Hamburg. Bezirk Altona hat Vorreiterrolle in Hamburg und sieht bei sich Potenzial für 20.000 Wohnungen. Erstes Objekt: ein Musikcampus.
In diesem Projekt steckt viel Musik drin. Am 17. Januar stellt das Bezirksamt Altona während einer Informationsveranstaltung die geplante Änderung zweier Bebauungspläne in Sülldorf vor. Dahinter verbirgt sich nicht weniger als der Auftakt zu Hamburgs nächster Wohnungsbaurunde. Gleich zu Beginn des neuen Jahres treibt Altona die „Aktivierung von Entwicklungspotenzialen“ an Magistralen voran – und zwar konkret mit der Realisierung des Projektes Musikcampus in Sülldorf.
Wie berichtet, hat Hamburg auf der Suche nach Wohnbauflächen die Hauptverkehrsadern der Stadt für sich entdeckt. Um Anreize für Grundstücksbesitzer und Investoren zu schaffen, sollen Bebauungspläne an sogenannten Magistralen geändert, eine höhere und stärkere Verdichtung ermöglicht werden.
Bebauungspläne müssen geändert werden
Konkret bedeutet das: Brachflächen sollen genutzt werden, ältere Einfamilienhäuser weichen und bisherige Mehrfamilienhäuser weiter aufgestockt werden. In den kommenden zehn bis 15 Jahren könnten so bis zu 100.000 Wohnungen in Hamburg entstehen. Im Oktober hatte die Bürgerschaft den Senat aufgefordert, das Baupotenzial entlang der großen vier- und sechsspurigen Verkehrsachsen genau zu prüfen.
Altona schreitet nun voran. Dort soll die „Innenentwicklung entlang von Magistralen als Pilotprojekt erprobt werden“, wie es im Wohnungsbauprogramm heißt. Zudem hat sich der Bezirk mit dem Vorhaben erfolgreich um die Aufnahme in das Bundesprojekt „Experimenteller Wohnungsbau“ beworben und erhält somit aus dem Bundestopf Fördergelder. Bislang wurden in Altona zwei Verkehrsachsen ausgesucht und ihr jeweiliges Potenzial analysiert. An der Magistrale Luruper Hauptstraße, Luruper Chaussee sowie an der Achse Osdorfer Weg, Osdorfer Landstraße, Sülldorfer Landstraße könnten demnach rund 20.000 neue Wohneinheiten entstehen.
„Vorhaben hat Modellcharakter“
„Der Bezirk Altona geht mit seinem Magistralenkonzept ein wichtiges und auch sehr anspruchsvolles Vorhaben an, das Modellcharakter hat“, sagt Bezirksamtsleiterin Liane Melzer. „Im Zuge dessen wird sich das Stadtbild entlang der Magistralen in den nächsten Jahren verändern können. Altona will damit seinen Beitrag zum neuen Wohnen an neuen Orten leisten.“
Konkret zeichnet sich bereits ein Projekt ab, bei dem die Bagger an der Sülldorfer Landstraße wohl als Erstes rollen werden. Auf einer zentralen Fläche nahe des S-Bahnhofs plant ein Investor den Bau von fünf Gebäuden, die bis zu fünf Geschosse umfassen. Für einen zweistelligen Millionenbetrag sollen in den kommenden Jahren ein neuer Musikcampus mit einer Musik-Kita, Einzelhandels- sowie Büroflächen, ein großer barrierefreier Festsaal für rund 200 Personen sowie 90 neue Wohnungen entstehen. Dafür soll das Gebäude des Hamburger Konservatoriums sowie des daneben liegenden Discounters abgerissen werden.
Konservatorium hat ein Platzproblem
Die Musikeinrichtung ist in die Pläne eingeweiht und befürwortet sie sogar. Denn das Hamburger Konservatorium hat ein Platzproblem. Die derzeitigen Räume sind der zunehmenden Zahl an Musikern (mehr als 9000 Schüler) nicht mehr gewachsen. Zudem verfügt das Gebäude aus den 70er-Jahren über keinen Fahrstuhl. Menschen mit Behinderung haben somit keine Chance, die Musikschule zu besuchen oder eine Veranstaltung im kleinen Festsaal in der oberen Etage zu erreichen.
Städtebaulicher Wettbewerb
Der Musikcampus soll 13.500 Quadratmeter (Netto-Grundfläche) umfassen. Für das Hamburger Konservatorium sind rund 2500 Quadratmeter in dem markantesten Gebäude vorgesehen. Weitere 3000 Quadratmeter würde die neue Einzelhandelsfläche umfassen. Parkraum soll in einer Tiefgarage entstehen. Sogar einen städtebaulichen Wettbewerb hat es für das zentrale Grundstück bereits gegeben, wie Projektplaner Jörn Frommann auf Abendblatt-Nachfrage erklärt. 20 der etwa 90 Wohnungen sind für Studenten des Konservatoriums vorgesehen. „Es ist toll, dass ein Investor auf uns zugekommen ist, der das mit uns entwickelt“, freut sich Markus Menke, einer von zwei Direktoren des Hamburger Konservatoriums.
Besonderer Bebauungsplan
Damit der Musikcampus zügig entstehen kann, wird dafür ein besonderer Bebauungsplan nötig. Um diesen und die genauen Pläne geht es bei der Infoveranstaltung am 17. Januar in der Aula des Marion-Dönhoff-Gymnasiums in Blankenese. Von 19 Uhr an läuft die öffentliche Debatte. Dann geht es auch um den zweiten großen Wurf – und zwar die Änderung des Bebauungsplans an der kompletten nördlichen Seite der Sülldorfer Landstraße. Durch die Änderung soll eine Nachverdichtung auf den Grundstücken zwischen den S-Bahngleisen und der Hauptverkehrsader ermöglicht und befördert werden. Das Gebiet erstreckt sich vom Sülldorfer Bahnhof bis zur Bahnüberquerung nahe des Iserbrooker Bahnhofs.