finanzkrise und des Plans, bis zu acht Schulen zu schließen, nicht zur Ruhe: Generalvikar Ansgar Thim hat nach Informationen des Abendblatts den Finanzdirektor des Erzbistums, Michael Focke, abberufen und versetzt. Das Erzbistum bestätigte den Vorgang und verwies auf die Neustrukturierung der gesamten Kirchenverwaltung.

„Ich errichte eine neue Stabsabteilung Interne Revision und Aufsichtswesen und berufe den bisherigen Abteilungsleiter und Finanzdirektor Michael Focke zum Leiter dieser Stabsabteilung“, sagte der Generalvikar auf Abendblatt-Anfrage. Im Bereich der Finanzabteilung geht es laut Thim vor allem um den Aufbau eines Controllingsystems und die Entwicklung eines wirksamen IT-Bereichs. Für den Con­trollingbereich hat der Generalvikar Mathias von Waldenfels zum 1. Februar als Berater berufen.

Gesamtüberschuldung von 79 Millionen Euro

Waldenfels hat für die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young im Auftrag des Erzbistums unter anderem die Wirtschaftlichkeit der katholischen Schulen untersucht. Ergebnis ist eine angebliche Gesamtüberschuldung des Erzbistums von 79 Millionen Euro, die bis auf mehr als 350 Millionen Euro im Laufe der nächsten Jahre emporschnellen soll, wenn nichts geschieht. „Es werden Schuldige gesucht“, sagen Kritiker der Verwaltung zur Abberufung des Finanzdirektors. „Der Generalvikar hat ein Problem mit Widerspruch.“

Inzwischen haben sich auch Schüler mit einem eindringlichen Appell zur Schließung von bis zu acht katholischen Schulen in Hamburg geäußert. „Das Vorgehen des Erzbistums ist widersprüchlich zu den Werten, die uns die katholische Kirche und die katholischen Schulen vermittelt haben“, erklärt die Gesamtschülervertretung. Sie fordert, dass alle 21 katholischen Schulen in vollem Umfang weitergeführt werden, ohne die Wirtschaftlichkeit in Betracht zu ziehen.

Eine Art Finanzausgleich

Außerdem solle es zwischen den Bistümern eine Art Finanzausgleich geben, um die katholische Bildung unabhängig vom Standort zu gewährleisten. Ob St. Marien, Franz-von-Assisi-Schule oder Niels-Stensen-Gymnasium: Überall sind die Eltern irritiert – vor allem davon, wie vage die Antworten bleiben, wenn sie darüber aufgeklärt werden möchten. „Der Zorn über die Intransparenz ist massiv“, sagt eine Mutter. „Nicht einmal Schulleitungen und Kirchenvorstände erhalten Einsicht in das Gutachten.“

Architekt Felix Vogelpohl, Elternvertreter an St. Sophien, hält den Maßstab, mit dem das Erzbistum die Schule bewertet, für völlig überzogen. „Unsere Schulen aus den 60er-Jahren werden plötzlich nach dem Musterflächenplan von Schulbau Hamburg beurteilt, obwohl sie daran gar nicht gebunden sind. Schulen wie die Hochallee, die eine zahlungskräftige Elternschaft, aber weder Sporthalle noch Mensa haben, dürfen dagegen weiterbestehen.“

Rettungskonzept gefordert

Die Franz-von-Assisi-Schule dagegen wird 2022 geschlossen. „Hier liegt angeblich so viel im Argen, dass man sich fragt, ob unsere Kinder hier die nächsten Jahre noch sicher aufgehoben sind“, sagt eine Mutter. Eine andere macht sich Gedanken, wie die Schulzeit ihrer Tochter enden wird. „Wenn Jolie in die zehnte Klasse geht, ist das hier eine Geisterschule mit nur noch vier Klassen!“ Birgit Stöver, schulpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion, fordert von Erzbistum und Behörde ein Rettungskonzept.