Hamburg. Die Verteidigung des wegen Mordes Angeklagten fordert ein weiteres Gutachten. Das könnte für große Verzögerungen sorgen.

Der spektakuläre Prozess um einen tödlichen Verkehrsunfall mit zwei Taxis am Ballindamm hätte am morgigen Donnerstag mit einem Urteil beendet werden sollen. Nun aber wird das Verfahren vielleicht noch weitere Wochen, wenn nicht sogar Monate dauern. Der Grund: Die Verteidigung stellte den Antrag, ein weiteres Sachverständigen-Gutachten einzuholen, das präzisere Aufschlüsse über die Fahrt des unfallverursachenden Taxis geben könne. Insbesondere soll es dabei um die Geschwindigkeit gehen, mit der das Fahrzeug unterwegs war.

In dem Prozess vor dem Schwurgericht muss sich ein 25-Jähriger unter anderem wegen Mordes verantworten. Laut Anklage war er in dem gestohlenen Taxi ohne Licht bei weit überhöhter Geschwindigkeit in der City unterwegs, zuletzt fuhr er laut Anklage Tempo 145, als er frontal in ein anderes Auto krachte. Mit der rasenden Fahrt und extrem riskanten Fahrmanövern soll er eine Gleichgültigkeit für das Leben anderer Verkehrsteilnehmer demonstriert haben – daher die Anklage wegen Mordes. Bei dem Unfall vom 4. Mai 2017 war ein 22-Jähriger gestorben, zwei weitere Menschen wurden lebensgefährlich verletzt.

Daten aus technischen Geräten sollen ausgelesen werden

Laut dem Antrag der Verteidigung sollen Daten aus bestimmten technischen Geräten in dem Taxi ausgelesen werden, das der Angeklagte fuhr. Da diese Geräte bei der Kollision extrem beschädigt wurden, wäre es sehr aufwendig, die Daten wieder herzustellen. Ob es überhaupt gelingt, ist nicht sicher. Sollte das Gericht dem Antrag stattgeben, würde es mindestens mehrere Wochen dauern, bis das Gutachten vorliegt.

Darüber hinaus hatte die Verteidigung auch weitere Anträge gestellt. Unter anderem, so der Anwalt, sei die psychiatrische Sachverständige befangen und müsse abgelehnt und ein neues psychiatrisches Gutachten eingeholt werden. Diesen Antrag wies das Gericht indes zurück. Laut Gutachten ist der Angeklagte nicht vermindert schuldfähig. Auch gegen den Vorsitzenden Richter stellte der Verteidiger einen Befangenheitsantrag. Über diesen wurde noch nicht entschieden.

Unterdessen hat das Gericht dem Antrag von der Mutter des getöteten 22-Jährigen auf Schmerzensgeld stattgegeben. Die Höhe der Summe wird noch festzulegen sein. Der Anwalt der 61-Jährigen hatte 20.000 Euro Schmerzensgeld gefordert, weil die Frau durch den Tod ihres Sohnes „traumatisch bedingte Störungen von Krankheitswert“ erlitten habe.