Hamburg. Christi Degen erhält 42.000 Euro mehr, als vor der Plenumswahl versprochen. Rücktrittsforderung gegen Präses.
In Hamburgs Wirtschaft regt sich erneut Kritik an der Handelskammer. Diesmal geht es um das Gehalt der neuen Hauptgeschäftsführerin Christi Degen, das nach ihrem Amtsantritt nun auf dem Transparenzportal der Handelskammer veröffentlicht worden ist. Demnach verdient die neue Kammer-Chefin 192.000 Euro im Jahr. Hinzu kommen Pensionsrückstellungen in Höhe von vier Prozent des Gehalts, die von der Kammer in eine Versicherung eingezahlt werden. Ob das eine angemessene Vergütung ist, darüber wird nicht debattiert. Den Kritikern geht es um etwas anderes. „Die Kammerrebellen haben damit schon wieder ein Wahlversprechen gebrochen“, sagt Michael Westhagemann, Vorsitzender des Industrieverbands Hamburg (IVH) und ehemaliges Mitglied des Kammerpräsidiums.
Kommentar: Wahlversprechen gebrochen
Im Wahlkampf im Winter hatte die sogenannte „Wir“-Gruppe um den heutigen Präses Tobias Bergmann noch versprochen, dass das Gehalt des künftigen Kammer-Geschäftsführers wesentlich niedriger ausfallen werde. „Wir haben eine 180-Grad-Wende mit der Kammer vor. Da brauchen wir einen Hauptgeschäftsführer, der das auch verkörpert – und der ein Gehalt von 150.000 Euro akzeptiert“, hatte Bergmann noch Anfang März in einem Interview mit der „Zeit“ gesagt.
Gehaltsgrenze nach oben korrigiert
„Damit ist neben der Abschaffung der Pflichtbeiträge ein zweites zentrales Wahlversprechen nicht gehalten worden“, sagt Christian Koopmann, Vorsitzender der Vereinigung Hamburger Schiffsmakler und unabhängiges Mitglied des Kammer-Plenums. „Ich habe nichts gegen Christi Degen. Ich wünsche ihr viel Glück. Aber wenn man sich anschaut, mit welchen Versprechen die Kammerrebellen ins Plenum gewählt worden sind, dann ist davon nicht mehr viel übrig geblieben.“
Zumal die ursprüngliche Zusage schon aufgeweicht worden war: Nach der Machtübernahme stellte die neue Kammerführung fest, dass es schwierig werden würde, für die geforderten 150.000 Euro einen geeigneten Kandidaten zu finden. Deshalb wurde die Gehaltsgrenze nach oben korrigiert. Nicht mehr als ein Wirtschaftssenator sollte der neue Hauptgeschäftsführer verdienen. Doch auch diese Vorgabe wurde gerissen: Ein Wirtschaftssenator bekommt dem Senatsgesetz zufolge inklusive Aufwandsentschädigungen 174.277,44 Euro im Jahr, Degen etwa 18.000 Euro mehr.
Offener Brief
Von der Handelskammer heißt es dazu, dass alle Vergütungsbestandteile des Senatorengehalts als Referenz zu berücksichtigen gewesen seien, also auch Zulagen, Sachleistungen, die Ausgestaltung der Altersversorgungsregelung und anders mehr. „Auf dieser Basis hat der im Auswahlprozess beauftragte Personalberater das vereinbarte Gehalt kalkuliert“, sagte ein Kammersprecher. Somit sei das Gehalt der Hauptgeschäftsführerin in Übereinstimmung mit der vom Plenum beschlossenen Vergütungsrichtlinie.
Dem Wahlversprechen folge diese Richtlinie aber nicht, sagt auch der Hamburger Unternehmer Tom Heinkel. Er ist Geschäftsführer eines Hamburger Dienstleistungsunternehmens für die Luftfahrt- und Automobilindustrie und fordert Bergmann in einem offenen Brief, der in der Wirtschaft kursiert, zum Rücktritt auf. Mehr als ein Dutzend Hamburger Manager haben das Ansinnen bereits unterschrieben. Heinkel bezeichnete die Rede Bergmanns bei der „Versammlung eines ehrbaren Kaufmanns zu Hamburg“ Ende Dezember als Auslöser.
Diskussion um Gehalt des Amtsvorgängers
Dort habe der Präses kein Wort dazu gesagt, was aus seinen Wahlversprechen geworden sei. „Die entscheidende Fragestellung ist für mich: Wäre es nicht ehrbar, zurückzutreten, wenn man viele Wahlversprechen nicht gehalten hat?“ Die „Wir“-Gruppe habe einst nicht nur versprochen, die Pflichtbeiträge für die Handelskammer abzuschaffen, sondern sogar Rücklagen in Höhe von 30 Millionen Euro aufzulösen und das Geld den Mitgliedern zugute kommen zu lassen. „Doch nichts ist daraus geworden“, kritisiert Heinkel. Gleiches gelte nun auch für Degens Gehalt.
Entzündet hatte sich die Diskussion darüber ursprünglich am hohen Einkommen ihres Amtsvorgängers, Hans-Jörg Schmidt-Trenz. Als bekannt wurde, dass er ein Jahressalär von 475.000 Euro erhält, war die Empörung in Hamburg groß. Fest steht nun: Selbst mit Pensionsansprüchen wird Christi Degen nicht einmal die Hälfte des Gehalts von Schmidt-Trenz bekommen. Und dennoch wird ihre Berufung deutlich teurer, als es auf den ersten Blick scheint: Denn der vorzeitige, von der Kammer herbeigeführte Abschied von Schmidt-Trenz kostet weitere 1,1 Millionen Euro.