Hamburg. Das unbemannte Boot könnte künftig autonom die Gewässertiefe messen und damit für die Sicherheit der Schifffahrt sorgen.

Abgesehen von der Lackierung in grellem Orangerot sieht „DriX“ nicht wirklich spektakulär aus. Wie ein aufgetauchtes Mini-U-Boot kommt das acht Meter lange Wasserfahrzeug mit tuckerndem Dieselmotor längsseits, um dann eine Schleife im Sandtorhafen unweit der Elbphilharmonie zu drehen. Dabei wird das unbemannte Boot von Spezialisten der französischen Herstellerfirma iXblue an Bord des Katamarans „Felix“ ferngesteuert – aber es ginge auch ohne menschliche Eingriffe, und das ist das Besondere an „DriX“: Ein Autopilot kann das Gerät völlig autonom steuern, dank verschiedener Sensoren wird eine Kollision mit unerwartet auftretenden Hindernissen vermieden.

Eine Wasserdrohne dieser Art könnte künftig von der Hafenbehörde Hamburg Port Authority (HPA) auf den Weg geschickt werden, um die Kaimauern zu inspizieren und den Wasserstand zu messen, wie HPA-Chef Jens Mei­er erklärte. Die Vorführung am Dienstagmittag anlässlich einer von iXblue veranstalteten Meerestechnik-Konferenz war eine echte Premiere: „Der Hamburger Hafen ist der erste in Nordeuropa, der eine Genehmigung für die Erprobung eines solchen Geräts erteilt hat“, sagte Meier.

Enge Geschäftsbeziehungen

Von iXblue hieß es dazu, man habe sich wegen der seit vielen Jahren bestehenden engen Geschäftsbeziehungen für Hamburg als Ort eines solchen Tests entschieden: Alle vier Peilschiffe, die die HPA betreibt, um Un­tie­fen oder Schlick- und Se­di­men­t­ab­la­ge­run­gen im Hafengebiet aus­zu­ma­chen, sind mit Tiefenmessgeräten der französischen Firma ausgestattet.

Bis eine Wasserdrohne solche Aufgaben übernehmen kann, wird es allerdings noch etwas dauern. „Die Technologie ist zwar schon heute einsatzbereit“, sagt iXblue-Vertriebsmanager Jan Oliver Haker. „Aber rechtliche Voraussetzungen für den regulären Einsatz in Häfen sind noch ungeklärt.“

Aus diesem Grund ist „DriX“ zunächst für Verwendungen auf dem offenen Meer vorgesehen. Zwei der Wasserdrohnen wurden bereits gebaut, demnächst sollen vier Stück einsatzbereit sein. Es gibt auch schon Kunden dafür. So hat Neuseeland den Franzosen einen Auftrag für die Kartierung des Seegebiets rund um den Inselstaat erteilt.

Für solche Zwecke kann „DriX“ dank eines verbrauchsarmen 38-PS-Dieselmotors und eines Tankinhalts von 250 Litern bis zu sieben Tage lang ohne Pause auf dem Wasser unterwegs sein. Sobald hinreichend leistungsfähige Batterien zur Verfügung stehen, will man jedoch auf einen Elektroantrieb umsteigen. Ein Wendekreis von 15 Metern ist vielleicht auch noch nicht ideal für enge Hafenbecken. „Speziell für den Einsatz in Häfen denken wir an ein Gerät, das etwa halb so groß ist wie das jetzige Modell“, sagt Haker.

Intensive Betreuung nötig

„DriX“ selbst ist zwar unbemannt, aber zunächst ist die Wasserdrohne noch auf intensive Betreuung angewiesen: Der Begleitkatamaran „Felix“ hat eine Besatzung von 15 Personen und ­Regale voller Computer. Für die Vorführung in Hamburg hat man auf dem Achterdeck einen Großbildschirm aufgebaut, der eine exakte Karte der Umgebung und die genaue Position der „Felix“ und der Drohne zeigt. Außerdem lässt sich auf dem Monitor darstellen, was „DriX“ gerade „sieht“.

