Hamburg . Zentraler Koordinierungsstab Flüchtlinge geht von 300 Geflüchteten pro Monat aus. Weniger Erstaufnahmestellen, mehr Folgeunterkünfte.
Auch in diesem Jahr rechnet Hamburg mit der Ankunft von rund 300 Flüchtlingen pro Monat, die in der Stadt untergebracht werden müssen. Diese Zahl orientiert sich an den Erfahrungswerten des vergangenen Jahres und wurde am Freitag von Anselm Sprandel, Leiter des Zentralen Koordinierungsstabes Flüchtlinge (ZKF), genannt.
Demnach werden im Jahr 2018 rund 3600 neue Flüchtlinge in der Hansestadt erwartet. Für den Fall, dass sich die weltpolitischen Rahmenbedingungen ändern und die Zahl der Flüchtlinge rapide steigt, arbeitet der Stab an einem „ Notfallszenario“. Das sieht unter anderem die Reaktivierung bereits beschlossener Erstaufnahmestellen vor. Bei der Kapazitätsplanung hat der Koordinierungsstab zudem rund 1500 Menschen berücksichtigt, die im Rahmen der Familienzusammenführung in diesem Jahr in der Hansestadt erwartet werden. Insgesamt kalkuliert die Stadt mit 33.400 Frauen, Männern und Kindern, die – wie schon 2017 – auch in diesem Jahr in Erstaufnahmen und Folgeunterkünften untergebracht sind.
20 neue oder erweiterte Folgeunterkünfte
Im Vergleich zur Flüchtlingswelle vor gut zwei Jahren bezeichnet der Zentrale Koordinierungsrat die Flüchtlingssituation in Hamburg nicht als „Notversorgung“. Nach wie vor sei aber von einer „hohen Zahl von Flüchtlingen“ in der Stadt auszugehen, die nunmehr integriert werden müssten. Insgesamt leben in der Stadt 50.000 Geflüchtete. Laut Jahresplanung 2018 will die Stadt Hamburg in diesem Jahr voraussichtlich acht Erstaufnahmestellen schließen und die Kapazitäten mit 20 neuen oder erweiterten Folgeunterkünften mit rund 3500 Plätzen ausbauen.
Die Zahl der Plätze in Erstunterkünften soll in den kommenden Monaten von aktuell 5752 auf 3202 reduziert werden. Kritik an diesen Maßnahmen äußerten am Freitag Politiker von CDU und FDP. „Rot-Grün beschränkt sich auf das Verkünden von Unterbringungszahlen und lässt die soziale Integration links liegen“, sagte die flüchtlingspolitische Sprecherin der CDU-Bürgerschaftsfraktion, Franziska Grunwaldt. Und die integrationspolitische Sprecherin der FDP-Bürgerschaftsfraktion, Christel Nicolaysen, erklärte: „Trotz weiter sinkender Flüchtlingszahlen schafft es der Senat nicht, seine Selbstverpflichtung gegenüber den Bürgerinitiativen einzuhalten. Er belegt die öffentlich-rechtlichen Unterkünfte nach wie vor mit zu vielen Menschen.“
Bei der Vorstellung der Jahresplanung gab der Koordinierungsstab einen detaillierten Überblick über die Schließung von Erstaufnahmeeinrichtungen und den Ausbau neuer Kapazitäten in Folgeunterkünften. Geschlossen wird zum Beispiel die Erstaufnahme in der Schnackenburgallee mit 900 Plätzen. Sie wird von fördern & wohnen betrieben und stand in den vergangenen Monaten wegen der dortigen Bedingungen und Vorfälle häufig in der öffentlichen Kritik.
Nach weiteren geplanten Schließungen in Eimsbüttel (Flagentwiet I, Vogt-Kölln-Straße, Papenreye 1 a) gibt es 20 neue beziehungsweise deutlich erweitere Standorte für Folgeunterkünfte. Dazu gehören in Rahlstedt die Kielkoppelstraße 16 mit 88 Plätzen (Inbetriebnahme: 1. Quartal), in Rissen Suurheid 22 mit 300 Plätzen (1. Quartal) und in Billstedt Haferblöcken mit 960 Plätzen (4. Quartal). Weitere neue oder erweiterte Folgeunterkünfte befinden sich laut Plan unter anderem im Björnsonweg 39 (Blankenese), Am Aschenland III (Harburg) und in der Eulenkrugstraße (Volksdorf). Mehr noch: Aus der Bergedorfer großen Folgeunterkunft Gleisdreieck/Mittlerer Landweg sollen in den kommenden Monaten Sozialwohnungen werden.
15.200 Flüchtlinge könnten eine Sozialwohnung beziehen
Ziel ist es, auf diesem Weg die Flüchtlinge besser zu integrieren. Fast jeder zweite Flüchtling in öffentlich-rechtlicher Unterbringung ist nach Angaben des Koordinierungsstabes berechtigt, eine Sozialwohnung zu beziehen, weil er ein geringes Einkommen hat. Von den gut 33.400 Flüchtlingen sind es 15.200. „ Aber dafür stehen zur Zeit nicht genügend Kapazitäten zur Verfügung“ , sagt Sprandel. Außerdem leben rund 2300 Menschen länger als sechs Monate in Erstaufnahmen. „Unser Ziel ist es deshalb, den so genannten Überresidenten einen Platz in einer Folgeunterkunft anzubieten und den Menschen eine bessere Integration zu ermöglichen“ , so der Leiter des Zentralen Koordinierungsstabes Flüchtlinge. Kaum hatte die Senatspressestelle diese „Ziele für 2018“ am Freitag öffentlich vorgestellt, meldete sich die Opposition zu Wort.
Die integrationspolitische Sprecherin der FDP-Bürgerschaftsfraktion, Christel Nicolaysen, forderte den Senat auf, die Belegung pro Unterkunft an die gesunkenen Flüchtlingszahlen anzupassen, damit der in den Bürgerverträgen vereinbarte Konsens schneller erreicht werde. „Weniger Flüchtlinge müssen auch eine geringere Belegung in den Unterkünften bedeuten“, forderte die Liberale. Franziska Grunwaldt, flüchtlingspolitische Sprecherin der CDU-Bürgerschaftsfraktion, erklärte: „Der Schein, dass der Senat die Probleme der Unterbringung der Flüchtlinge im Griff hat, trügt.
Die Wahrheit ist, dass bereits fast zwei Drittel der Bewohner in öffentlich-rechtlicher Unterbringung über eine Wohnberechtigung verfügt.“ Das bedeutet, sie haben eigentlich einen Anspruch darauf, in eine reguläre Wohnung zu ziehen.“ Doch diese Wohnungen gebe es gar nicht in dem benötigten Umfang. „Wir haben deshalb gewaltige Integrationsaufgaben zu bewältigen.“ So gehe die Integration in den Arbeitsmarkt nur schleppend voran. Vorhandene Plätze in arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen seien nicht besetzt. Dies sei der unzureichenden Kommunikation zwischen den Behörden geschuldet.