Hamburg. Veranstalter setzen Stadt unter Druck: Hamburg soll Kosten für Antiterrorsicherung übernehmen. Sonst wollen sie Konsequenzen ziehen.

Veranstalter aus ganz Hamburg machen mobil dagegen, dass sie die Kosten für die Antiterrorsicherung übernehmen sollen. Nach Abendblatt-Informationen hat sich mehr als ein halbes Dutzend Veranstalter von Großveranstaltungen zusammengeschlossen, um den Druck zu erhöhen. Dabei wird auch der Ton schärfer.

Uwe Bergmann (u. a. Harley Days, Cruise Days, Fanfest, Eppendorfer Landstraßenfest, Dat Uhlenfest), geht davon aus, dass unter Umständen das Programm abgespeckt werden muss, Eintrittsgelder erhoben oder Veranstaltungen sogar ganz abgesagt werden könnten, wenn die Stadt bei ihrer Linie bleibt, die Kosten für die Antiterrormaßnahmen auf die Veranstalter abzuwälzen. In einem Brief an die Stadt wollen sie eine gerechtere Verteilung der Kosten fordern.

Veranstalter sehen sich mit Terrorabwehr überfordert

Die Initiative geht auf Ronald Rotermund, Geschäftsführer der Agentur Ahoi Events, zurück. „Ich habe mir als Rechtsanwalt die Thematik unter juristischen Aspekten sehr genau angeschaut und darüber hinaus wissen wollen, wie andere Großveranstalter dazu stehen“, sagt Rotermund. Mittlerweile habe man sich ausgetauscht und ein Positionspapier entwickelt, das noch den Verantwortlichen aus den Behörden vorgestellt werden soll.

Kommentar: Terrorschutz ist Staatsaufgabe

„Unser Ziel ist es, mit Vertretern der Stadt darüber zu reden, wie man in Zukunft damit umgeht, und einen Konsens zu finden.“ Das Finanzielle sei dabei ein Aspekt. „Tatsächlich ist es so, dass die Aufgabe, um die es geht, nämlich die Abwehr von möglichen Terrorangriffen, eine hoheitliche Aufgabe ist“, so der Jurist. „Ein Veranstalter ist damit überfordert.“ Rechtlich sieht er den Staat und damit die Stadt in der Pflicht.

Schausteller: Kostenabwälzung widerspricht Gewerberecht

Ähnlich argumentiert auch der Deutsche Schaustellerbund, der Veranstalter besonders in Hamburg und Berlin belastet sieht. Er hat ein Gutachten in Auftrag gegeben, das die Position der Hamburger Veranstalter stärkt. Die Kernpunkte: Eine Kostenabwälzung nach Paragraf 71 der Gewerbeordnung widerspräche dem Sinn des deutschen Gewerberechts, das darauf abziele, Gefahren, die von der gewerblichen Betätigung ausgehen, abzuwehren. Der Terror wirke aber von außen auf das Gewerbe ein. Ihn abzuwehren sei die Aufgabe der Ordnungs- und Polizeibehörden.

Auch das Polizei- und Ordnungsrecht der Länder bilde keine Basis, um den Schaustellern und Veranstaltern diese Kosten aufzuerlegen, weil sie nicht polizeirechtlich verantwortlich sind, da sie nicht „Störer“ seien. Das Fazit: Finanzverfassungsrechtlich sei es „äußerst bedenklich“, die Kosten für die Terrorabwehr auf die Veranstalter abzuwälzen.

50.000 Euro Antiterrorkosten – nur bei den Cruise Days

„Die bisherige Regelung kann so nicht weiter bestehen bleiben“, sagt der Großveranstalter Uwe Bergmann. „Für die entsprechenden Maßnahmen fallen bei den Cruise Days etwa 50.000 Euro an – das sind sehr erhebliche Kosten.“ Man übernehme selbstverständlich die Sicherheit bei Veranstaltungen, sei aber nicht für die Terrorgefahr verantwortlich.

„Wenn sich nichts ändert, werden in absehbarer Zeit eine oder mehrere Großveranstaltungen wegen dieser Maßnahmen ausfallen müssen. Oder diese Pflicht führt dazu, dass entweder massiv beim Programm gespart werden muss oder auch Großveranstaltungen nicht mehr kostenlos für die Hamburger sein können“, so Bergmann. „Der Druck auf die Veranstalter ist dort enorm.“

Auch unter Sicherheitsaspekten sei die derzeitige Regelung nicht ideal, findet Uwe Bergmann: „Es handelt sich am Ende oft um Kompromisse, die eher ein Alibi als wirklicher Schutz sind. An Angriffe aus der Luft ist bei den üblichen Maßnahmen ohnehin nicht gedacht.“

Zweifel an der Wirksamkeit der Maßnahmen

Diese Sichtweise ist nicht neu. Seit Längerem gibt es bei den Veranstaltern nicht nur Zweifel daran, dass die Zahlungen an die Stadt für den Terrorschutz rechtmäßig sind – sondern auch an der Wirksamkeit dieser Maßnahmen selbst.

„Auch wir haben Studien zur Kenntnis genommen, nach denen die Betonpoller beispielsweise kein absoluter Schutz sind. Und die Wassertanks würden im Ernstfall wahrscheinlich einfach platzen, wenn ein Lastwagen dort hereinrauscht“, so der Veranstalter eines Großevents.

Notfalls wollen Veranstalter vor Gericht ziehen

Die Gespräche mit der Polizei zur Sicherung der Großereignisse im Sommer stehen jeweils bald bevor. „Natürlich haben wir jetzt eine andere Situation“, sagt der Ausrichter eines Straßenfestes mit Blick auf die Rechtsgutachten und ein erstes Urteil des Verwaltungsgerichts in Berlin. Er will aus Rücksicht auf die Verhandlungen anonym bleiben. „Die Kosten einfach wieder abzuwälzen wird nicht mehr funktionieren. Es ist für uns auch wirtschaftlich nicht mehr tragbar.“

Das sieht auch Bergmann so, der sich sehr eindeutig positioniert. „Wir stehen für Gespräche zur Verfügung und hoffen auf einen guten Dialog mit der Stadt zu diesem Thema. Andernfalls wird wie in Berlin ein Gericht entscheiden müssen.“