Das Gerät ist mit fünf Videokameras, eine davon für Infrarotbilder, und einem Radar ausgestattet. Hinzu kommen natürlich Satellitennavigationsempfänger und Sender für die Messdaten. Für die Demonstrationsfahrt im Sandtorhafen ist in einem Behälter am Kiel, zwei Meter unter der Wasseroberfläche, lediglich eine Anlage zur Tiefenmessung mittels Schallimpulsen eingebaut. Die Ergebnisse der Messung sind auf dem Monitor als farbiger Streifen, der den Fahrweg von „DriX“ nachzeichnet, zu sehen.

Sechs Monate lang im Mittelmeer getestet

Ixblue hat die Wasserdrohne, die ebenso wie die 25 Meter lange „Felix“ auf einer firmeneigenen Werft nahe Marseille gebaut wurde, im vergangenen Jahr bereits sechs Monate lang im Mittelmeer getestet. Das Technologieunternehmen mit mehr als 600 Beschäftigten, das unter anderem Navigationsgeräte für Schiffe und Sonarsensoren für U-Boote herstellt, ist jeweils zur Hälfte für zivile und militärische Kunden tätig.

Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) ließ es sich nicht nehmen, persönlich ein Grußwort an die Konferenzteilnehmer zu richten und sich die Vorführung der Wasserdrohne anzusehen. „Der Hamburger Hafen besteht seit mehr als 800 Jahren und ist damit ein Stück ,Old Economy‘, aber wir sind sehr offen für neue Technologien, die ihn leistungsfähiger machen“, sagte Horch. Aus Sicht des Senators ist es dabei wichtig, die „hier und da anzutreffende Angst vor solchen Zukunftstechnologien auszuräumen“.

Horch will die Infrastruktur smarter machen

Tatsächlich halte die Digitalisierung längst auf vielfältige Weise „im maritimen Herzen unserer Stadt“ Einzug, so Horch. Hamburgs Hafen werde in diesem Jahr sogar zum Testfeld für den künftigen Mobilfunkstandard. Handy-Netze der fünften Generation (kurz 5G) sollen Daten um ein Vielfaches schneller übertragen können, als das mit dem heutigen Standard LTE möglich ist. „Es geht uns immer darum, die Infrastruktur smarter zu machen“, so Horch.

Angesichts der besonderen Verhältnisse im Hamburger Hafen ist die regelmäßige Überwachung der Wassertiefen, die eines Tages von unbemannten Booten wie „DriX“ übernommen werden könnte, von großer Bedeutung: Weil die Elbe ein Fließ­ge­wäs­ser ist, setzen sich Schlick und Se­di­men­te ab, außerdem steigt und fällt der Was­ser­stand aber mit der Tide.

Verschiedene Anwendungsfelder

In einer gemeinsam von der HPA und den Forschern des Fraunhofer-Center für Maritime Logistik und Dienstleistungen (CML) erstellten Studie aus dem vorigen Jahr waren verschiedene Anwendungsfelder für Wasser- und Unterwasserdrohnen genannt worden. Die Geräte könnten zum Beispiel Wassertemperaturen messen und Daten zur Schadstoffbelastung sammeln. Damit lasse sich auch feststellen, ob Reedereien die Umweltstandards einhalten. Darüber hinaus seien die Automaten in der Lage, den Zustand von Schiffsrümpfen zu inspizieren.

Schon heute gibt es auch „Drohnen“ für den Betrieb unter Wasser. Sie sind bisher aber in der Regel recht klein, können also keine aufwendige Sensortechnik transportieren, und haben eine nur geringe Einsatzdauer. Ende 2015 testeten US-Wissenschaftler sogar eine Drohne, die sowohl fliegen als auch tauchen kann.