Handelskammer-Führung kassiert zentrale Vorhaben
Glaubwürdigkeit sieht anders aus. Bereits vor Monaten kassierten die Wahlsieger in der Handelskammer ihr Versprechen, die Pflichtbeiträge bis 2020 abzuschaffen. Nun wird bekannt, dass die neue Hauptgeschäftsführerin deutlich mehr als die von Präses Tobias Bergmann und seinen Mitstreitern als Höchstgrenze festgesetzte Summe von 150.000 Euro pro Jahr verdient. Sogar im März nach den Wahlen legte sich Bergmann in einem Interview nochmals auf diese Summe fest – am Ende nichts als schöne Worte.
Dabei geht es nicht um die Frage, ob Christi Degen ihr Gehalt in Höhe von 192.000 Euro plus Zusatzzahlungen für die Rente wert ist. Bergmann und seine Mitstreiter müssen sich den Vorwurf gefallen lassen, dass sie die Unternehmen bei den Plenumswahlen im Frühjahr getäuscht haben. Sie haben ihre beiden zentralen Wahlversprechen nicht gehalten. Der Ruf nach Neuwahlen liegt deshalb nahe – doch er ist sinnlos, da Bergmanns große Mehrheit im Plenum sie nicht will.
Ein wenig erinnern die neuen Machthaber in der Kammer an die FDP der 1980er-Jahre. Vor jeder Bundestagswahl versprachen die Liberalen den Bürgern drastische Steuersenkungen. Doch nach den Koalitionsverhandlungen blieb von diesen Versprechen kaum etwas übrig. Allerdings gibt es einen entscheidenden Unterschied zwischen der FDP von damals und den Kammerrebellen. Die Liberalen mussten als Juniorpartner in einer Regierung Kompromisse eingehen, konnten stets auf ihre begrenzten Möglichkeiten verweisen. Das kann das Bündnis „Die Kammer sind wir“ nicht. Denn die Rebellen sind mit einer klaren absoluten Mehrheit ins Plenum gewählt worden. So gibt es nur zwei Begründungen für das Nichthalten der Wahlversprechen: Naivität oder Vorsatz. Beides macht nachdenklich.